Gringo

Originaltitel
Gringo
Land
Jahr
2018
Laufzeit
111 min
Genre
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Volker Robrahn / 4. April 2018

gringo 1Die Besetzung ist stark. Dass man als Regisseur namens Edgerton den eigenen Bruder verpflichtet, kommt dabei nicht so überraschend. Wenn man für seinen nicht mit einem Blockbuster-Budget ausgestatteten Thriller aber auch noch Namen wie Charlize Theron, Amanda Seyfried, Thandie Newton und David Oyelowo gewinnt, dann kann sich das von vornherein schon mal sehen lassen. Irgendwas muss die namhafte Darstellerriege also an „Gringo“gereizt haben und es liegt nahe, dass es die lakonische, schwarzhumorige Geschichte war, die einem Ensemble schräger und zum Teil richtig fieser Figuren Möglichkeiten zur Entfaltung gibt. Und den Nutzen die Mitwirkenden im Film von Nash Edgerton dann auch gern und reichlich.
 

gringo 2Sein Konzern produziert medizinische Marihuana-Produkte, die in den glatten Werbespots deutlich edler und wertvoller erscheinen als sie es tatsächlich sind. Das gilt auch für den Charakter von Harolds (David Oyelowo) Vorgesetzten Richard (Joel Edgerton), der eine Affäre mit der Frau seines Freundes (Thandie Newton) hat und außerdem plant, diesen im Zuge von „Optimierungsmaßnahmen“ um seinen Job zu bringen. Als Harold dies mitbekommt, entwickelt der bislang so brave und gutgläubige Angestellte einen ziemlich verrückten Plan: Er täuscht seine eigene Entführung in Mexiko vor und fordert von seinen Chefs fünf Millionen Dollar für die Freilassung. Doch die für solche Fälle vorgesehene Versicherung haben Richard und dessen durchtriebene Kollegin Elaine (Charlize Theron) längst gekündigt und das Geld dafür anderweitig verwendet. Daher entsendet man zur Rettung des armen Harold stattdessen den Söldner Mitch (Sharlto Copley), der nach ganz eigenen Methoden arbeitet. Als Harold in Mexiko dann aber tatsächlich ins Visier eines örtlichen Kartellbosses gerät, wird die Situation für ihn doch langsam brenzlig. Mit Hilfe der leicht naiven Gitarrenverkäuferin Sunny (Amanda Seyfried) versucht er, die Geister die er selbst rief, irgendwie wieder loszuwerden.
 

gringo 3Was erst mal klingt wie eine Mischung aus liegengebliebenen Skripts der Herren Tarantino & Coen, besitzt durchaus das Potential für den Zuschauer zu einem ähnlich großen Spaß zu werden wie man ihn beim Betrachten der sich hoffnungslos immer tiefer in den selbst gebauten Fallstricken verfangenden Protagonisten in den entsprechenden Werken hat. Ein Potential, dass auch zu einem guten Teil, aber dann doch nicht ganz genutzt wird. Manches wirkt mitunter ein wenig zu gewollt und auf „cool“ getrimmt, wenn etwa der mexikanische Gangsterboss immer mal wieder Songs der „Beatles“ zitiert oder darüber referiert, welches Album der Fab Four denn nun tatsächlich das Beste sei. Das passt dann oft leider weder zum Kontext der Szene, noch zur Persönlichkeit der Figur. Auch klingt der oben beschriebene Plot komplizierter als er eigentlich ist, der Geschichte zu folgen ist problemlos möglich. Im Grunde hätte der Handlungsbogen rund um die Machenschaften des Konzerns plus den privaten Verwicklungen der Figuren ausgereicht, der Strang um die mexikanischen Kriminellen streckt das Ganze nur unnötig (und käut nebenbei auch noch ein paar der gängigen Klischees wieder, die man mit der Kultur des mittelamerikanischen Landes so verbindet).

gringo 4Das wäre dann aber auch schon alles was es hier zu meckern gibt, denn ansonsten weiß „Gringo“ doch ziemlich zu gefallen. Nach einem noch etwas gebremsten Beginn nimmt die Geschichte immer mehr Fahrt auf, steigert auch zusehends den Action-Quotienten und lässt einem die Charaktere mit zunehmender Spiel- und Leinwandzeit mehr ans Herz wachsen. Das gilt sowohl für den von der um ihn herum eskalierenden Situationen heillos überforderten Harold, den David Oyelowo („Selma“), mit treuherzigem Dackelblick durchs Chaos leitet. Als natürlich auch für Charlize Theron, die zuletzt ja schon öfter die „Böse“ gegeben hat und hier sichtlich Freude an einer Rolle hat, in der sie den gesamten Rest der Menschheit als lästige und minderbemittelte Verlierer betrachtet und diese dann auch durchgehend wie Fußabtreter behandelt. Der heimliche Star ist aber noch ein Stück mehr Sharlto Copley. Der Spezialist für durchgeknallte Persönlichkeiten („Oldboy“, „Hardcore“) verkörpert hier eine Art Söldner und Kopfgeldjäger mit moralischem Kompass, denn seine Einnahmen spendet er stets umgehend für humanitäre Projekte. Was ihn aber nicht daran hindert auch mal wild um sich zu schießen oder über die innere Logik der Bibel zu diskutieren.

Bei Copley & Theron wirkt das exzentrische Gehabe dann aber eben auch natürlich und nicht erzwungen, was zweifellos mit der Qualität dieser Schauspieler zu tun hat. Insgesamt fällt die Mischung aus überzeugenden und weniger gelungenen Momenten aber doch etwas unausgegoren aus, so dass „Gringo“ letztlich als eine Art „Lightversion“ eines Coen Brothers-Films daherkommt. Immerhin, denn das ist ja trotzdem nicht das Schlechteste, was man über einen Film sagen kann.

Bilder: Copyright

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