Genesis

Originaltitel
Genesis
Land
Jahr
2004
Laufzeit
90 min
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Paula Deubner / 18. Januar 2011

"Kleine Handvoll Erde, schau sie dir an…" haben wir damals auf der katholischen Jugendfreizeit gesungen, und jetzt gibt es den Film dazu. Allerdings kommt er bedeutungsschwanger und langatmiger als jeder Kindergottesdienst daher. "Genesis" verheißt schon mit dem bombastischen Sound direkt zu Beginn: schau an, so riesig groß und fantastisch und außerordentlich ist die Geschichte, die wir gleich erzählen wollen. Man sieht: die Kristallbildung von Vitamin C, bunt schillernde Blasen, die vor sich hin mutieren. Dazu donnert ein Orchester. Hier also das erste Spiel mit der Perspektive, die Nuridsany und Pérennou zum Stilmittel ihrer Erzählung machen: das ganz Kleine ist das ganz Große, und irgendwo dazwischen bist du, eine Form unter vielen, die das Leben immer wieder aus der Materie bildet.
"Eine moderne Mythologie" wollten die beiden Franzosen schaffen, die bereits mit "Mikrokosmos" vom aufregenden Leben in der Welt der Waldwiesen erzählten und damit einen großen internationalen Erfolg landeten. Das ist ihnen auch gelungen: ein Schamane, gespielt von Sotigui Kouyaté (nein, er ist nicht echt!), sitzt in wurzelgefärbten Gewändern vor einem Topf Wasser (Ah! Gebärmutter und Ursuppe) und erzählt mit leuchtenden Augen von den Atomen, die er IST, so wie wir alle. So, da habt ihrs, Großstädter und Zivilisationsgeschädigte aller Welt, vergesst nicht, dass Ihr Bioformen seid.

Das Leben ist doch so wie in den Biofilmen, es fängt mit großen Ozeanwellen an, und führt erstmal zu gepflegter Langeweile - die sich gibt, als Nuridsany und Pérennou beginnen, ein paar Charaktere vor die Kamera zu bringen, die dem Gähnen ein Ende setzen. Sechs Jahre haben die beiden gebraucht, um ihre Protagonisten vor die Kamera zu bekommen, haben in Frankreich, Island, Madagaskar, auf den Galapagos-Inseln und in Polynesien gedreht. Und diese Helden der Tierwelt entpuppen sich als faszinierende Artgenossen: Schlammspringer, Ochsenfrösche und Kragenechsen führen vor, was ihre Vorstellung des "home sweet home" und der Rivalenkloppe ist, und Weberknechte und Seepferdchen lieben sich vor dem Makro - hier beginnen kleine Dramen, und die exzellente Kameraführung zieht den Blick magisch auf die Schuppen einer Schlange und das Kreiseln kleiner Schauminseln im Nichts der Ursuppe. Spätestens hier versteht man das Spannende der Geschichte: das Leben ist immer wieder neu gefundene Form, und der Tod die Auflösung, das Chaos.
Was aber mit den Einkaufszetteln, die man im Kopf hat und dem Auto, das repariert werden muss? "Genesis" entführt nur höchst willige Zuschauer in die Welt der fabulös heilen Naturidylle, alle anderen werden immer wieder mal denken, "draußen gibt's Bier". "Ich bin ein Ökosystem", kommt dennoch der letzte gewollte Gedanke des Filmes auf, der zumindest ein atemberaubendes Schlussbild liefert. Und dann schaltet man das Handy an, fragt sich, was für ein Ökosystem ist eigentlich der Riesenhaufen Stadt, der sich um einen befindet, wo sind die Kippen, denkt man, und wo zum Teufel fahren Leute noch mit dem Einbaum? Naja, Märchen halt. Ende Abspann.


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