Heutzutage gibt es viele Wege, Berühmtheit zu erlangen. Die einen haben ein besonderes musikalisches Talent, die anderen herausragende schauspielerische Fähigkeiten. Wieder andere werden von neun Kugeln durchlöchert und überleben. Wie beispielsweise Curtis Jackson, der anschließend als 50 Cent zu einem der größten Rapstars der letzten Jahre wurde. Die Medien feierten dabei nicht 50 Cent den Rapper, sondern 50 Cent den Kugelfang. Dass sein erster Film „Get Rich Or Die Tryin’“ ausgerechnet mit dem Massaker anfängt, welchem er in erster Linie seinen enormen Bekanntheitsgrad zu verdanken hat, passt perfekt ins Bild von 50 Cent, dem Marketingphänomen. Als Sohn einer Drogendealerin geboren, nach deren Ermordung selbst Drogendealer geworden, von neun Kugeln getroffen und am siebten Tage wieder auferstanden, um ein rappender Multi-Millionär zu werden.
In Flashbacks erzählt der Film ausgehend von einem neunschüssigen Vorfall die Geschichte von Marcus, der als kleines Kind ein angenehmes Leben führen kann, da seine Mutter mit Drogen dealt. Nachdem diese ermordet wurde, muss er mangels eines fürsorglichen Vaters zu seinen Großeltern ziehen. Um seinen exklusiven Lebensstandard zu erhalten, wird Marcus selbst ein Kleingangster und Drogendealer wie seine Mutter. Dies führt zwangsläufig zu einem Aufenthalt im Gefängnis. Dort lernt er Bama kennen, der ihm nicht nur das Leben rettet, sondern fortan auch als sein Manager tätig ist. Nach seiner Entlassung kümmert sich Marcus zwar stärker um das Rappen, lässt das Gangsterleben jedoch nicht sein und macht munter damit weiter. Dadurch zieht er sich den Unmut von Majestic zu, der ebenfalls seine Hände im Drogengeschäft hat und die Straßen nur zu gern für sich alleine hätte…
Die Lebensgeschichte von 50 Cent, die hier in lediglich leicht fiktionalisierter Form wiedergegeben wird, bietet optimale Voraussetzungen für einen interessanten Film, scheitert aber unter anderem an dem lieblos zusammengeschusterten Drehbuch, das auf Banalitäten wie Charakterentwicklung oder -tiefe gänzlich verzichtet. Die Motivation des Protagonisten, aufgrund der er sein altes Leben hinter sich lassen und Rapper werden will, kann man lediglich erahnen. Von möglicher Leidenschaft und Kreativität erfährt man im Film nichts. So wird der Zuschauer im Glauben gelassen, Marcus wolle nur ein erfolgreicher Musiker werden, weil sich so noch einfacher Geld verdienen lässt als mit Verbrechen. Vorausgesetzt, man hat den entsprechenden kriminellen Hintergrund.
Die Regel ist einfach: Die Harten kommen in den Garten, die Weichen werden zu Leichen. Im Garten erwarten den Gangster willige Weiber, dicke Schlitten, teure Klunker und massig Drogen. Behaupten zumindest die Videos auf MTV, Lehrmittel für die Gangsterschüler aus Brooklyn, Compton oder Berlin-Kreuzberg. 50 Cent ist ihr Professor: Ein Selfmade-Man, der den Aufstieg vom kleinen Drogendealer zum schwerreichen Rap-Superstar geschafft hat und nun mit diesem Film den perfekten Leitfaden für ein Gangsterleben im Ghetto veröffentlicht. Respekt ist dort das Wichtigste – bist du respektlos, bist du bald Geschichte. Waffen, Autos und Schmuck sind Statussymbole, auf die nicht verzichtet werden sollte. Verbrechen sind in Ordnung, solange man immer freundlich bleibt. Bei Widersachern wird Gewalt angewendet – meistens ist das ja Notwehr. Immer schön mutig bleiben.
Die Glorifizierung dieses Lebensstils erreicht ihren Höhepunkt, wenn Marcus seinem Großvater verkündet, er sei ein Gangster und verdammt stolz darauf. Weiter hinten spendet AggroBerlin begeistert Applaus. Mit der Knarre in der Hand und dem Scarface-Poster an der Decke lässt es sich leicht Gangster sein.
Immerhin hat 50 Cent seinen rappenden Kollegen durch die neun Kugeln wenigstens zwei im Business heutzutage unverzichtbare Dinge voraus: Glaubwürdigkeit und Authentizität. Durch seine Besetzung als Hauptdarsteller hat man allerdings einiges an Potential verschenkt. Wie soll sich der Zuschauer für einen Protagonisten interessieren, der keine Emotionen vermitteln und sich kaum artikulieren kann? Mit einer gen Null tendierenden mimischen Ausdrucksfähigkeit von knapp drei Gesichtsausdrücken ausgestattet, nuschelt sich 50 Cent mit ewig montoner Stimme durch den Film und lässt dabei selbst Steven Seagal wie einen Charakterdarsteller aussehen.
Die anderen Schauspieler spielen 50 in jeder Szene an die Wand, und wenn er mal in einer Szene alleine agiert, wird er selbst von der Wand an selbige gespielt. Zwischen seinen talentierten Kollegen wirkt er so fehl am Platz wie Rammstein auf den Hip Hop Open. Man sollte einen miserablen Schauspieler keinen Film alleine tragen lassen, selbst wenn er ein berühmter Rapper ist.
Handwerklich kann man Regisseur Jim „Bling Bling“ Sheridan hingegen keinen Vorwurf machen – die Optik stimmt, der Film sieht besser aus als er ist. Dass Sheridan ein fähiger Mann ist, hat er mit Filmen wie „In America“ und „Im Namen des Vaters“ längst bewiesen. Aber aus einem hässlichen Entlein einen schönen Schwan zu machen, war auch ihm nicht vergönnt. Würde man mit etwas gutem Willen über den lausigen Hauptdarsteller und das mangelhafte Drehbuch hinwegsehen, könnte man „Get Rich Or Die Tryin’“ als misslungene Mischung aus Semi-Biographie und Gangsterepos abstempeln und schnell vergessen, wenn da nicht die ganzen verwerflichen Aussagen über das Gangsterleben wären.
Der Film ist zwar vordergründig belanglos, seine Botschaft jedoch mehr als nur erschreckend. Verbrechen werden verherrlicht und dem Zuschauer wird suggeriert, dass man es als Gangster relativ leicht zu Reichtum und Wohlstand bringen kann. Ein wahrlich großartiges Vorbild für die heutige Jugend. Glückwunsch an 50 Cent - seine Mama wäre stolz auf ihn.
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