Good Night Oppy

Land
Jahr
2022
Laufzeit
95 min
Regie
Release Date
Streaming
Bewertung
6
6/10
von Matthias Kastl / 21. November 2022

Sind wir wirklich allein im Universum? Beim Blick hoch zum Sternenhimmel dürfte sich wohl jeder schon einmal diese Frage gestellt haben. Einige genauso talentierte wie leidenschaftliche Wissenschaftler und Ingenieure haben sich diese aber auch gleich zur Lebensaufgabe gemacht. Auf der Suche nach Wasser (und damit einer möglichen Bedingung für Leben) hat die NASA in den letzten Jahrzehnten den Planeten Mars mit Hilfe mehrerer solarbetriebener Roboter unter die Lupe genommen. In der Amazon-Dokumentation „Good Night Oppy“ begleiten wir diese faszinierende Mission und erhalten dank aufwendiger Computeranimationen einen sehr guten Eindruck vom roten Planeten und den dort wartenden Herausforderungen. Leider sind die Macher aber mehr an möglichst dramatischen Zuspitzungen als an seriöser Wissenschaft interessiert, was die Dokumentation am Ende doch ziemlich oberflächlich wirken lässt und der faszinierenden Arbeit des NASA-Teams nur bedingt gerecht wird.

Das Herzstück der Dokumentation ist die Arbeit der beiden Mars-Rover Spirit und Opportunity, die im Jahr 2004 auf dem Mars abgesetzt wurden. Mit Hilfe von altem Archivmaterial, aktuellen Interviews und zahlreicher aufwendiger Computeranimationen zeichnet Regisseur Ryan White dabei die Mission von der anfänglichen Planung bis zum erfolgreichen Schlussakkord Schritt für Schritt nach. Dabei sind gerade die Computereffekte für eine Dokumentation ziemlich beeindruckend gelungen. Wenn unser CGI-Rover über scheinbar unendliche Mars-Landschaften tuckert oder riesige Krater entdeckt, dann ist das so überzeugend umgesetzt, dass man für kurze Zeit fast vergisst hier nicht Originalaufnahmen zu sehen. Gerade auch was die Herausforderungen rund um die Landung der Roboter angeht, gelingt es den Animationen ebenfalls sehr gut ein besseres und vor allem auch anschaulicheres Verständnis für die Komplexität der Operation zu vermitteln. 


Stellenweise sieht vieles schon fast wie großes Hollywoodkino aus, was das Auge zwar freut, aber leider auch irgendwie sinnbildlich für die wohl größte Schwäche der Dokumentation steht. Wir brauchen drama, baby, drama – das scheint so ein bisschen das Leitmotto von Ryan White gewesen zu sein. Der Film ist nämlich weniger an den tatsächlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen interessiert, stattdessen wird der Fokus vor allem auf den harten Überlebenskampf der Rover, deren häufige “Nahtoderlebnisse“ und das damit verbundene Zittern des NASA-Teams gelegt. In anderen Worten, man ist auf der Suche nach großem emotionalem Kino. Damit das möglichst überzeugend gerät wird immer wieder hervorgehoben, wie stark die Roboter den NASA-Mitarbeitern ans Herz gewachsen sind und dass diese von den Wissenschaftlern schon fast wie eigene menschliche Kinder betrachtet werden. 

Diese starke Zuneigung des NASA-Teams zu den beiden Rovern ist durchaus verständlich. Das der Film diese aber dazu nutzt immer wieder im Stakkato-Rhythmus möglichst viel Spannung zu generieren ist auf Dauer dann doch sehr nervig. Gerade weil dadurch viele andere spannende Aspekte, zum Beispiel was die Rover auf dem Mars eigentlich alles so entdecken, am Ende oft zu Randnotizen verkommen. Vereinzelt ist es sogar richtig ärgerlich, wenn zum Beispiel die Alzheimer-Erkrankung eines echten Menschen mit dem Gedächtnisverlust eines der Roboter verglichen wird, nur um noch einmal möglichst viel Emotionen zu wecken. Das wirkt dann einfach nur unangebracht. Gerade weil man hier auch so viele unglaublich clevere und talentierte Menschen vor die Kamera bekommen hat, ist es einfach oft frustrierend zu sehen, wenn diese vor allem für möglichst emotionale persönliche Statements herangezogen werden. In kleinen Dosen wäre das eine wundervolle Sache, in geballter Menge raubt es dem Film aber inhaltliche Tiefe und lässt die Protagonisten auch weniger clever erscheinen, als sie es eigentlich sind.


Glücklicherweise bricht der wissenschaftliche Teil der Mission dann aber doch immer wieder mal durch. In diesen Momenten ist „Good Night Oppy“ dann auch wirklich der faszinierende Film, der er eigentlich für die kompletten 95 Minuten sein sollte. Wenn die Ingenieure auf unvorhergesehene Probleme zum Beispiel dadurch reagieren müssen, dass sie hinter dem Haus mit Modellen der Rover in einem riesigen Sandkasten wild alternative Lösungswege testen, dann ist das sowohl unterhaltsam als auch informativ. Insgesamt sind diese Augenblicke aber leider doch etwas zu spärlich gesät und so ist „Good Night Oppy“ am Ende etwas zu viel „Fiction“ und zu wenig „Science“. Wem das egal ist dürfte von der Dokumentation sehr gut unterhalten werden, wer sich allerdings mehr Substanz wünscht wird trotz manch starker Momente am Ende eher ein wenig enttäuscht sein. Aber wir können ja immer noch in den Sternenhimmel blicken und einfach träumen...

Bilder: Copyright

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