Musik aus Deutschland erfreut sich seit kurzem (endlich) mal wieder größerer Beliebtheit. Neben weichgespülten Pop-Kombos wie Silbermond und Juli konnten aber auch bodenständigere Gitarren-Bands wie Tomte und Kettcar vermehrt ein breites Publikum erreichen. Und aus Mitgliedern eben jener letztgenannten Bands setzt sich auch die fiktionale Gruppe in Lars Kraumes Film "Keine Lieder über Liebe" zusammen - allerdings mit Schauspieler Jürgen Vogel als Leadsänger an der Spitze.
Tobias Hansen (Florian Lukas) möchte einen Film über seinen großen Bruder Markus (Jürgen Vogel) und dessen Band "Hansen" drehen. Darum begleitet er nach Markus' anfänglichem Widerstand die Band seines Bruders auf ihrer Deutschland-Tournee. Als aber Tobias' Freundin Ellen (Heike Makatsch) zu den Dreharbeiten hinzu stößt, wird aus der geplanten Tour-Dokumentation bald ein Beziehungs-Drama, vermutet Tobias doch, dass Ellen eine kurze Liaison mit Markus hatte.
Die Grundidee von "Keine Lieder über Liebe" hört
sich ganz einfach an: Drei mehr oder weniger junge deutsche Schauspieler
improvisieren die Handlung um die oben genannte Dreieckskonstellation
vor dem Hintergrund einer Bandtournee. Was im ersten Moment ganz
interessant und innovativ klingt, geht auf den zweiten Blick nach
hinten los. Denn: Das Konzept trägt den Film nicht. Mitunter
führen die drei Protagonisten minutenlange Monologe, die irgendwie
immer am Thema des Films vorbeiführen und darüber hinaus
vollkommen uninteressant sind. Die Grundvorstellung, dass Improvisation
immer zu spritzigen, erfrischenden Dialogen führt, wird hier
nachhaltig widerlegt.
Da wird zäh darüber diskutiert, ob Musiker und Menschen
im Allgemeinen nur Rollen spielen, während man wirr am winterlichen
Strand entlangläuft (wie innovativ!), und das einzige Anzeichen
für Improvisation besteht darin, dass man mitunter Schimpfwörter
benutzt (noch innovativer!),
um das Ganze lebensnaher erscheinen zu lassen. Nur in zwei Szenen
schafft es Lars Kraume, durch die Improvisation jenes hautnahe Schauspiel
einzufangen, das wohl das eigentliche Ziel seines Films war. Zwei
gute Szenen sind aber entschieden zu wenig.
Rettung naht auch nicht durch die Darsteller: Sie vermögen kaum zu überzeugen, allen voran (bzw. hinterher) Heike Makatsch. Sie pendelt lediglich zwischen Prototypen wie "Mädchen mit Verstand" und "Zicke" hin und her, so dass einem der Gedanke kommt, ob sie nicht doch lieber im Musikfernsehen geblieben wäre. Dort würden sich diese Rollen auch entschieden besser machen. Aber auch Jürgen Vogel vermag nicht zu überzeugen, allerdings ist das Problem bei ihm weniger das Schauspiel. Sein Makel: Er kann nicht singen. Damit kokettierte er während der Promo-Tour zu diesem Film zwar immer wieder charmant, das macht die Sache aber auch nicht besser und ihn für die Rolle als Frontmann einer Band eher ungeeignet. So werden die schönen Lieder der Hansen-Band erheblich geschmälert. Und die sind mitunter der einzige Lichtblick in diesem Film.
Der
größte Vorwurf ist aber Lars Kraume zu machen, denn sein
Film entzieht sich jeder erzählerischen Stringenz. Die Grundkonstellation
ist bald erschöpft, und so verlagert sich der Fokus immer mehr
auf die traumatische Kindheit der beiden Brüder und ihre schwierige
Beziehung zueinander. War hier das Improvisationsvermögen seiner
Darsteller erschöpft? Gab es nicht mehr über die "ménage
á trois" zu erzählen? Hier hätte es einer
strengeren Hand des Regisseurs bedurft. Zudem nehmen die Musikauftritte
entschieden zu viel Platz im Film ein, so dass man sich mehr in
einer misslungenen Dokumentation wähnt, denn in einem Spielfilm.
Sollte dies aber Sinn und Zweck gewesen sein, um den semi-fiktiven
Hintergrund des Films zu betonen, misslingt auch dies. Denn wenn
Lars Kraume schon die Auftritte der Band zeigen möchte, sollte
er doch dann nicht immer wieder zu Szenen mit Florian Lukas springen
und uns zeigen, wie er verloren an der Bar sitzt oder mir fremden
Frauen spricht. Weniger Anspruch wäre hier sicherlich mehr
gewesen.
Ein Freund des Rezensenten hat einmal bemerkt, dass manche Filme wie Salzstangen sind: Sie sehen lecker aus, schmecken aber leider fade und stillen den Appetit auf keinen Fall. Und dieses Urteil trifft leider voll und ganz auf "Keine Lieder über Liebe" zu.
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