Man könnte "Hart am Limit" kurz und knapp als "The Fast & the Furious" mit Motorrädern bezeichnen, und hätte damit schon fast alles Relevante über diesen Film gesagt: Die Zielgruppe ist auf ein primär männliches, junges und PS-geiles Publikum beschränkt, die Schauwerte sind dementsprechend entweder chrom-glänzend oder großbusig, und die Handlung vollkommen nebensächlich, weil sie den anvisierten Zuschauern ohnehin egal ist, solange die Maschinen schnell und die Ischen scharf sind.
Nun ist "The Fast & the Furious" trotz seiner markanten Macho-Fixierung ein durchaus akzeptabler, für seine Verhältnisse sogar richtig guter Film, während "Hart am Limit" eine einzige Katastrophe darstellt. Und diese Diskrepanz zwischen zwei Filmen, die bis auf das primäre Fortbewegungsmittel eigentlich alles gemeinsam haben, ist schon beachtlich.
Das Konzept ist dabei wirklich beinahe gleich: Man nehme einen erfahrenen Videoclip-Regisseur (was die korrekte Gewichtung "Ganz viel visueller Style, ganz wenig Story" garantiert), gebe ihm ein notdürftig von einem Anfänger zusammen geklopftes Drehbuch, in dem das Publikum mit dem Helden in eine verruchte, aber hochgradig verführerische Untergrundwelt von dicken Bikes und heißen Hasen eintaucht. Protagonist ist diesmal der smarte Motorrad-Freak Cary Ford, der sich nach sechsmonatiger Abstinenz wieder in seinem alten Revier sehen lässt, und gleich mächtig Ärger am Hals hat: Dem Gang-Leader Henry hat er vor einem halben Jahr zwei Maschinen entwendet, deren Tanks voll mit Drogen waren, und die will der doch gerne wieder haben. Noch brenzliger wird es, als Henry nach einem geplatzten Deal den Bruder von Trey Wallace, Chef der Motorrad-Bande "Reapers", umbringt und den Verdacht auf Cary lenkt. Der muss nun mit seiner Freundin Shane und zwei treuen Gefährten sehr viel sehr schnell durch die Gegend heizen, um die Dinge gerade zu rücken.
Dass dieser Plot tatsächlich nicht mehr als eine schlechte Entschuldigung dafür ist, die Kamera laufen zu lassen, zeigt sich schon beim zentralen Aufhänger: Da wird Treys Bruder an einem mehr oder minder öffentlichen Ort umgebracht, während Cary ganz woanders ist, die "Zeugenaussage", die Cary belastet, kommt dazu auch noch von der wenig Vertrauen erweckenden Freundin des allseits bekannten Gangsters Henry, und trotzdem zweifeln weder die Polizei noch Trey an der Wahrhaftigkeit ihrer Aussage. Wer sich in solcher Weise dümmer als zehn Meter Feldweg erweist, der hat es auch nicht anders verdient, anschließend für eine knappe Filmstunde sinnlos durch die Gegend zu dampfen. Schade ums Benzin.
Aber wie gesagt, der Plot ist eh egal, hier geht's um schicke Bilder zu schicken Motorrädern, und so greift Regisseur Joseph Kahn gleich zur vollen Breitseite der Klischee-Front: Seine Ursprünge in der Werbeindustrie keine Sekunde verhehlend (von dem völlig dreisten Product Placement für Pepsi und ein anderes Getränk der selben Firma mal ganz abgesehen), eröffnet er seinen Film mit einer Bar-Szene, die in ihrer Ästhetik wie direkt aus einem Jim Beam-Spot geklaut wirkt, und ist sich auch im weiteren Verlauf für keine Stilisierung zu schade. Im großen Biker-Camp dürfen ergo zahllose Bikini-Häschen rumlaufen, die in bester 80er Jahre-Videoclip-Manier auch gerne in Zeitlupe Autos (bzw. Motorräder) waschen.
So richtig schlimm wird's indes bei den Schauspielern: Ice Cube als Trey Wallace muss bei den Dreharbeiten Muskelkater im Gesicht bekommen haben, so konsequent zieht er in jeder Einstellung die Oberlippe hoch, um besonders schlecht gelaunt und tough auszusehen. Getoppt wird er indes noch von Jaime Pressly (höchstens bekannt aus "Nicht noch ein Teenie-Film!"), die sich als Henrys Freundin China in jeder, aber wirklich jeder Einstellung lasziv-angegeilt über die Lippen leckt und in ihrer "Darstellung" der badass biker bitch kilometerweit übers Ziel hinaus schießt. Die in diese Produktion investierte Mühe zeigt sich auch anhand der restlichen Besetzungsliste, die geradlinig an jedweden brauchbaren Darstellern vorbei geht. Bestes Beispiel: Max Beesley, zu zweifelhaftem Ruhm gelangt als Love Interest von Mariah Carey in dem fulminanten Debakel "Glitter", gibt hier Henrys Chef-Handlanger, bekommt dafür aber noch nicht einmal einen Rollennamen zugeteilt. Hauptdarsteller Martin Henderson hat immerhin in dem hervorragenden Horror-Remake "Ring" mitgespielt, war aber schon da der blasse Schwachpunkt im Ensemble, und ist auch hier zu keinem Zeitpunkt in der Lage, mehr als nur ein Schönling zu sein.
Hier manifestiert sich dann auch das größte Problem im Vergleich zu "The Fast & the Furious": Will man einen derart platten Film für mehr Leute als nur das gröhlende Männer-Publikum interessant machen, braucht man einen Helden mit Charisma. Ein Kerl vom Kaliber von Vin Diesel eben, der Coolness und Leinwandpräsenz ausdünstet wie andere Leute Schweiß. Solch ein tragender Darsteller fehlt hier vollkommen, und so verflacht "Hart am Limit" mit jeder Minute mehr.
Die Action-Sequenzen, die hier dann wohl alles rausreißen sollten, sind dann leider auch kaum mehr als ein Ärgernis. Wenn Cary und Trey sich in der Filmmitte auf und durch einen fahrenden Zug verfolgen, klingt das vielleicht spektakulär, ist aber so hanebüchen und unglaubwürdig inszeniert, dass man nur noch den Kopf schütteln kann. Ähnlich stümperhaft verfährt Regisseur Kahn bei einer großen Schlägerei am Schluss, die ohne jeglichen Sinn für Anschluss zusammen geschnitten ist, ein Sammelsurium an einzelnen Prügel-Aktionen, denen der räumliche Zusammenhang fehlt. Getoppt wird das alles jedoch noch vom vermeintlichen Showdown: Nachdem soeben das angeblich schnellste Motorrad der Welt vorgestellt wurde (steht natürlich seelenruhig in einer Garage rum), darf Cary darauf gleich im Anschluss mit derart absurd rasanter Geschwindigkeit durch ein völlig offensichtliches Computeranimations-Szenario flitzen, dass diese Sequenz zur lächerlichen Karikatur eines billigen Videospiels verkommt und sich der Film damit nur noch peinlich macht.
Die eingangs erwähnte Zielgruppe wird sich von alldem natürlich nicht irritieren lassen und dieses stümperhafte, hirnlose Stück PS-und-Testosteron-Gebolze trotzdem "endgeil" finden - und wenn's nur für die Motoren und Miezen ist. Ein Erfolg wie bei "The Fast & the Furious" ist allerdings schon aufgrund des Verkehrsmittels anzuzweifeln: Die "Fan-Basis" für Autos ist wesentlich breiter als für Motorräder, und zudem sind die Maschinen der hiesigen Helden absolut austauschbar - im Gegensatz zu den Boliden im geistigen Vorgänger, wo Auto und Fahrer unabdingbar zusammengehörten, und so der für die Fans unabdingbare Modell-und-Marken-Fetischismus befriedigt wurde.
Das einzig Erfreuliche an "Hart am Limit": Dass den Machern so wenig eingefallen ist, dass trotz ausgedehnter Actionsequenzen schon nach gut 75 Minuten der Abspann anrollt. So muss man sich wenigstens nur kurz durch diesen peinlichen Auswuchs einer ideenlosen Marketing-Abteilung quälen, bevor man das potentielle Publikum warnen kann: Schwingt euch lieber auf eure Maschinen für eine Spritztour übers Land, als euch diesen Schmarrn anzusehen.
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