Ein Ferpektes Verbrechen

Originaltitel
El Crimen Ferpecto
Land
Jahr
2003
Laufzeit
104 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Frank-Michael Helmke / 4. Januar 2011

 "Ein ferpektes Verbrechen" beginnt mit einer großartigen Szene: Ein Seminar für angehende Kaufhaus-Verkäufer, in der eine Kaufsituation simuliert und anschließend die Fehler des gescheiterten Aspiranten seziert werden. Ergebnis: im Prinzip sind alle Anwesenden unfähig und, wie der Seminarleiter meint, kein Maßstab für den perfektesten Verkäufer aller Zeiten - den legendären Rafael.
Schade ist, dass dies so ziemlich die beste Szene des ganzen Films bleibt, und das der Film vielleicht auch etwas interessanter gewesen wäre, wenn diese Erzählperspektive beibehalten worden wäre. Stattdessen übernimmt in der zweiten Szene dieser Rafael selbst (Guillermo Toledo) die Erzählung und führt das Publikum in seine Welt ein: Als Chefverkäufer der Damenmode-Abteilung eines großen Kaufhauses ist Rafael der König in seinem Metier. Die jungen, hübschen Verkäuferinnen liegen ihm ebenso zu Füßen wie die Kunden, denen er einfach alles anzudrehen weiß. Rafael ist ebenso elegant wie zielstrebig und weiß genau, was er will: Den Job als Etagenchef, die Zuständigkeit für Damen- als auch Herrenabteilung, und somit endlich ein ordentliches Gehalt und Einfluss. Doch statt ihm erhält sein Erzfeind, der Toupé-tragende Herrenmoden-Chef Don Antonio (Luis Varela) die Beförderung, der Rafael nun postwendend rauszuschmeißen versucht. Ein Streit entbrennt, der für Don Antonio tödlich endet - und bezeugt wurde von Lourdes (Monica Cervera), die einzige Verkäuferin seiner Abteilung, die Rafael aufgrund ihrer fehlenden Attraktivität bisher mit Nichtachtung gestraft hat. Von nun an nicht mehr: Lourdes nutzt ihr belastendes Wissen gnadenlos aus und erzwingt von Rafael Liebesschwüre und -dienste und macht ihm in kürzester Zeit das Leben zur Hölle.

Und ab diesem Zeitpunkt wird's dann leider auch ein bisschen langweilig. Klar dreht sich der Rest des Films darum, dass Rafael langsam durch dreht und einen Plan schmiedet, wie er seine Zwangs-Geliebte wieder los werden kann, doch abgesehen von dem schnörkellosen und einfallsreichen Showdown kann "Ein ferpektes Verbrechen" jenseits von Don Antonios Tod kaum noch überzeugen.
Zu konventionell und ohne zündende Ideen kommt der Rest der Handlung daher, zu sehr schleicht sich das Gefühl ein, dass hier Vieles ungenutzt bleibt: Der scharfsinnige Einblick in das Innenleben des Kaufhaus- und Verkäuferlebens ist ein toller Aufhänger und bietet ein paar gelungene Szenen zu Beginn, doch geht dieser Fokus zu schnell verloren. Ähnlich verhält es sich mit Rafaels vorgeblichem Perfektionismus: Seine zu Anfang dargelegte Weltsicht, dass für ihn alles makellos und vollkommen sein muss (und gerade deswegen ein Kaufhaus der einzig akzeptable Lebensraum für ihn ist), bleibt kaum mehr als Behauptung, es gelingt Regisseur und Autor Alex de la Iglesia nicht wirklich, diesen an sich zentralen Punkt für die Entwicklung seiner Hauptfigur angemessen zu transportieren (weshalb der titelgebende Witz mit dem nicht-perfekten Buchstabendreher im Wort "perfekt" symptomatisch auch recht wirkungslos verpufft).
Was jedoch am Schwersten ins Gewicht fällt: Was in den Ansätzen eine schwarze Komödie ist, in der eben genüsslich ein auf Makellosigkeit versessenes Weltbild und die schöne Scheinwelt der Kaufhäuser zerlegt werden soll, entpuppt sich gerade in dieser Hinsicht als zu harmlos. Sicher findet sich hier und da zynischer Biss und auch ein paar saftige Gemeinheiten sind dabei, vergleicht man das aber mit der Idealtypus-Sezierung, wie sie in Genre-Meisterwerken wie "Der Rosenkrieg" in gemeinster Genüsslichkeit zelebriert wird, dann erscheint "Ein ferpektes Verbrechen" einfach viel zu brav für sein eigenes Metier.

So bleibt nicht viel mehr als eine gute Idee, aus der man eindeutig mehr hätte machen können. "Ein ferpektes Verbrechen" ist recht nett, recht unterhaltsam und recht amüsant, aber eben nichts davon so richtig.


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