Basic Instinct 2

Originaltitel
Basic Instinct: Risk Addiction
Land
Jahr
2006
Laufzeit
116 min
Release Date
Bewertung
3
3/10
von Frank-Michael Helmke / 9. Juni 2010

Nun ist es also doch passiert. 14 Jahre hat es gedauert, bis der große Skandalfilm der frühen 90er endlich zu einer Fortsetzung kam. 14 Jahre, in denen niemand wirklich auf ein Sequel gewartet hat, und in denen auch Sharon Stone alles tat, um es niemals soweit kommen lassen zu müssen. Womit jetzt zumindest zwei Dinge klar wären: Geldgeile Produzenten geben die Hoffnung niemals auf, mit dem Skandal von vorvorgestern auch heute noch ein paar Euro verdienen zu können; und Sharon Stone hat endgültig aufgegeben. All ihre Versuche, mit anderen Parts Anerkennung und Erfolg zu finden, scheiterten (abgesehen von ihrer grandiosen, Oscar-nominierten Vorstellung in Scorseses "Casino" 1995), und nach einem Jahrzehnt voller Flops und Enttäuschungen konnte Stone wohl nicht mehr anders, als die einzige Rolle anzunehmen, die ihr noch eine saftige Gage und ordentlich Publicity garantierte - die Rückkehr von Catherine Tramell.

Die undurchschaubare Krimi-Autorin, die anno dazumal Michael Douglas halb um den Verstand vögelte, ist nun also doch zurück, und spielt das selbe Spiel wie beim letzten Mal: Nachdem ein berühmter Fußballer bei einem Autounfall in London mit Catherine ums Leben kam, wird der aufstrebende Psychologe Michael Glass (David Morrissey) auf die Schriftstellerin angesetzt, um ein psychiatrisches Gutachten über sie zu erstellen. Trotz seiner Einschätzung, dass Tramell an "Risikosucht" leidet und eine Gefahr für sich und ihre Umwelt darstellen könnte, wird sie wieder auf freien Fuß gesetzt - und steht alsbald bei Glass vor der Tür, angeblich um sich bei ihm in Therapie zu begeben. Wer's glaubt, wird selig. Glass glaubt's trotzdem, und lässt sich von Catherine in ihr undurchschaubares Spiel hineinziehen, in dem es auch diesmal viel Sex und viele Morde gibt. Und die Spuren führen alle in eine Richtung ... oder doch nicht?

Die Macher von "Basic Instinct 2" betonen zwar gebetsmühlenartig, dass man einen eigenständigen Film machen und sich deutlich vom Original abheben wollte, das Endergebnis spricht jedoch eine andere Sprache. Genau genommen wird das Konzept Eins zu Eins wiederholt, lediglich mit ein paar Variationen, die der Sache leider ganz und gar nicht dienlich sind. Diese beziehen sich größtenteils auf die Hauptfigur Michael Glass, die den Film eigentlich tragen müsste, dazu aber leider überhaupt nicht in der Lage ist. Von seinem ersten Auftritt als seitengescheitelter Steifling an kämpft Darsteller David Morrissey bemüht, aber vergeblich um einen Hauch von Coolness und Präsenz, wird dabei jedoch im Stich gelassen von Drehbuch und Regie, denen scheinbar nicht daran gelegen ist, dem eigentlichen Protagonisten so etwas wie Profil oder eine gewisse Tiefe zu geben. Der Star der Show heißt schließlich Sharon Stone bzw. Catherine Tramell - da die jedoch als undurchschaubare Manipulatorin einzig aus Glass' Perspektive und in seinem Beisein zu sehen ist, kann der Film nicht allein auf ihren Schultern ruhen, ob er nun soll oder nicht.
So wird der Zuschauer alleine gelassen mit einer Hauptfigur, die selbst den Filmemachern ziemlich egal ist, und die man letztlich auch nicht wirklich verstehen kann. Während Michael Douglas' kaputter Cop im ersten Teil noch bestes Potential hatte, um sich von der heißkalten Femme Fatale einwickeln zu lassen, muss sich der biedere Psychologe hier aus eigener Dämlichkeit höchstselbst und ohne triftigen Grund ins Verderben reiten. Wenn Glass seine Patientin Tramell schon zu Beginn als notorische Lügnerin und doppelgesichtige Intrigantin beurteilt, ist es umso unglaubwürdiger, dass er sich für den Rest des Films ein ums andere Mal wie ein dummer Schuljunge von ihr verschaukeln lässt, wider besseren Wissens und überzeugender Beweise. Die scheinbar unüberwindliche Faszination, die von Tramell ausgeht und mit der sie jeden Menschen (egal ob Mann oder Frau) nach Belieben manipulieren kann, bleibt bloße Behauptung, auch wenn Sharon Stone noch so lasziv-raffiniert in die Kamera lächelt.

Teil Zwei versucht sich erfolglos am selben Ratespiel wie das Original, dem es gelang, die große Frage "War sie es oder war sie es nicht?" bis zum allerletzten Bild (und darüber hinaus) offen zu halten. Hier klappt das leider überhaupt nicht, ganz im Gegenteil: Mit einem angehängten Ende versucht man, nach bereits erfolgter (und die ganze Zeit abzusehender) Aufklärung noch eine völlig neue Täter-Variante zu etablieren - die jedoch, sofern man sie überhaupt ernst nimmt (was reichlich schwer fällt), den kompletten vorherigen Film ad absurdum führt.
Auf ähnliche Weise verheddert sich "Basic Instinct 2" in all seinen unbeholfenen Versuchen, es seinem Vorgänger gleichzutun, und scheitert dabei jedes Mal. Wen wundert's: "Basic Instinct" war auf Hochglanz polierter Edel-Trash, aber immerhin mit ein paar talentierten kreativen Köpfen versehen (Regisseur Paul Verhoeven, Drehbuch-Enfant Terrible Joe Eszterhas und der seinerzeit sexsüchtige Michael Douglas), die auf Teufel komm raus einen schmutzigen Skandalfilm hinlegen wollten, der einfach aufregen musste. Und das ist auch nachhaltig gelungen. Man muss von "Basic Instinct" nicht viel halten (und sollte das auch nicht), aber die Kombination aus Eispickel, Oralsex und fehlender Unterwäsche war ein genial kalkulierter Exploitation-Kracher mit Erfolgsgarantie.
Teil Zwei hat dieser gewagten Mischung leider nichts entgegen zu setzen. Das streckenweise peinlich amateurhafte Drehbuch lässt jeden Hauch von Cleverness vermissen, will spannend und verworren sein und ist dabei höchstens unausgegoren und ungewollt komisch. Eine fast schon lachhafte sexuelle Bildmetaphorik (Glass' Büro befindet sich in einem wahren Phallus von Gebäude, die Fensterfront des Raums wird dominiert von zwei Stahlträgern, die wie die geöffneten Beine einer Frau anmuten) bemüht sich wie der gesamte Film verkrampft und ohne Erfolg, auch nur einen Hauch der verruchten Grundstimmung des Originals zu erreichen. Und schließlich wirken auch die sexuellen Eskapaden so, als hätte man sie aus reinem Pflichtbewusstsein eingebaut, weil das halt erwartet wird. Selbst die blasse Erinnerung an Douglas' und Stones Oral-Orgie von vor 14 Jahren ist skandalöser (und aufregender) als diese Nummernrevue.

Letztlich ist "Basic Instinct 2" also eigentlich genau der Film geworden, den man erwartet hat: ein nichtssagendes, irrelevantes und überflüssiges Teil, schlecht gedacht und schlecht gemacht, und eben einzig dazu da, um Sharon Stone und den Produzenten das bisschen Knete zu verschaffen, was hier noch rauszuholen ist. Doch auch wenn sich Stone mit bewundernswertem Einsatz in die Rolle schmeißt und die vielen Gesichter der Catherine Tramell wieder überzeugend einzufangen weiß, so bleibt ihre unwiderstehliche Verführungskraft aus dem Original dennoch auf der Strecke, und der vornehmliche Eindruck von ihr ein tragischer. Mit ihren Silikon-verstärkten Brüsten und dem frisch Botox-geglätteten Gesicht wirkt Stone genau wie das, was sie ist: eine fast 50-jährige Frau, die um jeden Preis versucht, immer noch jung und sexy auszusehen. Wie hieß es so treffend in Cameron Crowes "Singles": Verzweiflung ist das schlechteste Parfum der Welt.


Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.