Dass am renommierten MIT nicht gerade die dümmsten Köpfe ein- und ausgehen, dürfte bekannt sein. Doch Ben Campbell (Jim Sturgess) spielt noch mal in einer anderen Liga. Der Mathematik-Student ist unglaublich begabt, opfert aber auch das Gros seiner Freizeit für das College. Bens großes Ziel heißt Harvard, doch um dort studieren zu können, benötigt man entweder reiche Eltern oder ein Stipendium. Über erstere verfügt er nicht und um letzteres streitet er sich mit mehreren Dutzend Mit-Bewerbern. Sehr gelegen kommt ihm da das Angebot des von seinem Talent begeisterten Professors Mickey Rosa (Kevin Spacey): Ben soll einem Black Jack-Club beitreten, bestehend aus Rosa und vier weiteren Studenten, deren Ziel es ist, ein Casino nach dem anderen um ein paar Millionen zu erleichtern. Die hochbegabten Mathe-Asse haben ein todsicheres Verfahren zum Kartenzählen entwickelt, das ihnen Aufschluss darüber gibt, ob ein Tisch "heiß" oder "kalt" ist. Ben willigt trotz einiger Bedenken ein und fliegt von nun an jedes Wochenende nach Las Vegas. Nur 300.000 Dollar, für Harvard - dann soll Schluss sein. Doch natürlich kommen die Dinge ganz anders.
"21" konnte sich nach Start zwei Wochen an der Spitze der US-Kinocharts halten und wird am Ende ein Vielfaches seiner Kosten wieder einspielen. Und schlecht ist sie auch gar nicht, die vierte größere Regie-Arbeit von Robert Luketic ("Natürlich blond", "Das Schwiegermonster"). Nur dummerweise trägt er daran wohl den geringsten Anteil. Dass "21" einigermaßen gelungen ist, erscheint eher wie ein glücklicher Zufall.
Die ersten Minuten deuten an, dass in diesem Film nicht alles eitel Sonnenschein sein wird, doch schlägt die erste Film-Hälfte insgesamt einen sehr lockeren Ton an, erinnert im Stil an die "Ocean's"-Reihe. Das ist alles nett anzusehen, wie die Mathe-Geeks ihre Strategie austüfteln, manch witziger Spruch fällt, und der Plan schließlich auch in die Tat umgesetzt wird, was zunächst blendend funktioniert. Nach etwa einer Stunde mutiert "21" jedoch von der seichten Komödie zum Drama und an dieser Stelle gehen den Autoren dann auch die Ideen aus: Ärger im Team, Auseinandersetzungen mit dem Security-Chef (Laurence Fishburne), Liebes-Geplänkel, Verlust der Kontrolle, Entfremdung von den alten Freunden - das ist alles nicht neu und dass es scheinbar in der Katastrophe mündet schon gar nicht.
Sobald die relaxte Stimmung umschlägt in Hektik, Furcht und Misstrauen verliert "21" spürbar an Substanz. Glaubwürdigkeit ist auch so ein Problem: Um Karten zählen und die Casinos "betrügen" zu können, sollte man schon mindestens Mensa-Mitglied sein. Doch die Methode, die hier im Film angewendet wird, erscheint zumindest auf den ersten Blick dann doch relativ simpel.
Luketic selbst passt sich dem niedrigen Niveau der zweiten Film-Hälfte leider an. Seine Inszenierung bleibt ideenlos, ja, teilweise wirkt sie fast unbeholfen. Da läuft fast jede Szene in Zeitlupe ab, alles wird irgendwie bedeutsamer gemacht als es eigentlich ist und mit 08/15-Effekten angereichert, die im Grunde in Ordnung gehen, in der Masse jedoch sehr bald ihre Wirkung verlieren. Und was Luketic gegen Ende als Verfolgungsjagd anbietet, ist in Anbetracht der fehlenden Rasanz und vor allem der albernen Sound-Effekte, wenn einer der Verfolgten oder Verfolgenden um eine Ecke biegt, fast schon peinlich.
Die Stars in diesem Werk müssen also andere sein. Da hätten wir einen Soundtrack, der das Geschehen in den meisten Momenten sehr atmosphärisch begleitet, obwohl jemand, der sein Handwerk richtig versteht, eine bedeutend bessere Harmonie aus Bild und Ton hätte hervorbringen können. Natürlich ist auch ein Kevin Spacey - wie immer - ein Argument für den Kinobesuch, auch wenn seine Glückssträhne, was richtig gute, Oscar-verdächtige Rollen anbelangt, vor ein paar Jahren gerissen zu sein scheint. Die für ihren Auftritt als Lois Lane in "Superman Returns" von der Kritik verrissene Kate Bosworth erhält hier Gelegenheit zur Rehabilitierung. An ihrer Darbietung als weibliche Hauptfigur, die besonders für Ben von großem Interesse ist, lässt sich auch nicht wirklich etwas aussetzen.
Und schließlich ist da Jim Sturgess, der einem größeren Publikum noch nicht wirklich bekannt ist und sich ebenfalls wacker schlägt. Lediglich die Zeitlupen hätte man ihm ersparen sollen. So ein talentierter Mime ist er nun auch wieder nicht, als dass man kleine Ewigkeiten auf seinem Gesicht verharren müsste. Laurence Fishburnes Vorstellung fällt ähnlich wie die von Spacey in die Rubrik "solide".
Vielleicht sollte sich Robert Luketic wieder auf das Genre besinnen, das ihm besser liegt, hat er doch 2004 mit "Total verknallt in Tad Hamilton" eine erstaunlich sympathische Liebes-Komödie abgeliefert. Gäbe es nicht den namhaften Cast, die nette Musik und den immer wieder begeisternden Anblick von Las Vegas (wobei auch hier gilt, dass ein talentierter Regisseur mit fähigem Kameramann im Gepäck sicher richtig beeindruckende Bilder zustande gebracht hätte), so wäre "21" keinen müden Cent wert. Doch da das alles nun mal vorhanden ist, sind es vor allem die netten Schauwerte und -spieler, die dem Film in akzeptable Qualitäts-Sphären verhelfen. Um in der Sprache von "21" zu sprechen: kein Black Jack, aber immerhin nicht "überkauft".
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