Julie & Julia

Originaltitel
Julie & Julia
Land
Jahr
2009
Laufzeit
120 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Volker Robrahn / 11. Juni 2010

 

Julie Powell (Amy Adams) führt zwar eine an sich glückliche Ehe, trotzdem sieht sich die junge Frau an einem toten Punkt ihres Lebens angekommen. Während all ihre Freundinnen Karriere machen, lebt Julie in einer kleinen und lauten Wohnung im New Yorker Stadtteil Queens und verdient ihr Geld damit, sich in einem tristen Großraumbüro am Telefon beschimpfen zu lassen. Was ihr schließlich einfällt, um etwas neuen Schwung in ihr Leben zu bringen, ist ein persönlicher Blog, in dem sie täglich ihre Bemühungen schildert, sämtliche 524 Rezepte aus dem legendären Kochbuch der nicht minder legendären Köchin Julia Child innerhalb eines Jahres nachzukochen. Das sorgt zunächst für Spaß, Aufregung und eine rasch wachsende Fangemeinschaft, führt aber auch zu neuen Spannungen mit dem vernachlässigten Ehemann.
In einer Parallelhandlung werden wir Zeuge der Anfänge der späteren nationalen Institution Julia Child im Paris der 50er Jahre. Dort begeistert sich die Amerikanerin für die französische Küche und wird schließlich zusammen mit zwei Freundinnen das erste richtungweisende Kochbuch zu diesem Thema in englischer Sprache verfassen. Und anders als die Köchin Julie in unserer Zeit ist sich Julia dabei stets der Unterstützung ihres sie vergötternden Ehemannes Paul (Stanley Tucci) gewiss.

Meryl Streep läuft im vierten Jahrzehnt ihrer Filmkarriere auf vollen Touren und liefert mittlerweile im Jahresrhythmus ihre Blockbuster ab. Die sind dann naturgemäß von leichterer Machart und erweisen sich zuverlässig als echte "Crowd Pleaser". Das galt für "Der Teufel trägt Prada" und noch mehr für "Mamma Mia", und das lässt sich nun auch über "Julie & Julia" sagen, einen echten Wohlfühl- und Gute Laune-Film, inszeniert von der Romantik-Spezialistin Nora Ephron ("Harry & Sally", "Schlaflos in Seattle", "E-Mail für Dich"). Doch diesmal stehen keine Beziehungsgeschichten bzw. der Weg dorthin im Mittelpunkt, sondern vielmehr zwei starke Frauenpersönlichkeiten.
Die Erfahrung zeigt, dass man sich bei Ephron auf niveauvolles und warmherziges Kino freuen und verlassen kann, und das ist auch wieder bei den durch die Bank sympathischen Charakteren in "Julie & Julia" der Fall. Amy Adams hat dabei das etwas schwierigere Los gezogen, eine recht frustrierte und zeitweilig auch farb- und antriebslose Frau trotz allem liebenswert erscheinen zu lassen, doch das gelingt der viel beschäftigten Nachwuchsschauspielerin ("Sunshine Cleaning", "Verwünscht") mit ihrer Mischung aus Unsicherheit und Cleverness erwartungsgemäß ausgezeichnet. Was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass die im Jahr 2004 spielende Ebene zwar auch immer unterhaltsam bleibt, von vornherein aber einfach nicht das Potential bietet wie der Blick in die Vergangenheit.

Denn dort erleben wir Folgendes: Einen Augenschmaus an Ausstattung und Kostümen, ein Kaleidoskop leicht schriller und exzentrischer Figuren, und im Zentrum des Ganzen natürlich eine Meryl Streep in Hochform. Von der ersten Szene an zaubert sie dem Publikum ein Lächeln oder auch gleich ein breites Grinsen ins Gesicht, macht aus jedem mit ganz eigenem Akzent gesprochenen, fast schon gesungenen Satz ein Ereignis. Schrullig wirkt das natürlich und leicht überdreht, dabei aber dennoch nicht aufgesetzt oder unnatürlich und keinesfalls wie eine Karikatur. Wer das aufgrund der relativen Unbekanntheit von Julia Child in unseren Breitengraden nicht so recht glauben mag und den Verdacht hegt, Frau Streep würde hier doch etwas zu dick auftragen, der möge sich mit einem Blick in die einschlägigen You Tube-Videos des Originals rasch vom Gegenteil überzeugen.
Einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der bezaubernde Wirkung auf den Zuschauer steuert aber auch Stanley Tucci bei, denn der ewige Nebendarsteller (der mit Streep auch schon in "Prada" sehr gut harmonierte) holt aus seinem eigentlich etwas im Schatten stehenden Ehegatten das Maximum heraus und liefert sich dabei mit seiner Partnerin eine Handvoll gar köstlicher und mitunter sogar brüllend komischer Dialoge.

Die Brillanz der Paris-Sequenzen lässt aber unweigerlich die Gegenwartshandlung ein ganzes Stück uninteressanter erscheinen, und da einem der direkte Vergleich durch den ständigen Wechsel ja förmlich aufgedrängt wird, hat dies den etwas unschönen Nebeneffekt, dass man sich immer stärker auf den Wechsel in die Streep-Ebene freut und jeden neuen Sprung in die Adams-Handlung fast schon bedauert. Das führt in der Konsequenz zu einem etwas unausgeglichenen Gesamtwerk, was aber überhaupt nichts daran ändert, dass dieses trotzdem köstlich zu unterhalten weiß.
An einer Stelle wird im Film erwähnt, dass Julia Child selbst (die zu dem Zeitpunkt noch lebte) von dem öffentlichen Blog und dem Projekt ihrer Verehrerin nicht allzu angetan war. Es ist im Gegensatz dazu aber nur schwer vorstellbar, dass sie bei der Darstellung von Meryl Streep nicht doch ein wenig gelächelt hätte.


handung spielt im Jahr 2002 nicht 2004!

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