Fünf junge Leute haben sich in einer Waldhütte zusammengefunden. Eine von ihnen, Mia (Jane Levy), soll hier in der Abgeschiedenheit der Hütte fernab der Zivilisation ihre Kokainabhängigkeit loswerden. Ihre Freunde Eric (Lou Taylor Pucci) und Olivia (Jessica Lucas) wollen diesen Kaltentzug auf jeden Fall durchziehen, Mias Bruder David (Shiloh Fernandez), der samt Freundin Nathalie (Elizabeth Blackmore) dazustößt, ist sich nicht so sicher. Er hat Freunde und Familie für eine Weile hinter sich gelassen, was ihn Mia und Eric auch spüren lassen. Erstaunt stellen David und Mia fest, dass die ihrer Familie gehörende Hütte zwischenzeitlich von irgendwelchen Fremden für mysteriöse und unschöne Zwecke (die das Publikum im neuerfundenen Prolog sieht) misssbraucht wurde: Im Keller hängen tote Katzen und Eric findet ein mysteriöses Buch. Als er unvorsichtig daraus liest, wird in den umliegenden Wäldern etwas sehr Altes, sehr Böses erweckt. Bald beginnt in der Hütte ein blutiger Kampf ums Überleben...
In der letzten Dekade wurde fast jedem klassischen amerikanischen Horrorfilm der 1970er und 1980er Jahre das Schicksal zuteil, für ein jüngeres Publikum neu verfilmt zu werden. Ob originalgetreue Kopie, vorsichtige Modernisierung oder komplette Entfremdung vom Original – nur die allerwenigsten dieser Remakes können auch nur als Achtungserfolg geschweige denn Erfolg gewertet werden. Für die meisten dieser Filme wie „Nightmare on Elm Street“, „Friday 13th“, „Texas Chainsaw Massacre“, „The Last House on the Left“ oder „Halloween“ galt: so gut wie alles war im Original besser gelöst. Das beste Horror-Remake der letzten Jahre war dann folgerichtig auch „The Ring“, die Neuauflage eines japanischen Films, die dann eine wahre Flut an J-Horror-Remakes auslöste, von der so gut wie alle mäßig ausfielen.
Dass es aber seit Beginn dieser Remakewelle nun über eine Dekade gedauert hat, bis Sam Raimis Kultfilm aus dem Jahre 1981 dran ist, ist allerdings doch verwunderlich. Da gab es ja einige weniger offensichtliche Kandidaten, die vorher dran waren. Vielleicht hat es ja mit der kultischen Verehrung der Raimi'schen „Evil Dead“-Trilogie zu tun, die ein gewisses Zögern auslösten, denn was Raimi mit seinem Hauptdarsteller Bruce Campbell in den beiden „Evil Dead“-Filmen und dem abschließenden „Armee der Finsternis“ zelebrierte, war ungewöhnlich und absurd und deshalb heißgeliebt.
Aber sind wir mal ehrlich: Der Original „Tanz der Teufel“ (so der bescheuerte deutsche Titel, unter dem der Film ja leider berühmt-berüchtigt wurde, besonders bei der deutschen Staatsanwaltschaft) ist eben keine heilige Kuh, deren Remake kompletter Frevel ist. Raimis für Taschengeld gedrehter Erstling sieht trotz der für das Minaturbudget akzeptablen Special Effects einfach superbillig aus, die Schauspieler sind alle mies wie beim Laientheater (jawohl, auch Bruce Campbell, der erst im zweiten Teil so richtig groovy wurde) und der Film hat auch einen gewissen Nervfaktor, denn nach einer guten Viertelstunde fangen die Dämonen an zu keifen und zu kichern und hören dann für die folgende Stunde auch nicht mehr auf.
Folglich war der erste „Evil Dead“ auch nicht der Film, den viele heute falsch erinnern, nämlich die absurde Horrorkomödie, in der Bruce Campbell saucool Oneliner heraushaute und Dämonen (und eigenen Körperteilen) den Garaus machte. Das begann alles erst in „Evil Dead 2“, der vielen als der beste Film der Reihe gilt, und im abschließenden „Armee der Finsternis“ war von Horror schon gar keine Spur mehr, stattdessen hatte sich Raimi hier auf alberne heroic fantasy verlegt (In diesem Zusammenhang wenig erstaunlich, dass er direkt danach als Produzent die albernen heroic fantasy-Serien „Hercules“ und „Xena“ betreute). Aber der erste „Evil Dead“ war ein völlig unironischer und ernstgemeinter Horrorfilm, dessen komische Momente eher unfreiwilliger Natur waren. Von daher ist es auch völlig okay, dass das Remake ebenso wie das Original daherkommt: Als Frontalangriff auf das Nervenkostüm des Zuschauers. Zwar (Gott sei Dank) mit weniger Kichern und Keifen, aber dafür mit einem Gore-Gehalt, der dem Originalfilm in nichts nachsteht.
Vielmehr noch: Hier wird richtig geklotzt mit fiesen Spezialeffekten. Und auch die wohl berüchtigste Szene des Originals, die Vergewaltigung durch den Wald selbst, hat hier ein Äquivalent. Dabei sind diese Szenen wie im Original handgemacht, wie sich's gehört gibt es hier (so gut wie) kein billiges CGI. Und in Sachen Gore wird hier Einiges veran- und verunstaltet, insbesondere die Körper der Besessenen und der von ihnen Bedrohten. Wobei hier natürlich die alte Regel gilt: Wenn wir zu Anfang wie zufällig Requisiten wie ein elektrisches Bratenmesser und eine Nagelpistole sehen, stehen die Chancen gut, dass diese im Verlauf des Films auch zum Einsatz kommen. Und das tun sie, mit markantem Ergebnis. „Evil Dead“ ist das größte und lustvollste Blutbad im Kino seit „Piranha“ – hier fließt das Blut am Ende wortwörtlich in Strömen und man möchte fast Peter Gabriel anstimmen: „Red Rain is coming down, red rain...“
Daher eine gute Nachricht für Horrorfans: „Evil Dead“ hat es ungeschnitten, also in der US-Kinofassung, nach Deutschland geschafft, was angesichts des hier gezeigten Splatters sowohl erfreulich als auch erstaunlich ist, aber wiedermal die Absurdität der Filmzensur hierzulande aufzeigt. Denn während in den letzten Jahren durch Filme wie „Hostel“ oder die „Saw“-Reihe auch die Schmerzgrenze der Jugendschützer nach oben gezogen wurde, bleiben alte Klassiker wie Sam Raimis Original weiterhin verboten. Dabei würde das Original mit seinen bunten Kunstblutfontänen heute selbst den meisten 16-jährigen nur ein müdes Grinsen abringen. Aber das Sprichwort mit den Mühlen der Justiz muss ja irgendwo herkommen, und so mahlen die nicht nur langsam, sondern zermalmen manchmal auch den gesunden Menschenverstand.
Die relativ unbekannten Jungschauspieler bleiben fast alle relativ blass, was auch an der ein- bis keindimensionalen Charakterisierung liegt. So scheint Davids Freundin Nathalie überhaupt keine nennenswerten Charaktereigenschaften zu haben, Krankenschwester Olivia genau eine, Eric hat als herausstechendes Merkmal eine besonders ausgeprägte Dummheit („Hmm, mal sehen, ein in menschliche Haut gebundenes Buch, welches Dämonen beschwört und mich aufs Deutlichste warnt, ich solle daraus nichts lesen und nichts aussprechen? Da les ich doch gleich mal ein bisschen was mit lauter Stimme!“) und auch unser Protagonist David ist so gut wie ungeküsst von Charisma oder Charme. Aber all dies war im Original mit seinen wirklich brutalen Darstellerleistungen ja genau so.
Die einzige Ausnahme ist Jane Levy als das erste Dämonenopfer Mia. Die Szenen, in denen Mia auf Entzug langsam verrückt wird und dann nach Dämonenattacke so richtig verrückt, zeugen zumindest von einer gewissen Intensität, die Frau Levy an den Tag legt. Und zumindest die Plotmotivation am Anfang des Films mit Mias Kaltentzug macht mehr Sinn als die über eine Hütte stolpernde Truppe des Originals. Regisseur Fede Alvarez versucht zudem zusammen mit Drehbuchpartner Rodo Sayagues in seinem Kinodebüt dem ganzen Blutbad hier dank der Geschwisterdynamik eine emotionale Seite zu geben, was zumindest halbwegs funktioniert.
Was die Neuauflage von „Evil Dead“ neben seinen derben Splattereinlagen weiterhin auszeichnet, ist sein Mut zur Veränderung, während er gleichzeitig das Original mit diversen Anspielungen (das Oldsmobile!) ehrt. In dem Wissen, eine Figur wie Bruce Campbells Ash unmöglich kopieren zu können, gibt es so eine Figur nicht und seine Charaktereigneschaften werden auf mehrere Charaktere verteilt. Und Fede Alvarez lässt es sich nicht nehmen, entscheidende Aspekte des Originals zu verändern. Während der Großteil des Films so abläuft, wie es Kenner des Originals erwarten können, platziert Alvarez in dieser Stunde genug abgeänderte Details (wie die Instruktionen des Buches), um dank diesen dann nach knapp 70 Minuten ein komplett neues Finale einzuläuten. Das mag gefallen oder nicht – zumindest ist es eine wirkliche kreative Entscheidung, nicht nur ein bloßes Wiederkäuen des alten Stoffes.
„Evil Dead“ ist ein erfreulich kompromissloser und blutiger Horrorfilm, der mit seiner fortlaufenden Serie an Gore-haltigen Attacken auf seine Protagonisten und das Nervenkostüm des Publikums dem Geist des Originals durchaus nahe kommt. Zu einem richtig guten Film macht dies „Evil Dead“ nicht – die Zielgruppe sollte jedoch zufrieden sein. Denn „Evil Dead“ begeht nicht die Sünde der meisten seiner Remakekollegen – nämlich unoriginelle Langeweile zu produzieren – und mit solcher Freude an Kunstblut und fliegenden Körperteilen wie hier hat man im Horrorgenre schon eine Weile niemanden hantieren sehen.
PS: Fans des Originals müssen hier bis zum Ende des Abspanns sitzen bleiben, es gibt für sie nämlich nicht nur ein, sondern gleich zwei Schmankerl.
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