
Es ist schon erstaunlich, was im modernen Blockbuster-Zeitalter, in dem ja vermeintlich nur noch auf absolut sicher zu prognostizierende Hits und das Ausschlachten von Marken gesetzt wird, dann doch immer wieder von den Studios genehmigt wird. So ist der Western zwar nach wie vor keinesfalls wirklich tot, aber doch auch alles andere als Mainstream-tauglich, wenn man mal vom Sonderfall Quentin Tarantino absieht. Die Beiträge der letzten Jahre waren daher auch eher kleine und sehr feine Übungen in Sachen Autorenfilm („Slow West“, „The Homesman“) oder Genre-Verbeugung („Salvation“). Doch jetzt hielt man es tatsächlich für eine gute Idee fast 100 Millionen Dollar für das Remake eines mehr als 50 Jahre alten „Edelwesterns“ bereitzustellen. Spätestens nach der Performance von „Ben Hur“ dürfte den Verantwortlichen bei Sony Pictures nun kurz vor dem Kinostart von „Die glorreichen Sieben“ aber ebenfalls der Angstschweiß von der Stirn tropfen: Ob das an der Kinokasse wirklich gut geht? Für den Zuschauer – sofern er den zumindest ein kleines Faible für Western hat – ist das Zustandekommen dieser Produktion aber in der Tat eine absolut vertretbare und erfreuliche Angelegenheit.
Die Bewohner der Kleinstadt Rose Creek stehen wehr- und machtlos der Bande um den skrupellosen Geschäftsmann Bartholomew Bogue (Peter Skarsgard) gegenüber. Der bietet ihnen einen Spottpreis für das von ihm benötigte Land und wer sein Angebot nicht akzeptiert, hat nur noch eine sehr geringe Lebenserwartung. Der Ehemann von Emma Cullen (Hayley Bennett) ist bereits Opfer von Bogues Brutalität geworden und so ist es ausgerechnet eine Frau, die sich auf den Weg macht um Hilfe zu organisieren. Bezahlte Hilfe, in Person des Revolverhelden und Kopfgeldjägers Sam Chisolm (Denzel Washington), der sich bereit erklärt den Job zu übernehmen. Dafür stellt Chisolm in kürzester Zeit eine Truppe aus Kämpfern und Scharfschützen zusammen, die aus nur bedingt vertrauenswürdigen und ziemlich unberechenbaren Kerlen besteht. Neben dem Spieler Farraday (Chris Pratt) und der von seinem großen Namen lebenden Legende Goodnight Robicheaux (Ethan Hawke) gesellen sich auch noch der cholerische Trapper Jack Horne (Vincent D’Onofrio) , der mexikanische Outlaw Vasquez (Manuel Garcia-Rulfo), der Messerwerfer Billy (Byung-Hun Lee) sowie der Indianer Red Harvest (Martin Sensmeier) dazu. Doch auch mit sieben Männern ist der Kampf gegen die Übermacht von Bogues Leuten aussichtslos, und so gilt es, die Farmer von Rogue Creek innerhalb weniger Tage zu wehrhaften Mitstreitern auszubilden.
Die Ausgangslage ist also die Gleiche wie im Klassiker von John Sturges, und wer wäre selbst ein Antoine Fuqua, daran groß etwas zu ändern. Schließlich beruhte schon sein Vorbild auf einer noch ein Stück größeren Vorlage, gilt doch Akira Kurosawas „Die sieben Samurai“ als einer der besten Filme aller Zeiten, dessen Inszenierung und Charakterzeichnung dem amerikanischen Remake nach Meinung der Historiker ein gutes Stück überlegen ist. Allzu feingliedrig und anspruchsvoll kommt die 2016er-Variante nun auch nicht daher, aber an Kunstkino war Regisseur Fuqua offenbar auch gar nicht interessiert.
Was der sonst in erster Linie für harte Thriller bekannte Filmemacher stattdessen abliefert, ist ganz klassisch angehauchtes Breitwbildkino mit epischen Momenten, brutalen Schurken und einer Heldentruppe, die zwar nicht wirklich „glorreich“ daherkommt, in der aber letztlich doch jeder das Herz am rechten Fleck hat. Vor allem seinen Lieblingsdarsteller Denzel Washington (mit dem er bereits „Training Day“und „The Equalizer“ drehte) versteht Fuqua wie kein anderer in Szene zu setzen, zumindest wenn es um die Verkörperung moralisch nicht ganz einwandfreier Figuren geht. Mit Schnauzer und Backenbart optisch verfremdet, liefert Washington einmal mehr eine starke Leistung ab und verleiht seinem Charakter jede Menge Charisma und Führungsqualitäten.
Den passenden Gegenpol dazu bildet dann Chris Pratt in der deutlich leichter angelegten Rolle des mit Bauernschläue agierenden Sprücheklopfers Farraday, aber auch diese Figur ist nicht ohne Tragik und wandelt sich zum Finale hin. Seelische Abgründe gibt es auch beim alternden und mittlerweile zitternden Scharfschützen Goodnight zu entdecken, mit dem Ethan Hawke so etwas wie seine erste Altersrolle spielt. Den bärbeißigen und wild mit seinem Tomahawk um sich schlagenden Fallensteller Jack Horne kann man dagegen nur als völlig durchgeknallt bezeichnen, was dem großartigen Vincent D’Onofrio Gelegenheit für eine weitere sensationelle Performance bietet – die dieser selbstverständlich auch nutzt.
Der Rest der Sieben setzt sich hauptsächlich aus den sonst noch fehlenden ethnischen Vertretern in Form eines Asiaten, eines Mexikaners und eines Indianers zusammen, was dann in dieser Ballung vielleicht doch ein wenig zu bemüht nach Political Correctness riecht. Immerhin wird das Klischee dadurch gebrochen, dass man hier nicht von vornherein korrekt vorhersagen kann, welche „unwichtigen“ Nebenfiguren denn wohl als Erste ins Prärie-Gras beißen müssen und welcher Sympathieträger auf jeden Fall lebend davonkommen wird – da weiß das Drehbuch doch an der einen oder anderen Stelle zu überraschen. Der eigentliche Hauptschurke hat, was sein finales Schicksal angeht, natürlich trotzdem eher schlechte Aussichten, dessen Darsteller Peter Sarsgard („Flightplan“) vermag es aber dafür in seinen wenigen Auftritten eine sehr unangenehme Atmosphäre zu verbreiten.
Die gesamte Inszenierung ist auf große Bilder, auf Action und coole Figuren angelegt und das wirkt ganz besonders im Western-Genre immer noch sehr einnehmend, wenn es so mal wieder auf der großen Leinwand zu sehen ist. Und es ist eben auch ein verdammt seltenes Exemplar, mit dem wir es hier zu tun haben, schließt doch Antoine Fuqua mit seinem schnörkellos klassischen Ansatz exakt die Lücke zwischen dem, was man im Genre heutzutage sonst noch zu sehen bekommt. Nämlich entweder die grüblerisch, nihilistisch angehauchten Spätwestern oder aber halt die mit Zitaten und schwarzem Humor gespickten Hommagen eines Quentin Tarantino. So gut wie nichts von alledem ist dagegen hier zu sehen, selbst der Titel mit den „Glorreichen Sieben“ ist nicht ironisch gemeint. Für den Mut, einfach mal so richtig schön altmodisch zu sein, gehört der Film daher eigentlich auch belohnt, was hier zumindest schon mal mit einer hohen Wertung geschieht. Wer eine deutlich weniger ausgeprägte Schwäche für das klassische amerikanische Westernkino besitzt als der Rezensent, darf gerne ein bis zwei Augen abziehen.
Neuen Kommentar hinzufügen