"Was wollen wir uns heute anschauen? Jetzt läuft doch dieser Film mit dem Paar und den total verrückten Eltern. Mir fällt der Titel gerade nicht ein..." - "Meinst du "Meine Braut, ihr Vater und ich"?" - "Nein, da geht's ja nur um die Eltern von der Frau." - "Vielleicht "Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich"?" - "Ja, das kann sein." - "Der ist aber alt und gesehen habe ich den auch schon. Ist bestimmt nur 'ne Wiederaufführung." - "Oh, okay, was läuft denn noch?".
Dass aus diesem fiktiven Gespräch Realität wird, wäre fast wünschenswert, damit endlich mal ein Verleih wegen der Vergabe eines Filmtitels nach dem einfallslosen Muster "Meine, deine, unsere und ich" tatsächlich potentielle Zuschauer verliert, weil man Alt kaum noch von Neu unterscheiden kann. Vielleicht kommt dann zukünftig mal wieder etwas zustande, was zumindest den Sinn des Originaltitels einzufangen versucht. "Mein Schatz, unsere Familie und ich" ist in dieser Hinsicht nun nicht mehr zu retten, einen Titel-bedingten Misserfolg gönnt man ihm aber trotzdem nicht, da man sich hier eigentlich ganz ordentlich amüsiert.
Brad (Vince Vaughn) und Kate (Oscar-Preisträgerin Reese Witherspoon), kinderlos und unverheiratet, sind seit drei Jahren ein Paar. Was sie unter anderem verbindet ist die Abscheu, Weihnachten im Kreise ihrer Familien zu verbringen. Stattdessen fliegen sie lieber in den Urlaub und erzählen ihren Eltern, sie wären in humanitärer Mission unterwegs. Auch in diesem Jahr sind die Koffer zu Weihnachten gepackt, das Ziel heißt Fidschi, nur leider kommen Brad und Kate über den Flughafen nicht hinaus. In San Francisco herrscht Bodennebel, alle Flüge wurden gestrichen. Als ob das nicht schon übel genug wäre, landen sie auch noch im Lokalfernsehen und haben nun auch keine Ausrede mehr, ihre Familien nicht zu besuchen. Und so klappern sie an einem einzigen Tag alle vier getrennt lebenden Elternteile ab: Brads Vater Howard (Oscar-Preisträger Robert Duvall), Kates Mutter Marilyn (Oscar-Preisträgerin Mary Steenburgen), Brads Mutter Paula (Oscar-Preisträgerin Sissy Spacek) und Kates Vater Creighton (Jon Voight - ach ja: Oscar-Preisträger, natürlich). Dabei erfährt jeder ein bisschen mehr über den anderen, allerlei peinliche und nervige Verwandtschaft gilt es zu ertragen, und schließlich ist für Kate plötzlich auch das bislang Unvorstellbare vorstellbar: eigene Kinder und Ehe.
Klingt mäßig originell, und läuft im Prinzip auch sehr formelhaft ab. Wir haben die süße Kate, die plötzlich Gefallen am Familienleben findet, wir haben den witzigen Brad, der aber auch als vermeintliches Arschloch taugt, wenn er sich gegen die Pläne seiner Freundin stellt, und natürlich zahlreiche Väter, Mütter, Brüder, Schwestern, Tanten, ... die sich mit ihren Macken und Eigenarten gegenseitig zu übertreffen versuchen. Ein Preis für die hohe Kunst des Erzählens ist damit nicht mehr drin, für solide Unterhaltung in der Adventszeit taugt's aber allemal.
Der Schlüssel zum Erfolg sind in erster Linie eben Kate und Brad (und somit die süße Reese Witherspoon und der witzige Vince Vaughn), in die man sich ganz gut hineinversetzen kann, zumindest wenn man selbst auf das ganze Weihnachts- und Familiengedöns liebend gern verzichten würde oder es vielleicht auch tut. Bei den Familien von Kate und Brad ist diese Haltung jedenfalls extrem nachvollziehbar. So wird Brad bei seiner Ankunft gleich mal von seinen unterbelichteten Brüdern verprügelt und ist später bei seiner Hippie-Mutter zu Gast, die zum einen die Spielregeln von "Tabu" nicht kapiert und zudem Brads ehemals besten Freund zu Gast hat - der mittlerweile ihr fester Freund ist und Brad eine Vaterfigur sein möchte.
Kate hingegen darf sich, als sie ihre Mutter plus Anhang besucht, gleich mehrfach demütigen lassen, etwa wenn eine kleine Göre ihren Schwangerschaftstest klaut und damit auf der voll besetzten Hüpfburg verschwindet (Kate hat ein Hüpfburg-Trauma), oder wenn ihre Familie Brad mehr über ihre Vergangenheit erzählt als ihr lieb ist. Wie gesagt: nicht neu, manchmal peinlich, nicht super-clever und gelegentlich ein lautes "Klischee!", aber aufgrund des überzeugenden Spiels des überraschend namhaften Casts und des ordentlichen Gespürs für Timing seitens des Regisseurs Seth Gordon darf man durchaus behaupten, nicht gerade selten geschmunzelt zu haben. Die ganz großen Lacher bleiben allerdings aus.
Ein unangenehmer, fast zu erwarten gewesener Makel bleibt an "Mein Schatz, unsere Familie und ich" aber leider hängen: Auch wenn das Ende ein wenig darüber hinwegtäuschen möchte, dringt im Film - wenn auch eher subtil - die Botschaft durch: Liebe ohne Ehe und Kinder ist minderwertig. Das hätte man sich getrost sparen können. Die nicht gerade alltägliche Anwesenheit von gleich fünf Oscar-Gewinnern darf dafür aber durchaus als Entschädigung gewertet werden.
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