Man könnte mittlerweile schon von einem neuen Genre sprechen, dem "gelangweilte Frauen-Kostümfilm". Im Mittelpunkt steht meistens ein aus gut bürgerlichem Hause stammendes junges Mädchen, welches sich oftmals durch ihr loses Mundwerk und eine nicht zu verleugnende Attraktivität auszeichnet. Und natürlich taumeln die Protagonistinnen dieser Geschichten durch die Irrungen und Wirrungen ihrer eigenen Gefühlswelt und auch durch die schwelgerischen Landschaften Englands des 19. Jahrhunderts. Egal ob Elinor und Marianne Dashwood aus "Sinn und Sinnlichkeit", Elizabeth 'Lizzie' Bennet aus "Stolz und Vorurteil" oder auch "Emma". Sie alle sind aufmüpfige, zum Teil auch sture Frauen, die gegen die damaligen männlich geprägten Gesellschaftsvorstellungen auf ihre Art und Weise rebellierten. In dieses Panoptikum darf sich nun auch die kindlich verspielte Angel Deverell (Romola Garai) - zur Abwechslung mal keine Figur aus einem Jane Austen-Roman - einreihen. In Francois Ozons neuem Kinofilm "Angel" ist sie Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Als 18-jährige hat Angel nur einen einzigen Traum. Sie will Schriftstellerin werden. Eine große, berühmte Schriftstellerin. Doch bis auf Angel selber glaubt niemand so recht an die Fähigkeiten der jungen Frau. Einzig und allein der Londoner Verleger Theo (Sam Neill) zeigt sich von der Kraft von Angels erstem Manuskript beeindruckt. Unter den kritischen Augen von Theos Frau Hermoine (Charlotte Rampling) beginnt ein fast schon märchenhafter Aufstieg Angels in der englischen Klassengesellschaft. Bald hat sie alles: Geld, Anerkennung, Freunde und eine Liebesbeziehung zu dem Künstler und Maler Esme (Michael Fassbender). Doch so kometenhaft ihr Aufstieg war, beginnt schon bald ein tiefer Abstieg, der den Menschen Angel innerlich und äußerlich entkräften wird. Francois Ozon wird von der internationalen Kritik, die seine Werke und ihn meistens frenetisch feiert, auch oft und gerne als neuer Fassbinder hingestellt. Und tatsächlich schuf der Franzose mit seinen jüngsten Filmen ein großes Werk nach dem anderen. Dabei versteht sich der 40-jährige vor allem auf das Inszenieren von Frauengeschichten. In "Unter dem Sand" und "Swimmingpool" ergründete er die weibliche Sinnlichkeit an Charlotte Rampling, die durch Ozon wieder international Beachtung fand. Spätestens aber mit seinem knallbunten Krimi-Musical "8 Frauen" stellte er unter Beweis, dass er auch die größten Diven des französischen Kinos bändigen kann. Es galt lange Zeit als unmöglich, Catherine Deneuve und Isabelle Huppert gemeinsam vor die Kamera zu bekommen. Und selbst in seinem letzten tief bewegenden Film "Die Zeit die bleibt" zeigte Francois Ozon, dass er auch eine Männergeschichte aufregend erzählen kann und ihr eine neue Seite abgewinnt. Mit "Angel" bewegt sich Ozon nun wieder in fremdes Gewässer, denn er filmte zum ersten Mal komplett in englischer Sprache. Als Grundlage diente ihm die Novelle "The Real Life of Angel Deverell" von Elizabeth Taylor. Doch leider schafft es das französische Wunderkind dieses mal seltsamerweise nicht, dieser Geschichte seine ihm doch so charakteristische Handschrift aufzudrücken. Viel mehr liefert er einen braven Kostümfilm ab, der sich viel zu sehr der genreüblichen Konventionen hingibt. |
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