Man darf wohl mit Fug und Recht behaupten, dass Ang Lees Version vom "Hulk" einer der meist gehassten Blockbuster der letzten Jahre war. Die Neugierde war zunächst groß, aber nachdem die Ersten gesehen hatten, welch seltsame Variante eines modernen Superheldenfilms der sonst immens erfolgreiche Regisseur da abgeliefert hatte, stürzte der Film an der Kinokasse gnadenlos ab. Nur wenige konnten sich anfreunden mit dem verkopften Drama, dessen gedehnter Erzählweise und den darin wie Fremdkörper wirkenden Spezialeffekten des computeranimierten grünen Goliaths. Da passte offensichtlich Einiges nicht zusammen und zumindest das Thema "Hulk" schien verbrannt für die eigentlich obligatorische Fortsetzung. Recht überrascht reagierte daher auch die Fachwelt, als die Marvel Entertainment Group nur kurz nach "Iron Man" auch einen neuen Film mit ihrer modernen Jekyll & Hyde-Variante ankündigte. Aber aus den Händen des Unternehmens, welches auch für die Comicvorlage verantwortlich zeichnet, wurde eine fanfreundlichere und mehr actionorientierte Umsetzung versprochen. Und genau das ist "Der unglaubliche Hulk" auch geworden.
Die Frage, wie man nun mit dem ungeliebten Vorgänger umgeht, wurde dabei elegant gelöst. Ohne sich direkt auf die Geschehnisse des Lee-Films zu beziehen, werden diese andererseits aber auch nicht negiert. Das bedeutet also, dass uns hier keine neue Ursprungs-Story präsentiert wird, sondern Bruce Banner (jetzt dargestellt von Edward Norton) zu Beginn des neuen Films bereits der "Hulk" ist, bzw. die Veranlagung sich bei großer Erregung in sein gewalttätiges Alter Ego zu verwandeln schon in sich trägt. Auf der Flucht vor den Verfolgern um General Ross (William Hurt), die seine Kräfte nur zu gern zur Entwicklung neuartiger Waffen nutzen würden, verschlägt es Banner dabei nach Mexiko, wo er als einfacher Fabrikarbeiter versucht ein unauffälliges Leben zu führen, während er sonst alle Konzentration in die Suche nach einem Gegenmittel steckt. Doch das Versteckspiel hat bald ein Ende, denn Bruce kann es auf Dauer nicht vermeiden Spuren zu hinterlassen und wird von seinen Häschern gestellt. Es beginnt eine Jagd durch verschiedene Länder, bei der schließlich auch Banners ehemalige Geliebte (Liv Tyler) und ein von der Armee genetisch verstärkter Supersoldat (Tim Roth) ins Geschehen eingreifen.
Die Ausgangssituation des neuen "Hulk" erinnert in ihrer Grundkonstellation an die alte Fernsehserie, bei der sich der Held in nahezu jeder Folge in einer neuen Kleinstadt verbarg, bevor er dort schließlich gestellt wurde. Das ist für einen einzelnen Film aber ein durchaus taugliches Szenario und die exotische Mittelamerikakulisse trägt auch erheblich zur gelungenen Atmosphäre der ersten halben Stunde bei. Geschickt wird dabei der erste Auftritt des grünen Ungetüms inszeniert, der lange Zeit im Schatten und nur andeutungsweise zu sehen bleibt, bevor man dann den ersten freien Blick auf den aktuellen "Hulk" in seiner ganzen Pracht bekommt. Der unterscheidet sich gar nicht mal so sehr von der ja nur wenige Jahre alten ersten CGI-Version, bietet aber doch erkennbare Fortschritte, vor allem im Bezug auf flüssigere Bewegungen.
Die weitaus größere Leinwandzeit steht aber erwartungsgemäß Edward Norton als Bruce Banner zu und mit dessen Besetzung setzt sich weiterhin der Trend fort, bewährte Charakterdarsteller für aufwändige Comicverfilmungen zu verpflichten. Norton, der laut Hörensagen sogar am Drehbuch beteiligt gewesen ist, bzw. sich zumindest engagiert mit den anderen Beteiligten um dessen Inhalt gestritten hat, hält sich dabei eher zurück und legt seine Figur recht sachlich und nüchtern an. Was als erfreulich zu bezeichnen ist, neigt der ohne Frage sehr talentierte Mime doch sonst bei seinen Darstellungen auch gern mal zum leichten Overacting und übertriebenen Grimassen schneiden. William Hurts General Ross entpuppt sich als eine Art Äquivalent zu Jeff Bridges' Gegenspieler von "Iron Man" und auch hier wertet so also wieder ein prominenter Altstar die Besetzungsliste auf.
Und wenn wir schon mal beim Vergleichen der beiden aktuellen Produktionen sind: Liv Tyler kann da mit Gwyneth Paltrow leider nicht konkurrieren, denn ihre Betty Ross ist wesentlich farbloser angelegt und wirkt eher wie das, was wir heutzutage eigentlich nicht mehr sehen möchten, nämlich als lediglich schmückendes Beiwerk. Die Szenen mit ihr nehmen regelmäßig das Tempo aus dem Film, und zwar mehr als bewusst gewollt sein kann. Die stark an "King Kong" erinnernde Höhlenszene zwischen ihr und dem tapsigen grünen Monster ist dabei noch die gelungenste und charmanteste.
Natürlich wird der Hulk auch hier wieder nur dosiert eingesetzt, die drei längeren Actionsequenzen mit ihm haben es allerdings in sich. Vor allem die große Schlacht auf dem Campus im Mittelteil des Films ist grandios inszeniert und gehört zum Stärksten und Überzeugendsten, was man in diesem Bereich in den letzten Jahren zu sehen bekam. Auch als sich im Finale dann noch ein zweiter übermenschlicher Gegner dazu gesellt wird natürlich mächtig aufgefahren, allerdings bewegt sich diese Klopperei zwischen den brüllenden Monstern dann doch schon sehr weit im Bereich dessen, was man als trashig oder "comic-haft" bezeichnen kann, und damit dürften dann zumindest größere Teile des Normalpublikums so ihre leichten Probleme haben.
Nicht aber die Fans der Comicvorlage, denn die dürften sich nun in der Tat genauso entspannt wie zufrieden zurücklehnen und in ihrer Meinung bestätigt sehen, dass man halt eh besser die fachkundigen Leute an so etwas ran lassen sollte. "Fachkundig" bedeutet dann in diesem Fall halt mal etwas weniger Tiefgang, aber dieser gradlinige "Hulk" ist allemal zu goutieren und bietet ein grundsolides und stark besetztes Actionabenteuer. Auch das zweite Werk der von Marvel nun selbst betriebenen Filmproduktionsfirma ist damit also als gelungen zu bezeichnen und sollte daher eigentlich auch trotz der Hypothek des umstrittenen Vorgängerfilms ein Erfolg werden. So ist zumindest der Plan und was da in Zukunft mit den noch bei Marvel selbst verbliebenen Filmrechten zu erwarten und möglich ist, wird dann in der Schlussszene auch erstmals angedeutet. Demnächst in ihrem Theater also Captain America, Thor und schließlich: Die Rächer.
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