
Wenn ein Film zu den zehn erfolgreichsten aller Zeiten gehört
und sein Einspielergebnis sogar noch locker das seines
Vorgängers
übertrifft, dann gibt es, zumindest nach den Gesetzen des
Marktes,
normalerweise überhaupt keinen Grund auf Produzentenseite,
plötzlich in Panik zu verfallen. Allerdings war das
Gemurre
selbst der größten Fans wohl einfach nicht zu überhören,
denn auch wenn alle letztes Jahr erwartungsfroh
in "Fluch
der Karibik 2" geströmt
waren und die Kassen ordentlich klingeln ließen, so war
doch
kaum einer am Ende ähnlich begeistert wie noch nach dem ersten
Abenteuer von Captain Jack und seinen Freunden. Als zu
lang,
zu überfrachtet, zu düster und zu angestrengt empfanden
viele die Fortsetzung.
Grund genug offensichtlich, um sich auf Seiten der Macher
noch einmal
ausführlich an den eigentlich bereits simultan abgedrehten
dritten Teil zu machen und daran so viele "Verbesserungen"
vorzunehmen, dass es gerüchteweise sogar bis zuletzt
fraglich
war, ob denn der Film überhaupt zur geplanten Premiere
fertig
werden würde. Er ist es natürlich doch geworden und man
darf nun also rätseln, wo denn im Einzelnen die Schraube
angesetzt
wurde. Die Vermutung liegt allerdings nahe, dass man die
Kritik
doch nicht so ganz richtig verstand (das wäre ja auch zu
schön
gewesen) und nun halt einfach ein paar zusätzliche Szenen
gedreht
hat, die dem Publikum eben einfach noch mehr bieten. Und
somit haben
wir also einen Film, der tatsächlich anders ist als sein
Vorgänger:
Nämlich noch länger und überfrachteter, noch viel
ernster und anstrengender.
Dabei
ist der Anfang von "Pirates of the Caribbean - Am Ende der
Welt" (der "Fluch" ist nun also endgültig aus
dem deutschen Titel verschwunden) ziemlich interessant und
viel
versprechend. Die ersten zwanzig Minuten schaffen mit der
massenhaften
Exekution von Gefangenen und der Ankunft der Freunde im
Reich des
Piratenkönigs Sao Feng ein bedrohliches Szenario, bei dem
die
Stimmung tatsächlich so bedrückt ist, dass man meint hier
komme jetzt der obligatorische "düstere" Teil der
Trilogie. Als dann die ersten Witzchen gemacht werden
wirken diese
daher auch fast unpassend und man muss zudem feststellen,
dass diese
in Abwesenheit des verschwundenen bzw. ziemlich toten Jack
Sparrow
auch recht bemüht ausfallen. Mit einem neuen Schiff und
einer
von Sao Feng zur Verfügung gestellten Crew gilt es für
William (Orlando Bloom), Elisabeth (Keira Knightley) und
Barbossa
(Geoffrey Rush) dann zunächst also, ans "Ende der Welt"
zu segeln, um Sparrow aus Davy Jones' Reich zu befreien.
Denn allen
ist klar, dass der gute Jack sowohl für die geplante große
Zusammenkunft der neun Piratenkönige, als auch für diesen
Film unbedingt gebraucht wird. Der Plan gelingt und es
kommt schließlich
zum großen Showdown zwischen den Piraten und der vom
fiesen
Beckett angeführten Armada der "Trade Company".
Wie ist es möglich eine Handlung, deren Grundzüge sich
in zwei Sätzen zusammenfassen lassen, auf fast drei
Stunden
auszudehnen? Kein Problem, man lässt einfach jeden der
Protagonisten
gefühlte dreiundvierzigmal die Seiten wechseln, sorgt
dafür,
dass das Wort "Verräter" somit auf jeder zweiten
Drehbuchseite auftaucht und ernennt im Schnitt alle acht
Minuten
jemand Neuen zum Kapitän. Dieses Prinzip verteilt man dann
auf mehrere Schauplätze und das dadurch entstehende Hin
und
Her füllt fast mühelos zwei Drittel des Films.
Im
Ernst: Es ist zwar durchaus möglich, den wechselnden
Allianzen
und Ränkespielen der Hauptfiguren zu folgen, es stellt
sich
nur die Frage, ob man daran nicht irgendwann die Lust und
das Interesse
verliert, um sich schließlich lieber nur noch über die
Sprüche von Captain Jack zu amüsieren und von den
aufwändigen
Bildern und Effekten berauschen zu lassen. Wobei leider
auch das
gar nicht so ohne Weiteres möglich ist, denn einerseits
hat
man den Spaß-Faktor diesmal deutlich zurückgefahren,
und Comedy-Highlights wie die Verfolgungsjagden auf Rädern
oder mit Jack Sparrow am Spieß aus Teil Zwei sucht man
diesmal
vergebens. Und andererseits hat man sich auch am
Bilderrausch wohl
irgendwann satt gesehen. Gewaltige Actionszenen gibt es
nämlich
weniger, meist folgen wir nur der Kamera auf gewagten
Fahrten, mit
denen sie die zahlreichen Stürme und Wetterkapriolen sowie
die massenhaft auftretenden Fabelwesen ins Bild rückt.
Denn während der originale "Fluch der Karibik" mit
der untoten Mannschaft der "Black Pearl" eigentlich nur
ein einziges wirklich übernatürliches Element parat hielt,
entwickeln sich die beiden Fortsetzungen zu einem
überbordenden
Fantasy-Abenteuer, welches nur noch marginal in der
Realität
verhaftet bleibt. Am interessantesten kommen da noch die
fast surrealen
Szenen eines in der Totenwelt von absurden Halluzinationen
geplagten
Jack daher, die einen deutlichen Bruch zum Rest des Films
darstellen
und für sich genommen doch ziemlich gewagt sind.
Rund
ein Dutzend Figuren wollen mittlerweile zu ihrem Recht
kommen, und
das hat natürlich Folgen. Denn während lediglich die
Bedeutung
der Magierin Tia Dalma deutlich ausgebaut wird, bleiben
andere Charaktere
entweder blass oder im Laufe des Films gleich ganz auf der
Strecke,
indem sie ihren letzten Atemzug aushauchen. Dem von Chow
Yun-Fat
verkörperten und groß beworbenen Sao Feng gelingt dabei
übrigens gleich Beides auf einmal. Der vormals noch so
herrlich
fiese Captain Barbossa ist nun plötzlich gar nicht mehr
böse
und verkommt zum guten Onkel, lediglich der ebenfalls
stark gehypte
Kurzauftritt vom rollenden Stein Keith Richards darf schon
als genauso
schräg wie gelungen bezeichnet werden. Von der Romanze
zwischen
Will und Elizabeth ist bis kurz vor Schluss auch Nichts
mehr zu
spüren, da Keira Knightley viel zu sehr damit beschäftigt
ist, grimmig zu gucken um als harte Kämpferin ernst
genommen
zu werden.
Das Finale selbst ist dann recht hübsch gelungen und hält
auch noch eine wirklich mal überraschende Entwicklung
bereit.
Der Weg dorthin ist allerdings, wie beschrieben, ein sehr
anstrengender
und mühevoller. Es klingt grausam und es ist einfach auch
sehr
schade, aber: Die "Pirates of the Caribbean"-Reihe gehört
letztendlich wohl doch in die schlimme Schublade mit der
Aufschrift
"Matrix". Denn auch hier hätten wir eigentlich Nichts
verpasst, wenn man es nach dem absolut gelungenen ersten
Teil einfach
hätte gut sein lassen.
Denn was nun nach all den zusätzlichen Bearbeitungen entstand, ist ein wahres Monstrum von Film, auf das der Stempel "too much" noch viel eindeutiger passt als auf den von dieser Seuche ebenfalls betroffenen, aber dabei immer noch unterhaltsamen dritten "Spider-Man"-Film. "Am Ende der Welt" ist dagegen über weite Strecken kaum noch zu goutieren. Dieses "Jahr der dritten Teile" scheint also ein sehr problematisches für die großen Blockbuster zu werden.
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