Der
junge Virologe Johannes wird vor seinem ersten Arbeitstag in einem
Universitäts-Forschungslabor vom Verfassungsschutz angesprochen,
um als Informant über seinen neuen Kollegen Farid zu dienen,
ein islamischer Algerier, der von der Behörde für einen
möglichen Schläfer gehalten wird - ein Terrorist, der
auf seine Aktivierung wartet, um seine Mission auszuführen.
Johannes lehnt zunächst bestürzt ab, und Farid entpuppt
sich - trotz ihrer beruflichen Rivalität, da sie an ähnlichen
Projekten arbeiten - nicht nur als ein fairer Kollege, sondern bald
auch als ein echter Freund für ihn. Trotzdem gelingt es Johannes
nicht, die leisen Zweifel an Farid loszuwerden, dessen Verhalten
den auf ihm liegenden Verdacht nicht entkräften kann. Doch
erst, als sich die beiden Freunde in dasselbe Mädchen, die
Kellnerin Beate, verlieben, und sie zu immer größeren
Konkurrenten im Forschungslabor werden, scheint Johannes' Misstrauen
überhand zu nehmen.
Regisseur
Benjamin Heisenberg möchte seinen Film auch losgelöst
vom aktuellen zeitgeschichtlichen Kontext als allgemeingültiges
Statement zum Thema Ver- und Misstrauen, Neid und Freundschaft verstanden
wissen. Dennoch funktioniert "Schläfer" vor allem
als Geschichte im Hier und Jetzt, wo die latente Angst vor internationalem
Terrorismus und die unweigerlich schiefen Blicke in Richtung verdächtiger
islamischer Mitbürger unsere Gesellschaft prägen. Gerade
die Tatsache, dass Heisenberg mit dieser just sehr präsenten
Paranoia spielt, macht seinen Film überhaupt erst interessant.
Erwischt man sich doch selbst dabei, wie man mit Johannes zusammen
die kleinsten Details in Farids Alltag, Leben und Verhalten auf
Hinweise über eine mögliche Sympathie für den Terrorismus
untersucht.
Für gut die erste Hälfte des Films funktioniert das auch
sehr effektiv. Doch leider entwickelt sich diese auf dem Gefühl
der Unsicherheit basierende Spannung nicht weiter, da sich herausstellt,
dass die entscheidende Frage bei "Schläfer" nicht
die ist, ob Farid tatsächlich ein Terrorist ist, sondern ob
Johannes seinen Kollegen schließlich verraten wird oder nicht.
Hier verliert der Film leider einen Großteil seiner Spannung,
denn während man als Zuschauer die Zweifel von Johannes in
der ersten Hälfte noch nachvollziehen kann, entfremdet
sich diese vermeintliche Identifikationsfigur im weiteren Verlauf
zusehends, da Johannes' Reaktionen nur mehr durch sein ganz persönliches
Verhältnis zu Farid (zunehmend ein Rivale in Liebe und Beruf)
geprägt werden.
Die Thriller-Elemente, die "Schläfer" hätte
haben können, werden also nicht entfaltet, und die Hinweise,
die Farid verdächtig erscheinen lassen, bleiben zu nebulös
und uneindeutig, um überzeugende Indizien darzustellen. Das
liegt so auch offensichtlich in der Absicht des Regisseurs, dem
es einzig um den inneren Prozess des als sehr verantwortungsvoll
portraitierten Johannes und die Vermischung von Privatem, Beruflichem
und Politischem geht. Für das, was Heisenberg erzählen
will, ist es letztlich unerheblich, ob Farid schuldig ist oder nicht
- deswegen spart er diese Antwort auch konsequent aus. Für
die Geschichte, die dann noch übrig bleibt, ist "Schläfer"
allerdings eindeutig zu lang geraten, und vom erzählerischen
Gehalt her hätte der Film gut eine Viertelstunde kürzer
ausfallen können.
"Schläfer" bietet nicht genug Dramatik, um 100 Minuten
Laufzeit zu rechtfertigen und überzeugend füllen zu können,
weswegen Heisenbergs durchaus interessante thematische Ansätze
leider auch etwas an Faszination verlieren, da sie zu weit ausgereizt
werden. Schlussendlich ist "Schläfer" mehr ein Statement
zu einem Thema als eine Geschichte darüber, und weil es dem
Film dementsprechend an einem ordentlichen Erzähltempo und
spannenden Wendungen fehlt, eignet er sich auch besser als Diskussionsgrundlage
denn als Seh-Vergnügen. Eine überzeugende Leistung des
Kino-Debütanten Heisenberg, aber noch kein überzeugender
Film.
|
Neuen Kommentar hinzufügen