
Achtung, hier ist eine gewaltige Blockbuster-Produktion im Anmarsch. Rund 300 Millionen Dollar soll die neue Mega-Produktion von Jerry Bruckheimer verschlungen haben, um uns etwas zu präsentieren, das sich dementsprechend ganz unbescheiden „F1 – Der Film“ nennt. Als hätte es bisher noch keine nennenswerten Kinobeiträge zur bedeutendsten Rennserie im Motorsport gegeben. Aber doch, die gab es und sowohl „Rush“ mit Daniel Brühl als Niki Lauda oder der bereits in den sechziger Jahren entstandene „Grand Prix“ von John Frankenheimer weisen zudem eine sehr hohe Qualität in Sachen Inszenierung und Storytelling auf. Aber die boten zweifelsohne kein derartiges Action-Spektakel wie es nun der Film von Joseph Kosinski tut. Der wie bei „Top Gun: Maverick“ erneut schnelle Hightech-Maschinen in Bewegung und auf einen absoluten Superstar in der Hauptrolle setzt. Und sich rühmt, für seine Produktion einen nie zuvor gewährten Zugang zu den realen Formel-1-Rennen und Fahrern erhalten zu haben.
Was allerdings nicht bedeutet, dass diese Vermischung mit tatsächlich stattgefundenen Rennen und den darin aktiven Fahrern nun dafür sorgt, dass wir es bei „F1“ mit einer auch nur im Ansatz realistischen Darstellung des Geschehens in der Königsklasse zu tun haben. Worauf schon die Kernhandlung an sich hinweist: Der erfolglose Rennstallbesitzer Ruben (Javier Bardem) kommt in seiner Verzweiflung auf die Idee, seinen alten Weggefährten Sonny Hayes (Brad Pitt) als Fahrer zu engagieren, der einst nach einem schweren Unfall früh seine Karriere beendete. Und zwar in den 90er Jahren, was also bedeutet, dass er sich nun in seinen fortgeschrittenen Fünfzigern befindet. Dennoch soll ausgerechnet der unangepasste und unberechenbare Hayes dafür sorgen, dass das APX-Team den dringend benötigten Sieg bis zum Saisonende einfährt, da man Ruben ansonsten vor die Tür setzen wird. Die Medien zeigen sich von dieser Wahl mehr als überrascht und Sonnys junger Teamgefährte Joshua (Damson Idris) ist davon sogar ziemlich angesäuert. Es besteht die Gefahr, dass die beiden ungleichen Fahrer sich auf der Strecke mehr gegenseitig bekämpfen statt zusammenarbeiten werden.
Was dann auch geschieht. Wie aber noch so Einiges mehr passiert aufgrund eines wirklich haarsträubenden Drehbuchs, das dafür sorgt, dass wir innerhalb einer einzigen Saison und nur weniger Rennen mehr Unfälle, Intrigen und sensationelle Ergebnisse zu sehen bekommen, als in den letzten fünfzig Jahren der echten Formel 1. Was schon mit dem Glaubwürdigkeitsproblem der Hauptfigur anfängt, denn natürlich ist es völlig absurd, einen auf die Sechzig zugehenden Fahrer hier neben Max Verstappen und Lewis Hamilton kämpfen zu sehen. Zwar werden zur Rechtfertigung ein paar Namen von real existierenden Fahrern genannt, die auch mal fast so alt gewesen sind, allerdings stammen diese Beispiele aus einer Zeit, in der der Rennsport nicht annähernd so professionalisiert war wie heute. Ein Team, das bisher vollkommen punktlos war, durch geniale Strategie und eine kleine Anpassung des Autos von einem Tag auf den anderen zu einem siegfähigen Contender zu machen, ist ebenfalls nicht möglich, und dass die fiesen Manöver und Tricksereien, mit denen sich Sonny hier erstmal Respekt verschafft, keine deutlich härteren Sanktionen nach sich ziehen, genauso undenkbar. Dass unser Wunderknabe dann wenige Wochen nach einem fast tödlich verlaufenen Unfall bereits wieder im Cockpit sitzt, kommt dagegen fast schon erwartbar.
Es gibt noch diverse weitere Beispiele in dieser Richtung, aber es ist hoffentlich auch so bereits klar geworden, dass Bruckheimer & Co. hier eine reine Fantasy-Welt geschaffen haben, die sich nicht die Spur um Glaubwürdigkeit schert. Was man noch akzeptieren könnte, wenn es halt ein spektakulärer Blockbuster sein soll, der dem Zuschauer einfach so viel Futter für die Augen bietet wie möglich. Aber ein bisschen mehr Mühe hätte es beim Storytelling bitte schon noch sein dürfen. Denn auch beim zwischenmenschlichen Geschehen wird hier brav ein klischeehafter Musterbaustein nach dem anderen abgehakt: der gefallene Held, der sein Trauma überwinden muss, um zu sich selbst zu finden? Check. Die Romanze mit der zunächst widerspenstigen und kratzbürstigen Dame, die aber schließlich doch dem Charme des Raubeins erliegt? Check. Die beiden Rivalen, die sich zusammen raufen müssen und das natürlich dann auch tun, der Showdown mit einer Entscheidung in aller letzter Sekunde und auf die höchst mögliche dramatische Weise? Check, Check und Check.
All das und noch viel mehr wird in „F1“ aufgefahren und serviert. Aber zugegeben, man kann dann letztlich doch nicht anders als sich blendend unterhalten zu fühlen bei all den wirklich toll umgesetzten Rennszenen und dem halt unwiderstehlichen Charme, mit dem ein Brad Pitt hier seine Show abzieht. Dessen Besetzung ist so gesehen doch ein echter Trumpf des Films, auch wenn die Glaubwürdigkeit seiner Figur... aber das hatten wir ja schon. Also ja, ne Menge Spaß macht das Alles schon, aber selten war wohl die eigentlich abgegriffene Formulierung, doch am Besten sein Hirn an der Kasse abzugeben, so angebracht wie bei der hier gezeigten Parallelwelt zum realen Rennsport.
Ein toller Werbefilm für die Formel 1 ist das so gesehen natürlich schon, allerdings sollten sich deren Macher einer Sache bewusst sein: Wer nach dem Kinobesuch von „F1“ nun voller Erwartung seinen Fernseher einschaltet, um sich zum ersten Mal die echten Rennen anzuschauen, wird danach wohl sehr ernüchtert sein.
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