Kein Sex ist auch keine Lösung

Jahr
2011
Laufzeit
109 min
Genre
Release Date
Bewertung
2
2/10
von Frank-Michael Helmke / 30. November 2011

"Kein Sex ist auch keine Lösung" ist ein Titel, mit dem das Debütwerk der ehemaligen Werberin und jetzt Vollzeit-Roman-Autorin Mia Morgowski verständlicherweise zu einem enormen Erfolg avancierte im Unterhaltungsliteratur-Genre zur leichten Zerstreuung des "Sex and the City"-affinen weiblichen Großstadt-Publikums. Über 200.000 verkaufte Kein Sex ist auch keine LösungExemplare waren auch Argument genug, um den Stoff fürs Kino zu adaptieren. Dumm nur, dass man dabei geflissentlich ignoriert hat, dass sich die karikaturenhaft überzeichneten Figuren und der konsequent ironische Gestus des Romans in Textform zwar vielleicht sehr unterhaltsam und kurzweilig lesen, man das aber nicht einfach 1:1 in die Filmform übertragen kann und erwarten, dass es da genauso gut funktioniert. Tut es nämlich nicht. 

Der "Held" dieser Geschichte ist Tom Moreno (Stephan Luca), ein extrem gutaussehender Werbefuzzi und Mega-Macho, der Frauen nur in die Kategorien "Will ich flach legen" und "Will ich nicht flach legen" einteilt. Letztere werden ignoriert, erstere bei jeder Gelegenheit sofort angegraben, um sie ins Bett zu kriegen und dreimal mit ihnen Sex zu haben. Danach wird jede Frau rigoros fallen gelassen, denn alles was danach kommt, ist schon irgendwie "Beziehung". Das ist Toms eiserne Regel. Mit dieser Einstellung stürzt er sich auch gleich auf die neue Art-Direktorin Elisa (Marleen Lohse) mit der Tom einen Werbeetat für einen neuen Vanille-Pudding an Land ziehen soll, um die Agentur seines Chefs (Armin Rohde) vor der pleite zu retten. Es dauert auch nicht lange, bis die beiden in der Kiste landen. Doch dann beginnt Elisa zu Toms Irritation, ihm mit demselben unverbindlich-oberflächlichen Verhalten zu begegnen, das er normalerweise den Frauen entgegen bringt. Eine intensivere Beschäftigung mit Elisa ist die Folge, und auf einmal stellt Tom Seiten und Gefühle an sich fest, die er noch nicht kannte.

Formell betrachtet bedient sich "Kein Sex ist auch keine Lösung" unverkennbar am Fundus der romantischen Komödie, versagt auf beiden Ebenen dieses Genres jedoch komplett. Zum einen: Romantik ist in diesem Film quasi nicht existent. Das scheitert schon daran, dass sowohl Tom als auch Elisa als Charaktere vollkommen flach und eindimensional bleiben, sich einzig über ihre Attraktivität und ihre eigenwillige Sexual- und Beziehungs"moral" definierend. Weitere, vielschichtigere und womöglich liebenswerte Seiten kommen Kein Sex ist auch keine Lösungan ihnen nicht zum Vorschein, so dass bei beiden nie der Eindruck aufkommt, dies sei ein Mensch, in den man/frau sich ernsthaft verlieben könnte. Wie zur Bestätigung wartet man im Film auch lang, sehr lang bis man irgendwie tiefer gehende romantische Gefühle in den beiden Hauptakteuren deutlich zu erkennen beginnt. Für wirkungsvoll romantische Szenen, und seien sie auch allzu rührselig, ist es da längst zu spät. Dass eine Beziehung dieser beiden wirklich die große, ewig haltende Liebe sein könnte, das glaubt man hier nicht eine Sekunde.

Zum anderen: Als Komödie ist der Film ein kompletter Rohrkrepierer, weil er es verpasst, sein Ausgangsmaterial filmisch wirkungsvoll auszuschlachten. Eigentlich alle Figuren in "Kein Sex ist keine Lösung" sind bloße Schablonen, absolute Klischeefiguren, die zum Großteil schon zur Karikatur geraten. Im Buch mag da schon die reine Beschreibung für ein sanftes Schmunzeln sorgen, doch wenn dieses Pulver im Film bereits mit einem Auftritt und einem Dialogsatz verschossen ist, bleibt nicht mehr viel übrig, denn auf einmal haben diese Karikaturen ein richtiges Gesicht, und damit müssen sie auch in ihrer zweiten Szene noch lustig sein. Der Weg dorthin heißt krasse Überzeichnung - wenn mein Witz schon platt ist, dann muss ich damit wenigstens auch ins Extrem gehen, und meine Klischeefiguren zur absoluten Lachnummer überhöhen. Das tut der Film aber nicht, und das ist einer der Hauptgründe, warum hier ganz viel von dem, was eigentlich witzig sein soll und es im Buch vielleicht auch noch war, komplett unkomisch bleibt. Mehr noch: Sehr viele potentielle Lacher sind nicht mal spürbar darauf hin inszeniert, über weite Strecken fehlt jegliches komödiantisches Timing. Es ist nicht nur so, dass kaum ein Gag hier zündet, oft versucht der Film nicht mal, überhaupt eine Flamme an die Zündschnur zu halten.

Beispiel: Tom verpasst dem zu bewerbenden Vanille-Pudding aus einer Sex-Fantasie mit Elisa heraus den Namen "Courti mit Sahne", und Elisa entwirft dazu eine Anzeigenkampagne, die den drögen Pudding als leidenschaftlichen Genuss verkauft, den halbnackte Frauen lasziv löffeln. Das ist natürlich hochgradiger Quatsch und eine Werbe-Persiflage, doch nach dem ersten Gag darüber tut der Film im Folgenden so, als wäre diese Kampagne tatsächlich richtige gute Arbeit der beiden Werbekreativen, anstatt mit der offensichtlichen Absurdität des Ganzen ausgiebig seinen Spaß zu haben. Da kommt der Witz nicht raus, weil er umzingelt ist. Da verbleibt er völlig ungestört in seiner Höhle, weil der Jäger nicht mal weiß, wo er ihn suchen soll.

Kein Sex ist auch keine LösungEs gibt sehr viel, worüber man sich bei diesem Film aufregen kann: Der ideenlose Erzählstil, der Tom während der Exposition permanent aus dem Off kommentieren und manchmal sogar direkt in die Kamera sprechen lässt, um auf simpelste Art und Weise Toms Welt und seine Haltung ihr gegenüber vorzustellen. Der oft sehr unbeholfen wirkende Schnitt, der einen längeren und ziellosen Umschneide- und Nachearbeitungsprozess erahnen lässt, mit dem wohl erfolglos versucht wurde, dieses verhunzte Machwerk noch irgendwie zu optimieren. Das erbärmlich plumpe Product Placement, das hier immer wieder derart offensichtlich Plakate und Kartons einer Pizzakette ins Bild rückt, dass man auch gleich eine Ein-Spot-Werbepause hätte einbauen können. Das durch die Bank oberflächliche Schauspiel, mit dem hier alle Akteure (mit einer löblichen Ausnahme) durch den Film chargieren. Das jede dramaturgische Stringenz vermissende Drehbuch, das seinen Protagonisten als passiven Spielball und peinlichen Deppen durch die Handlung taumeln lässt, ohne die Hauptgeschichte mit den zwei Nebensträngen - rund um Toms liebestolle Mutter (Corinna Harfouch) und seine Mitbewohnerin Paule (Anna Thalbach, besagte löbliche Ausnahme in Sachen überzeugendes Schauspiel) - irgendwie vernünftig miteinander zu verstricken. Das völlig durchschaubare Heischen nach jedem Quentchen abgreifbarer Aufmerksamkeit durch die Unterhaltungspresse, indem man reihenweise kleine Nebenrollen mit halbwegs bekannten Gesichtern besetzt und dabei Leute wie Hannelore Elsner mit maximal drei Dialogzeilen und weniger als einer Minute Leinwandzeit verheizt (ähnlich bedeutungslos springen hier noch rum: Handball-Punk Stefan Kretzschmar, der dicke Comedian Tetje Mierendorf, "Switch reloaded"-Star Michael Kessler, Moderatorin und neue Christian-Ulmen-Ehefrau Collien Fernandes und Felicitas Woll, die angesichts der Ausdruckslosigkeit von Marleen Lohse hier eine weitaus bessere Wahl für die Hauptrolle gewesen wäre). 

Man könnte diese Liste noch fort- und ausführen, doch das wäre schon zu viel Zeit und Aufmerksamkeit verschwendet an einen Film, der das schlicht nicht verdient hat. "Kein Sex ist auch keine Lösung" ist kein Film, der geradezu unfassbar schlecht ist. Er ist nur ein Film, der in fast jeder Hinsicht einfach schlecht gemacht ist, und darum keinerlei Wirkung zeigt. Nicht mal, dass man sich ausgiebig über ihn aufregen will. Nicht komisch. Nicht romantisch. Nicht unterhaltsam. Einfach nur ganz enorm langweilig.

Bilder: Copyright

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