
Fressen oder gefressen werden: Diese einfache Weisheit gilt auch im Großstadt-Dschungel des Berliner Problembezirks Wedding, und für welche Alternative sich Cliquen-Königin Kroko entschieden hat, macht schon ihr Spitzname klar. Mit ungebändigter Aggression und Bissigkeit setzt sie ihren Willen durch, bestreitet ihren Lebensunterhalt lieber mit Ladendiebstählen und Schutzgelderpressung als mit einem schlecht bezahlten Job, und begegnet auch ihrer verzweifelten Mutter konsequent mit ihrer Mach-mich-nicht-an-Attitüde. ![]() ![]() Da dauert es lange, bis sich Kroko zaghaft auf die unverfrorene, unschuldige Offenheit der "Spastis" einlässt - und das heißt noch lange nicht, dass sie hinterher nicht wieder mit ihrer Clique auf organisierte Ladendiebstahl-Tour geht. Kroko erscheint am Ende zwar vielleicht sympathischer als am Anfang: richtig mögen tut man sie trotzdem nicht. Aber man versteht sie, und darauf kommt es an. Mit einer kongenialen Szene zwischen Kroko und ihrer kleinen Schwester verdeutlicht Enders, dass Krokos aggressive Attitüde nackter Selbstschutz ist in einer Umgebung, die dir nichts lässt, wenn du angreif- und verletzbar bist. Und sie zeigt zu anderer Gelegenheit ebenso, dass auch Kroko ihren wunden Punkt hat, ob sie will oder nicht. ![]() Ohne erhobenen Zeigefinger und ohne einfache Lösungen für schwierige Probleme zu predigen, gelingt Sylke Enders ein authentisches Jugendportrait, dem es auch an alltäglicher Komik nicht fehlt, und das trotz eines organischen, realistischen Handlungsverlaufs noch in der Lage ist, überzeugende Auswege aufzuzeigen - ohne dabei zu verschweigen, dass diese schwer und mühselig sind. Ein kluger Film, dessen unspektakuläre Ehrlichkeit auch die Jury des Deutschen Filmpreises überzeugte: Die verlieh "Kroko" den Filmpreis in Silber. Ein gerechter Lohn für einen Film, der sich alle Achtung verdient und beweist, wie unverkrampft, direkt und wirkungsvoll deutsches "Problemkino" im besten Falle sein kann. |
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