Es gibt Filme, die man sich immer wieder anschauen kann, egal wie alt sie auch seien. George Pals "Die Zeitmaschine" ist einer davon. Obwohl mittlerweile über 40 Jahre alt ist das Science-Fiction-Werk ein Exempel an Spannung und Fantasie. Im übrigen zeigt der Film, wie ein Roman visuell derart umgesetzt werden kann, dass man als Zuschauer mit Kenntnis der Vorlage ein Gefühl der Vertrautheit gewinnt.
Den Roman "Die Zeitmaschine" schrieb der englische Schriftsteller H.G. Wells bereits um 1900. Genau zu diesem Zeitpunkt setzt auch die Handlung ein:
London am Silvesterabend des Jahres 1899 - ein neues Jahrhundert steht vor der Tür, es herrscht Aufbruchstimmung, die Naturwissenschaften dominieren das Weltbild des modernen Menschen. Doch manche sind mit dem Fortschritt schon wesentlich weiter, als sich das gebildete Bürgertum träumen lässt: Denn der junge Wissenschaftler George (Rod Taylor) hat sich mit einer Zeitmaschine in die Weiten der menschlichen Zukunft aufgemacht. Dort findet er die Menschheit in zwei Lager gespalten vor. Zuerst trifft George auf die Eloi - ein Volk, das sich nur von Früchten ernährt, Baden geht und sich nicht um das Gestern und Morgen schert. Ein Kuriosum ist, dass die Eloi nur aus jungen Menschen bestehen, Ältere scheint es nicht zu geben.
Als George sich schon wieder auf die Rückreise in seine Zeit aufmachen möchte, trifft er auf die Rasse der Morlocks. Es handelt sich hierbei um dem Menschen von heute nur geringfügig ähnelnde Wesen, die unter der Erde leben und nur des nachts herauskommen. Diese Welt, in der es scheinbar keine Liebe und sonstige menschliche Gefühle gibt, will unser Reisender schnellstmöglich verlassen, doch dann ist die Zeitmaschine verschwunden.
Der Science-Fiction-Film, der 1960 in die Kinos kam, besticht durch andere Elemente als Action oder furchteinflößende Außerirdische. George Pal inszenierte ein für seine Zeit eindrucksvolles Meisterwerk, das in erster Linie von der Erwartung des Kommenden lebt. Wichtig ist aber, dass der Zuschauer in seiner Erwartung nicht enttäuscht wird. Mit dem Auge des Zeitreisenden taucht man in diese neue Welt ein, findet erste Erkenntnisse vor und muss diese im nächsten Augenblick schon wieder verwerfen. Anfangs steht die heile Welt der Eloi in ihrer natürlichen Pracht, doch schon bevor die erste Nacht hereinbricht, überstürzen sich die Ereignisse.
Ganz ohne nach Angst haschende Effekte verbreitet Regisseur Pal eine Atmosphäre, die den Zuschauer gebannt vor dem Bildschirm fesseln muss. Diese Stimmung entsteht ganz einfach durch die Gesamterscheinung des Films: Die Musik, das Ambiente in Georges Haus, die Tempel der Eloi und die über allem stehenden Uhren, das alles entfacht eine natürliche Neugier in jedem Zuschauer. Ein utopisches Bild der Zukunft, präsentiert mit den einfachsten Mitteln.
Dennoch erhielt "Die Zeitmaschine" 1960 den Oscar für Spezialeffekte. Doch diese runden nur ab, was der Film auch ohne sie geschafft hätte: Einen in jeder Minute spannenden Blick in unsere Zukunft, vergleichbar mit der Glaskugel einer Wahrsagerin.
Die Anfang der 60er Jahre modernen Spezialeffekte sind vor allem eine Spielerei mit der Kamera. Blumenblüten öffnen und schließen sich innerhalb von Sekunden, die Sonne nimmt ihren Lauf und die Natur versetzt Berge und Wälder. Nach heutigem Maßstab ist das nichts Besonderes, das meiste hat man auch schon bei der "Sendung mit der Maus" gesehen. Aber dieser Film hat solche Schauwerte überhaupt nicht nötig, sie sind nur Bonus, das Tüpfelchen auf dem "i". Man sollte eben nicht den Fehler machen, den Film mit den technischen Möglichkeiten von heute zu vergleichen. Denn auch das Antlitz der Morlocks animiert eher zum Lachen als dass es den Zuschauer erschrecken kann. 1960 hatten die Macher noch nicht die Mittel, ganze Monsterscharen am Computer zu erschaffen.
Wenn doch noch eine Kleinigkeit anzumerken ist, dann nur noch die Liaison zwischen George und einem Mädchen der Eloi. Die Liebe zu Weena (Yvette Mimieux) ist eine Erfindung des Drehbuch-Autoren und hat nichts mit der Roman-Vorlage zu tun. Das knisternde Moment zwischen Mann und Frau durfte in Hollywood jedoch nicht fehlen, somit sei auch dies entschuldigt.
Science-Fiction ohne bedrohliche Aliens und Laser-Kanonen: "Die Zeitmaschine" ist ein in seiner Art einzigartiges Werk, das in all den Jahren nichts von seinem Zauber verloren hat.
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