Alle guten Dinge sind nicht drei. Zumindest im Falle von Frank Darabont, dessen neueste Stephen King-Verfilmung leider nicht an die Qualität ihrer beiden illustren Vorgänger heranreicht. Mit "Die Verurteilten" und "The Green Mile" bediente sich Darabont in den 90ern ja auf beeindruckende Weise gleich zweimal aus dem großen Repertoire des "Master of Horror". Doch ein krudes Drehbuch, das nur mit mittelmäßigem Erfolg Gesellschaftskritik mit B-Movie-Horrorzutaten mixt, und zweitklassige Computereffekte führen leider zum Ende dieser kleinen Erfolgsgeschichte. Da darf man sich dann auch nicht von einem der kompromisslosesten Filmenden der Kinogeschichte blenden lassen, letztendlich ist "Der Nebel" über weite Strecken nur ein eher durchschnittliches Kinovergnügen.
Gar kein Vergnügen ist auf jeden Fall der heutige Supermarktbesuch für David Drayton (Thomas Jane) und dessen kleinen Sohn Billy (Nathan Gamble). Ein mysteriöser Nebel zieht nämlich in deren benachbarte Kleinstadt und hüllt damit auch den besagten Supermarkt in eine undurchsichtige weiße Wolke. David und die weiteren Kunden des Ladens sind erst verwirrt und dann schon bald verstört, denn der Nebel scheint nicht nur die Sichtverhältnisse sondern auch die eigenen Überlebenschancen drastisch zu verringern. Wer den Supermarkt verlässt, präsentiert sich nämlich den dort lebenden mysteriösen Kreaturen auf einem silbernen Tablett. Während draußen der Tod lauert beginnt drinnen schon bald die Diskussion über die richtige Vorgehensweise, bei der unter anderem religiöse Fanatikerinnen (Marcia Gay Harden) auf rationale Supermarktangestellte (Toby Jones) treffen. Zusammen mit der attraktiven Amanda (Laurie Holden) erkennt David so schon bald, dass die Gefahr nicht nur vor der Tür lauert.
Darabonts bisherige Filme, allen voran "Die Verurteilten" und "The Green Mile", zeichneten sich vor allem durch ihre wundervolle Figurenzeichnung aus. Sehr viel Gefühl, Ruhe und Zeit nimmt sich Darabont normalerweise für seine Geschichten und deren Protagonisten, und beweist dabei stets ein exzellentes Auge für selbst kleinste Nuancen. Viel ist von dieser bemerkenswerten Fähigkeit in "Der Nebel" aber leider nicht mehr zu sehen, und das bringt uns schon sehr schnell zu dem Hauptproblem des Films. Denn im Umfeld von mordlüsternen Riesenkraken und religiösen Fanatikern bleibt natürlich nicht viel Raum für ruhige Passagen, was es wiederum sehr schwer macht für Darabont, seine größten Trumpfe auszuspielen.
Jetzt sagt man sich natürlich: "Na und, lass den Darabont doch mal einen unterhaltsamen Horrorschocker inszenieren". Wenn die Anzahl der Protagonisten sowieso immer alle fünf Minuten halbiert wird, ist eine nuancenreiche Figurenzeichnung doch nun wirklich ziemlich unnötig. Stimmt auch. Das Problem ist nur, dass der Film nicht wirklich viel überzeugenden Horror liefert und stattdessen im Verlauf stärker den Fokus auf den Konflikt zwischen den Figuren setzt. "Die Viecher im Nebel sind Nebensache" sagte Darabont in einem Interview, und das merkt man dem Film auch an. Der konzentriert sich nämlich hauptsächlich auf den Konflikt zwischen religiösen Fanatikern und den etwas bodenständigeren "Ungläubigen".
Das hier ein deutlicher Kommentar zur aktuellen amerikanischen Gesellschaft abgegeben werden soll, ist mehr als offensichtlich, darf man sich doch gleich mehrmals ausführliche Reden der fanatischen Mrs. Carmody anhören. Da werden nun natürlich gleich Erinnerungen an das original "Dawn of the Dead" wach, bei dem in einem ähnlichen Setting ebenfalls Horror mit Gesellschaftskritik kombiniert wurde. Leider ist "Der Nebel" aber dabei deutlich weniger erfolgreich.
Die Idee zu diesem Konflikt hat zwar durchaus ihren Reiz, wird aber in ihrer filmischen Ausführung eher zu einem Ärgernis als zu einem Bonus. Zum einen reitet der Film zu ausführlich und zu ernst auf dieser Thematik herum, was nicht wirklich zu seinem restlichen Flair passen will. Sehr schnell entwickelt "Der Nebel" nämlich den Eindruck eines eher ironisch gemeinten B-Movies, was nicht nur an der abgedrehten Handlung und manch sarkastischem Kommentar der Protagonisten, sondern vor allem an den zweitklassigen Effekten liegt. Wenn zum Beispiel die Riesenkrake zum ersten Mal zupackt, dann kann man angesichts der Qualität der Effekte nur schwer das Grinsen zurückhalten. Hier weht nicht nur ein Brise, sondern gleich ein ganzer Sturm von "B-Movie" durchs Kino. Die Effekte bessern sich zwar mit der Dauer ein wenig, kommen aber auch später immer noch zu offensichtlich aus dem Computer. Das steigert nun zwar den humorigen Trashfaktor, will aber eben nicht so wirklich zu der stockernst vorgetragenen Gesellschaftskritik passen.
Zum anderen zehrt dann auch nicht nur der x-te Monolog der fanatischen Mrs. Carmody bald an den Nerven, der ganze Konflikt ist auch einfach zu simpel dargeboten, um wirklich fesseln zu können. Ausgerechnet Darabont gelingt es nicht seine Figuren interessant zu gestalten. Mehr als die beiden Attribute "Fanatiker" und "Rationaler" werden nämlich nicht vergeben, da der Film einfach zu viele Figuren besitzt und kaum eine davon von ihrer Oberflächlichkeit befreien kann.
Die Folgen sind für das Publikum eher ernüchternd. Wer von Darabont eine weitere packende Geschichte und faszinierende Figuren erwartet hat, wird von der oberflächlichen Figurenzeichnung und dem einfach gestrickten zentralen Konflikt enttäuscht sein. Und wer ins Kino gekommen ist um sich einfach mal gruseln zu lassen oder um Blut spritzen zu sehen, der muss sich mit erstaunlich langen "Durstphasen" zufrieden geben. Denn erst im letzten Drittel kommt man hier so einigermaßen auf die Kosten, wobei wirklich überzeugende Schockmomente und einfallsreiche Splatterszenen auch hier eher Mangelware sind.
Sicher, es ist angenehm in einem Horrorfilm nicht mit dummen Blondchen überflutet zu werden und stattdessen eine ganze Reihe guter und frischer Gesichter auf der Leinwand zu erblicken. Ebenso kann man nicht behaupten, dass dem Film nun jeglicher Unterhaltungswert fehlt. Doch gerade von Darabont hätte man dann eben doch etwas mehr als einen durchschnittlichen Mix aus zu simpler Gesellschaftskritik und nur stellenweise überzeugendem Horror erwarten können.
Dass hier nicht ein x-beliebiger Regisseur und Autor am Werk war, wird dann aber zumindest noch in der Schlussszene deutlich. Da möchte man dann doch fast wieder eine Empfehlung für den Film aussprechen, denn so ein zynisches Ende hat man wohl selten in einem Multiplex "bewundern" dürfen. Dafür ignoriert Darabont sogar das Ende der Vorlage, nur um den Zuschauer mit einer der kompromisslosesten und sicherlich Mainstream-untauglichsten Schlussszenen aller Zeiten konfrontieren zu können. Da sitzt man dann fassungslos vor der Leinwand, nur um vom Abspann dann noch in weiteren Unglauben versetzt zu werden. Ausführende Produzenten Bob und Harvey Weinstein? Wie hat der Darabont denn das geschafft?
Eines ist auf jeden Fall klar: Wie immer man zu dem Ende steht, so schnell vergessen wird es sicherlich kein Zuschauer. Zu schade nur, dass man dies nicht auch über die restlichen zwei Stunden sagen kann.
Neuen Kommentar hinzufügen