
Da haben wir ja Glück gehabt! So ganz sicher konnte man sich ja nach der Veröffentlichung des ersten Teils der „Dune“-Adaption von Denis Villeneuve nicht sein, ob die mittendrin abbrechende Handlung denn auch tatsächlich zu Ende erzählt werden würde. Und als das dann klar war, sorgte der große Streik in Hollywood schließlich dafür, dass sich die Wartezeit auf die Fortsetzung nochmal verlängerte. Aber auch das haben wir überstanden, und wenn ein Villeneuve sechs Jahre Arbeit in die (vorläufige?) Vollendung seines Werkes steckt, wollen wir uns mal über ein paar Monate länger rumsitzen und Däumchen drehen nicht beklagen. Die Vorfreude blieb natürlich und es dürfte wohl niemanden geben, der sich allzu große Sorgen macht, dass Teil Zwei nun plötzlich gegenüber dem Vorgänger massiv abfallen würde. Und das ist auch nicht der Fall, denn beide Filme wirken tatsächlich wie aus einem Guss.
Was eine durchaus bemerkenswerte Leistung ist, hat das Filmteam doch nicht wie sonst oft üblich einfach nach dem Abschluss der Dreharbeiten einfach direkt an Ort und Stelle weitergemacht, sondern die Sets überwiegend neu aufgebaut und auch einige Drehorte gewechselt. Und „Dune" ist diese Art Film bei der man auch als reiner Betrachter schon eine Ahnung davon bekommt, wie aufwändig und anspruchsvoll es gewesen sein muss, die Ideen des Romanautors Frank Herbert in dieser Form umzusetzen. So imposant präsentiert sich die Welt von Arrakis und den weiteren Schauplätzen, dass allein diese Bildgewalt fast ein Alleinstellungsmerkmal ist, das diese Filme heraushebt. „Fast“ weil sich mit James Camerons Pandora-Zyklus zumindest noch eine Franchise in der gleichen Liga bewegt, die aber in zumindest einem Aspekt nicht mit „Dune“ konkurrieren kann (und das vermutlich auch gar nicht will): Mit der genauso faszinierenden wie unbehaglichen Fremdartigkeit, die sich hier in praktisch jeder Einstellung ausbreitet, eine Welt die voller Wunder steckt, in der das Überleben aber auch eine ständige Herausforderung ist.
Und mit dem Überleben auf Arrakis beschäftigt sich die Fortsetzung nun noch deutlich mehr als der Vorgänger, denn deren erste Hälfte widmet sich fast ausschließlich dem Leben von Paul Atreides und dessen Mutter Jessica unter den einheimischen Fremen, bei denen die Beiden nach der Attacke der herrschsüchtigen Familie Harkonnen auf das Haus Atreides Zuflucht gefunden haben. Dass Paul dabei von einigen, unter anderem dem Anführer Stilgar, als der prophezeite Erlöser und Messias betrachtet wird, macht das Ganze nicht einfacher, sind die Erwartungen an ihn doch immens. Während seine Mutter die Verehrung ihres Sohnes sogar noch fördert, da sie den Interessen ihres Bene Gesserit-Ordens nützt, sehen andere wie die junge Chani den religiösen Kult eher skeptisch.
Und Paul? Der weiß lange Zeit nur, was er nicht will, nämlich den Vorstellungen bestimmter Leute entsprechen oder den geforderten Marsch nach Süden antreten, um ausreichend Anhänger für einen vermutlich viele Tote fordernden Krieg gegen die Besatzer einzusammeln. Die wiederum beraten auf ihrem (durch die starke Sonnenstrahlung außerhalb von Gebäuden jeglicher Farben beraubten) Heimatplaneten über den finalen Schlag gegen die Fremen und sind dabei mit den bisherigen Erfolgen des Statthalters Rabban eher unzufrieden. Weshalb nun Feyd, der Neffe des Barons mit der Mission beauftragt wird, ein Sprössling, der die anderen Familienmitglieder in Sachen Brutalität und Irrsinn noch ein ganzes Stück übertrifft.
Eine ausführlichere Beschreibung der Handlung ist eigentlich nicht erforderlich, denn da passiert im klassischen Sinne nicht viel. Paul und seine Mutter finden sich bei den Fremen zurecht, die Harkonnen-Sippe schickt einen neuen Superkämpfer und irgendwann steht halt die große, entscheidende Schlacht an. Einen Vorwurf kann man Regie bzw. Drehbuch daraus schlecht stricken, denn die halten sich letztlich ja nur an die Buchvorlage (und bei der einteiligen, deutlich kürzeren Verfilmung aus den Achtzigern fiel das naturgemäß nicht so auf). Und es bleibt auch die Frage, ob man dieses Nicht-Voranschreiten der Handlung überhaupt als echte Schwäche auslegen muss, wenn das Gezeigte dafür derart packend und intensiv vermittelt wird, wie es hier der Fall ist.
Sehr tief tauchen wir ein in das Leben derjenigen, die mit der sie umgebenden Wüste eine Art Symbiose eingegangen sind, und fühlen uns nach all den Wanderungen und Ritualen genauso bereit wie Paul, um sich schließlich den faszinierendsten Bewohnern dieser Welt zu stellen: Den riesigen Sandwürmern, von denen es einen zu „bezwingen“ gilt, indem man ihn dazu bringt einen als Reiter und Lenker zu akzeptieren. Mehrere Wochen Drehzeit für eine letztlich knapp drei Minuten lange Szene, die sich für uns als Publikum definitiv gelohnt hat – wobei es auch hier noch einmal zur Ehrenrettung von David Lynch zu bemerken gilt, dass dessen Inszenierung dieses Moments mit den Mitteln der achtziger Jahre damals auch schon ziemlich cool war.
Raffiniert auch der von Villeneuve gewählte Aufbau, einige Figuren, die durchaus schon im ersten Teil der Romanvorlage auftauchen, bei seiner Adaption konsequent für den zweiten Film „aufzusparen“, so dass es erst jetzt ein paar neue Mitspieler zu sehen gibt, die unter anderem die markanten Gesichtszüge von Christopher Walken (als Imperator) oder Florence Pugh (als dessen Tochter) tragen. Einige Charaktere blieben ja bereits im Auftakt auf der Strecke, bei den Darstellern, die nun erneut oder erstmalig mitwirken, gibt es aber keinen einzigen Ausfall zu verzeichnen, alle machen ihre Sache gut bis herausragend, wobei es das Charisma von Austin „Elvis“ Butler in der Rolle des psychopathischen Feyd herauszustellen gilt.
Dass ein Timothée Chalamet die Hauptrolle, die auch die größte Entwicklung durchläuft, zu schultern vermag wissen wir ja bereits, doch auch der wächst hier noch einmal mit den neuen Aufgaben. Denn es kommt ja irgendwann der Moment an dem deutlich werden sollte, dass der als sanfte und gutmütige Erlöserfigur aufgebaute Paul keineswegs so positiv gesehen werden muss, wie es das Klischee deutlich schlichterer Werke meist verlangt. Denn dass blinde Gefolgschaft gegenüber einem von höheren Mächten angeblich ausgewählten Heilsbringer selten zu guten Ergebnissen führt, ist ja eine der Kernbotschaften von Frank Herberts mit Religionskritik durchtränkten Romanen - eine Message, die bisherige Verfilmungen doch recht stark vernachlässigt haben.
Dass dem hier nicht so ist deutet sich nun also an, um es in aller Breite zu demonstrieren wäre allerdings mindestens noch eine weitere Fortsetzung nötig, die dann „Der Herr des Wüstenplaneten“ adaptiert. Dafür dürfte sogar ein Film reichen, doch wann Denis Villeneuve die Kraft dafür finden wird, sich erneut ans Werk zu machen, ist aktuell noch ungewiss. Das was er und sein Team mit den bisherigen beiden „Dune“-Filmen geschaffen haben, ist aber auch so schon ziemlich überragend.
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