Arrowsmith

MOH (24): 5. Oscars 1932 - "Arrowsmith"

In unserer Serie "Matthias' Oscar History" (MOH) bespricht Matthias in jeder Folge jeweils einen der zwischen den Jahren 1929 und 2000 nominierten Oscar-Beiträge aus der Kategorie "Bester Film".

von Matthias Kastl / 5. Dezember 2023

In der letzten Folge war es im Drama "Spätausgabe" um den Idealismus der Hauptfiguren ja nicht gerade gut bestellt. Ganz anders kommt unser heutiger nominierter Beitrag der Kategorie "Outstanding Production" der fünften Academy-Awards (1932) daher, in dem ein vom Idealismus besessener Arzt eine tödliche Seuche bekämpft. An seiner Seite: Regielegende John Ford.


Arrowsmith

Land
Jahr
1931
Laufzeit
108 min
Genre
Regie
Release Date
Oscar
Nominiert "Outstanding Production"
Bewertung
6
6/10

Jeder fängt mal klein an. So ist es eine der kleinen Freuden dieser Reihe, auf die Frühwerke einiger ganz großer Filmlegenden zu stoßen. Bereits in der Stummfilmzeit hatte sich Regisseur John Ford im Western-Genre einen Namen gemacht, das er später mit Werken wie "Der schwarze Falke“ und "Der Mann, der Liberty Vance erschoss“ für immer prägen sollte. Auf dem Weg dahin verließ er 1931 mit "Arrowsmith“, einem seiner ersten Tonfilme, allerdings vertrautes Genre-Terrain.

Der Film schildert die Geschichte des idealistischen Mediziners Martin Arrowsmith (Ronald Colman), der nach der Heirat mit der Krankenschwester Leora (Helen Hayes) eine Arbeit als Landarzt antritt. Die große Leidenschaft Arrowsmiths, die Erforschung und Entwicklung eines Heilmittels gegen eine tödliche Tierkrankheit, lockt ihn aber schließlich zu einem renommierten Forschungsinstitut nach New York.

Ein Stück von Fords Wilden Westen steckt auch in “Arrowsmith“. Der unbändige Entdeckergeist der Hauptfigur wird zu Beginn mit dem Pioniergeist dessen Großmutter erklärt, die im Wilden Westen unerschrocken ihren Weg ging. Arrowsmiths Weg geht allerdings auch geographisch noch ein deutliches Stückchen weiter, denn nach einer eher beschaulichen ersten Hälfte in der Rolle des Landarztes darf er im zweiten Abschnitt eine tödliche Seuche auf den westindischen Inseln bekämpfen. Unser Hauptfigur wird dabei auf seiner Reise als intelligenter und charismatischer kleiner Nerd gezeigt, der souverän die Karriereleiter hochklettert und Kritik dabei stets möglichst cool und gerne auch ironisch an sich abtropfen lässt.
 


In der ersten Hälfte des Filmes ist das durchaus unterhaltsam, gerade im Kontext der typischen Fish-out-of-water-Story des hyperintelligenten Arztes auf dem Land. Da verzeiht man dann auch, dass die Handlung teils ungelenk hin und her springt und manch bedeutender Plot Point, wie Arrowsmiths Hochzeit, schon eher lieblos abgefrühstückt wird. So charmant aber die schnippisch-überhebliche Art von Martin lange Zeit auch ist, im späteren Verlauf entpuppt sich dessen maximale Coolheit auch als Problem. So richtig nah kommt man dieser Figur nie, und wenn dann in der zweiten Hälfte des Filmes ganz große moralische Fragen aufgeworfen werden (darf ich das Leben eines Menschen opfern, um das eines anderen zu retten?), wirkt seine Figur einfach zu eindimensional und unernst dafür. Mal abgesehen davon, dass das Porträt und der Umgang des Filmes mit der indigenen Bevölkerung der westindischen Inseln aus heutiger Sicht freundlich ausgedrückt etwas problematisch ist.

Und auch die begrenzte Anteilnahme am tragischen Schicksal seiner eigenen Frau rückt Martin nicht gerade in ein gutes Licht. Würde der Film seine Hauptfigur und deren Motive kritischer hinterfragen, wäre all das ja kein Problem. Doch es scheint den Machern hier mehr daran zu liegen, diesen am Ende doch noch möglichst heldenhaft und cool dastehen zu lassen. Was bleibt ist so ein zwar thematisch immer noch durchaus interessanter Film, der am Ende aber mit der Wucht der von ihm selbst gestellten moralischen Fragen schon deutlich überfordert ist – vor allem aus heutiger Sicht.
 


Das man mit John Ford hier wiederum eine zukünftige Regielegende hinter der Kamera hat deutet sich dabei nur durch ein paar vereinzelt eingestreute schöne Bildkompositionen an. So taugt “Arrowsmith“ dann auch nur bedingt als faszinierender Einblick in die Entwicklung von Fords Karriere. Stattdessen wirkt der Film eher wie eine routinierte Auftragsarbeit eines Regisseurs, der seine Erfüllung in den unendlichen Weiten der Prärie und nicht in den sterilen medizinischen Laboren dieser Welt finden sollte.

"Arrowsmith" ist aktuell als DVD auf Amazon in Deutschland verfügbar.
 

Ausschnitt aus "Arrowsmith". Unser guter Doktor bringt ein Kind zur Welt und trifft seine zukünftige Ehefrau.


Ausblick
In unserer nächsten Folge outet sich der Autor dieser Zeilen als Liebhaber zuckersüßen Pathos, auch wenn das am Ende zu einer umstrittenen Wertung führt.

 


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