Was
sich aus so einer armseligen "Landjugend mit Musik" machen
lässt, ist schon erstaunlich. Nachdem der Mann mit dem Pseudonym
Heinz Strunk seine Jugenderlebnisse erfolgreich zu Papier gebracht
hatte, folgte alsbald nicht nur die Hörbuchversion sondern
sogar noch ein Spektakel auf der Bühne des Hamburger Schauspielhauses.
Daher konnte die Ankündigung einer Verfilmung von "Fleisch
ist mein Gemüse" also nicht mehr allzu sehr überraschen.
Die liegt nun vor und bietet für die Kenner der Vorlage einen
hübschen Nachschlag zum Buch und die Gelegenheit sich über
wieder gefundene Zitate und erkannte Anspielungen zu freuen. Den
unbedarften Zuschauer dürfte der Film allerdings eher etwas
ratlos zurücklassen.
"Swing time is good time, good time is better time."
Ähnlich
sinnentleert wie die Parolen seines Bandleaders "Gurki"
kommt dem jungen Heinz auch der Rest seines Lebens vor. Geplagt
von extremem Hautauschlag, seiner psychisch kranken Mutter und der
lebensmüden Nachbarin bietet da das Engagement als Saxofonist
in der Tanzkapelle "Tiffanys" eine echte Abwechslung und
fast schon den Höhepunkt seines ansonsten noch trüberen
Alltags im von ihm "die falsche Seite der Elbe" genannten
Stadtteil im Süden Hamburgs. Doch auch wenn "Heinzer"
sein Instrument beherrscht und einen ordentlichen Job macht, bleibt
er in jeder Hinsicht unbefriedigt. Denn bei den Frauen geht für
die Musiker kaum mal was, die Gage ist übersichtlich und nur
Dauergrinser Gurki ist tatsächlich der Meinung, diese Vorhölle
aus Schützenfesten und Dorfhochzeiten sei nun mal das Show-Business.
Der Zustand von Mutter und Nachbarin wird nicht besser und auch
mit der doch eigentlich angestrebten Karriere als Hitproduzent will
es nicht so richtig klappen.
"Wir alle müssen abliefern. Am Ende zählt doch nur,
ob du ordentlich abgeliefert hast."
Wobei die Realität ja trotzdem so aussieht, dass auch jahrelange
Ochsentouren nicht automatisch irgendwann zum großen Durchbruch
führen. Und so ist es auch eine ziemlich trübe Realität,
die uns Regisseur und Drehbuchautor Christian Görlitz hier
mit großem Bemühen um eine authentische Wiedergabe der
80er Jahre anbietet. Damit entspricht er den Wünschen und Vorgaben
von Buchautor Heinz Strunk, der
stark in die Verfilmung seines Werks eingebunden wurde. So stark
sogar, dass man offenbar recht verzweifelt nach irgendeinem Weg
suchte, Strunk (der sich natürlich schon aus Altersgründen
nicht selbst spielen konnte) trotzdem mit in den Film einzubinden.
Und das führt nun also dazu, dass der Autor in diversen Einschüben
das Geschehen kommentiert - schräg aus der Wand hängend
und im Zwiegespräch mit dem ausgestopften Elchkopf vom Buchcover
als Gegenüber. Ein Einfall, den man bei näherer Überlegung
vielleicht doch besser hätte verwerfen sollen.
Auch sonst hat man sich bemüht, alles was nur irgendwie nach
typisch deutscher "Comedy" aussehen könnte zu vermeiden.
Eine Einstellung, die sicher ehrenwert ist und auch durchaus dem
Geist der Vorlage entspricht. Letztendlich landen wir dann aber
eben auch deutlich mehr im Gebiet der Tragödie, denn diese
Bezeichnung ist für die viel Raum einnehmenden Abschnitte um
die Schicksale von Mutter und Nachbarin sicher angebracht. Und im
Bereich Komödie gibt es dann eben doch einen ganz entscheidenden,
so sicher nicht angestrebten Unterschied zum Ausgangswerk: Denn
da die agierenden Figuren so deutlich aus einer ganz anderen Zeit
stammen und kaum mehr nachvollziehbar agieren, entsteht daraus eine
Distanz zum Publikum, die dazu führt, dass man bei all den
Missgeschicken und Peinlichkeiten wirklich nur über sie lacht
und kaum einmal mit ihnen.
"Der Mensch ist kein Beilagenesser. Fleisch ist mein Gemüse."
Sie kommen fast alle vor, die markantesten Zitate aus dem Buch,
welches einen so schön zum Fremdschämen bewegen konnte,
dabei eine schwer erklärbare Unbehaglichkeit erzeugte und trotzdem
immer weiter lesen ließ. Daher die Bewertung der Verfilmung
als eine Art Zugabe, die leider nur dann so richtig Freude bereitet,
wenn im Hintergrund Chris Roberts "Ich mach ein glückliches
Mädchen aus Dir" trällert und der Dorffest-Veranstalter
wieder den Bandnamen falsch ausspricht. Da macht man amüsiert
ein Häkchen und erkennt ansonsten an, dass die Darsteller sich
redlich mühen.
An Maxim Mehnet (gerade auch im "Roten
Baron" zu sehen) in der Hauptrolle vergeben wir dabei einfach
nur ein "okay", denn bleibenden Eindruck hinterlässt
er eher nicht; für Susanne Lothar als schwierige Mutter ein
"routiniert", denn man erwartet schließlich, das
sie so etwas mühelos darstellen kann; und natürlich ist
Andreas Schmidt als Nichtsmerker "Gurki" ziemlich großartig,
aber er hat schließlich auch die mit Abstand witzigste und
dankbarste Rolle abgestaubt.
Denn über ihn lachen sicher auch jene Zuschauer, die sich ohne
jegliche Vorkenntnisse in einen Film trauen, der für die meisten
wohl etwas merkwürdig und rätselhaft bleiben dürfte
und als eigenständiges Werk leider nicht so ganz überzeugen
kann.
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