In einer tief verschneiten Landschaft steht ein einsames Landhaus, davor sucht ein Reh nach Nahrung unter der Schneedecke. Die friedliche Idylle, die an einen verspäteten weihnachtlichen Werbespot erinnert, täuscht jedoch: Im Haus liegt ein Mann mit einem Messer im Rücken. Als Täter kommen acht Frauen in Frage - aber nicht irgendwelche. Hinter den möglichen Mörderinnen verbirgt sich die Crème de la Crème des französischen Films: War es die Ehefrau (Catherine Deneuve), ihre neurotische Schwester (Isabelle Huppert in einer komödiantischen Glanznummer), ihre älteste Tochter (Virginie Ledoyen), das Hausmädchen (Emmanuelle Beart), oder die Schwester des Ermordeten (Fanny Ardant)? Jede von ihnen hat mindestens ein Mordmotiv...
Der Plot ist eine klassische whodunit-Geschichte. Francois Ozons "8 Femmes" ist aber weniger ein spannender Krimi, als ein großartiges Kammerspiel in bonbonfarbigen 50er-Jahre-Kostümen, durchwoben von Musikeinlagen und natürlich mit phantastischen Darstellerinnen. Es passt perfekt in das derzeitige Fifties-Revival mit Songs und Videos wie Robbie Williams' "Something Stupid". Die Kostüme von Pascaline Chavanne orientieren sich an Modellen von Dior und setzen insbesondere Deneuve und Ardant glamourös und mondän in Szene.
Beim Anblick Ozons stellt sich zwangsläufig die Frage, wie ein derart jugendlich und harmlos wirkender Mann am Set neben seiner Rolle als Regisseur die eines Löw(inn)enbändigers ausfüllen konnte. Denn die Schwierigkeit im Umgang mit acht Diven klingt schon auf der Berlinale an - Isabelle Huppert ist zwar angereist, erscheint jedoch nicht zur Pressekonferenz. Catherine Deneuve kommt immerhin, aber erst nach 40 Minuten. Und obwohl Ledoyen und Deneuve ihre gegenseitige Wertschätzung versichern, ist eine gleichberechtigte Behandlung angesichts der Star-Aura, die die Deneuve umgibt, ohne sie überheblich wirken zu lassen, nur schwer vorstellbar.
Was auch immer Ozons Geheimnis ist, er hat es geschafft, mit dem Ensemble, zu dem außerdem die große alte Dame des französischen Films Danielle Darrieux sowie Firmine Richard und Nachwuchsstar Ludivine Sagnier gehören, einen Film zu schaffen, der eine Liebeserklärung an jede ein-zelne dieser Frauen ist - und in dem jede einzelne Schauspielerin eine gehörige Portion Selbstironie an den Tag legt. Isabelle Huppert als verklemmt-neurotische Schwester beweist Mut zur Hässlichkeit und outet sich - ihre Filme, wie zuletzt die "Klavierspielerin", hätten es nie vermuten lassen - sogar als Komikerin.
"8 Femmes" ist perfekte Unterhaltung. Welche der femmes fatales schließlich als Mörderin des Mannes, der in diesem reinen Frauenfilm übrigens gesichtslos bleibt, überführt wird ist beinahe nebensächlich und schnell vergessen, weil es viel zuviel Spaß macht, den vermeintlichen Mörderinnen in der vielmehr ver- als entwirrenden Handlung zuzusehen.
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