Jung und schön

Originaltitel
Jeune & jolie
Land
Jahr
2013
Laufzeit
95 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Matthias Kastl / 13. November 2013

Am StrandIsabelle ist jung, Isabelle ist schön und Isabelle ist die Hauptfigur im neuesten Film des französischen Regisseurs und Autors François Ozon (8 Frauen, Swimmingpool). Dieser ist für seine starken Frauenfiguren bekannt und - man ahnt es schon - hat nicht vor, seiner attraktiven Protagonistin (gespielt von Marine Vacth) das Leben einfach zu machen. So führt der Weg von Isabelle ziemlich schnell in die Prostitution, erweist sich aber, trotz guter Hauptdarstellerin, über weite Strecken als wenig mitreißendes Unterfangen –  zu kühl ist die Inszenierung und zu vorhersehbar die Geschichte. 

Wir begegnen Isabelle zu Beginn bei einem Strandurlaub mit ihren Eltern (Géraldine Pailhas, Frédéric Pierrot), während dem sie kurz vor ihrem 17. Geburtstag zum ersten Mal mit einem Jungen schläft. Isabelle ist davon aber alles andere als beeindruckt, mehr noch, sie ist geradezu ernüchtert und desillusioniert. Zurück in ihrer Heimatstadt Paris macht sie trotzdem gleich damit weiter. Doch statt junger Liebhaber sind es nun ältere Kunden, denen sie ab sofort ihre Liebesdienste via Internet anbietet. Ihre Eltern ahnen dabei von ihrem Doppelleben nichts, doch wie lange kann Isabelle ihr Lügengebilde aufrechterhalten? 

 
So ein bisschen lässt die Inhaltsbeschreibung es ja schon erahnen – ein wirkliches Motiv für den urplötzlichen Schritt hin zur Prostitution von Isabelle bietet uns der Film zu Beginn nicht. Soviel sei verraten, viel schlauer sind wir am Ende auch nicht. Macht ja aber nichts, denn man muss ja nicht für alles immer eine plausible Erklärung bekommen. Was man aber schon gut gebrauchen könnte, wären ein paar emotionale Ankerpunkte, die einem das Leben, Leiden und die Gedankenwelt von Isabelle näherbringen. Genau hier liegt das Problem von “Jung und schön“. Konfrontiert mit einer Hauptfigur, die ziemlich desillusioniert und antriebslos durchs Leben geht, und deren Gefühlswelt nach innen und nicht nach außen gekehrt ist, benötigt man einfach ein paar zusätzliche Hilfestellungen um nicht zu schnell das Interesse an ihr zu verlieren. 
 
DIe Mutter ahnt nichtsEin wichtiger Punkt ist dabei eine überzeugende Hauptdarstellerin und zumindest da kann der Film mit der überzeugenden Marine Vacth (Mein Stück vom Kuchen) noch durchaus punkten. Isabelle wirkt kühl aber zugleich doch verletzlich, handelt außerhalb der gesellschaftlichen Moral und verliert trotzdem nicht komplett unser Mitgefühl. All das verdankt der Film zum großen Teil Vacth, welche die Ausdrucksstärke besitzt um das Interesse des Zuschauers an der so stark in sich gekehrten Figur nie komplett abbrechen zu lassen. Doch leider ist das schon fast die einzige Stütze im Film, die so richtig funktioniert.
 
Ein großes Problem ist die Story an sich. Der Schritt in die Prostitution erfolgt ziemlich hastig und ohne Übergang – was bedeutet, dass wir Isabelle bereits sehr schnell und immer wieder bei ihren Kundenbesuchen über die Schulter schauen. Diese sind aber nicht nur wegen der stets relativ teilnahmslos agierenden Hauptfigur selten interessant. Leider wirkt hier nämlich viel einfach zu klischeehaft, vor allen Dingen die Freier. Da gibt es den ruhigen Typen, dann den durchgeknallten Macho und natürlich noch den “väterlichen“ Liebhaber. Immerhin bringt letzterer, dank der charmanten Darstellung durch Johan Leysen (The American, Pakt der Wölfe), noch etwas Energie mit ins Geschehen, doch dieser Strang wird nachher durch eine allzu vorhersehbare Wendung abrupt beendet. Auch die Dynamik innerhalb von Isabelles Familie gewinnt lange Zeit nicht so wirklich an Fahrt und so dümpelt die Geschichte einfach vor sich hin. Die kühle Inszenierung von Ozon hilft da erst recht nicht weiter und auch die Einteilung des Films nach Jahreszeiten entfaltet nie wirklich ihre Wirkung und bleibt nur ein nettes Storygerüst.
 
Das geheime DoppellebenNatürlich, die Distanziertheit der Hauptfigur zu dem ganzen Geschehen und die dazu passende kühle Inszenierung sind beabsichtigt. Und auch dass wir am Ende nicht wirklich eine moralische Bewertung des Geschehens, beziehungsweise eine Erklärung bekommen, ist nachvollziehbar. Aber ohne jegliche emotionalen Ausrufezeichen ist es einfach lange Zeit eine relative dröge Angelegenheit, die sich da auf der Leinwand abspielt. Und immer dann, wenn endlich mal der Moment zur Reflexion gekommen scheint, dann wendet der Film sich davon ab. So entfaltet auch ein Gastauftritt am Ende des Films nicht wirklich sein durchaus großes Potential, da er einfach zu schnell abgehandelt wird. 
 
Was bleibt ist so im Endeffekt ein emotional unterkühltes Drama, dass seinem Thema keine wirklich interessante Facette entlocken kann und am Ende den Zuschauer genauso leer hinterlässt wie seine Hauptfigur. 
Bilder: Copyright

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