Sherlock Holmes: Spiel im Schatten

Originaltitel
Sherlock Holmes: A Game of Shadows
Jahr
2011
Laufzeit
129 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Frank-Michael Helmke / 16. Dezember 2011

Wenn ein alter, aber ertragreicher Stoff trotz Abnutzungserscheinungen weiter gemolken werden soll, dann greift man in Filmproduzenten-Kreisen seit ein paar Jahren gerne zu einem zusehends beliebten Konzept namens "Reboot", was dann soviel heißt wie: Wir fangen einfach nochmal ganz von vorne an, machen ein paar Sachen grundlegend anders Sherlock Holmes: Spiel im Schattenund schon ist die Sache wieder frisch und aufregend. Dies bescherte uns ein "Stark Trek"-Universum, indem mal eben der Planet Vulkan ausgelöscht wird, und aus dem smart-ironischen Lebemann James Bond wurde neuerdings ein grimmiger, komplett humorfreier Vollstrecker. Ähnlich verfuhr man denn auch vor zwei Jahren mit dem Inbegriff des distinguierten Gentleman-Detektivs, Sherlock Holmes, und verwandelte ihn für seine Kino-Reinkarnation in einen keinem Rauschmittel dieser Welt abgeneigten Fast-Psychopathen, der sich auch für keine Kneipenschlägerei zu schade ist. Das hatte einen gewissen Reiz und funktionierte dank eines brillant agierenden Robert Downey jr. in der Titelrolle auch gut genug, dass es an der Kinokasse ausreichend klingelte. 

Drum ist hier nun also das am Ende des ersten Films bereits sanft eingeläutete Sequel, und wo "Sherlock Holmes" noch eher ein Warmlaufen von Welt und Figuren war, dass sich mit einem recht schwachen Bösewicht begnügte, liefert die Fortsetzung nun das versprochene Auftreten von Holmes' größtem und gefährlichstem Kontrahenten, dem verbrecherischen Genie Professor Moriarty (Jared Harris). Da verspricht man sich denn auch gleich Einiges mehr von in Sachen packende und verzwickte Handlung, Rätselhaftigkeit des zu lösenden Falls und Kräftemessen auf höchstem geistigen Niveau zwischen dem brillanten Detektiv und dem nicht minder brillanten Oberschurken. Dies sind leider Hoffnungen, die größtenteils enttäuscht werden.

Sherlock Holmes: Spiel im SchattenTatsächlich ist "Sherlock Holmes: Spiel im Schatten" eine lupenreine Fortsetzung in dem Sinne, dass hier wirklich überhaupt keine Variation im Vergleich zum Vorgänger stattfindet. Die beiden Filme sind sogar fast auf die Minute gleich lang, und teilen sich auch ganz brüderlich die gleichen Stärken und Schwächen. Die herausragende Stärke ist und bleibt dabei der Hauptakteur: Ebenso wie die "Iron Man"-Filme wäre auch "Sherlock Holmes" ohne Downey jr. eine relativ schale und seelenlose Angelegenheit, doch Charisma und Spielwitz dieses begnadeten Schauspielers, der seit dem ersten "Iron Man" seinen zweiten Karriere-Frühling erlebt, retten dieses Sequel fast im Alleingang vor dem Versinken im kompletten Mittelmaß. Wie Downey jr. es schafft, auch in einer Ausstattungsorgie wie dieser stets den Fokus jeder Szene auf seiner exzentrischen Figur zu halten, ohne dabei ins Chargieren oder Karikieren zu verfallen, das ist für sich genommen ganz großes Schauspieler-Kino.

Bedauerlich, dass seine Berufskollegen da leider nicht mithalten können: Wie schon im ersten Teil erweist sich Jude Law als gefälliger und pflichtbewusster Sparringspartner, der Downey jr. verlässlich die Bälle zuspielt, dabei aber kaum echte eigene Ausstrahlung entwickeln kann, was auch daran liegt, dass sein von Holmes unablässig genervter Dr. Watson in seiner permanenten Gereiztheit eigentlich auf der immergleichen Tonalität verharrt. Noomi Rapace, die als Lisbeth Salander in der Verfilmung der "Millenium"-Trilogie zu internationalem Ruhm gelangt ist, darf hier zum ersten Mal in einer Hollywood-Großproduktion mitwirken und als schmückendes weibliches Beiwerk fungieren, bleibt aber als Zigeunerin Sim auf ihre bloße Plot-Funktion beschränkt und darf nicht mal im Ansatz flirtives Knistern verbreiten, wie es im ersten Teil noch so eindrucksvoll von Rachel McAdams vorgeführt wurde (die hier bedauerlicherweise nur noch zu einem Kurzeinsatz kommt). Jared Harris als Professor Moriarty ist an sich eine sehr gute Besetzung und macht auch das Beste aus seiner Rolle, leidet aber darunter, dass sein Schurken-Genie über weite Strecken aus der aktiven Handlung verschwindet, während Holmes damit beschäftigt ist, seinen Machenschaften auf die Schliche zu kommen.

Dieses "Auf die Schliche kommen" ist dann auch die große Krux des Films, der aufgrund seiner umständlich gebauten Geheimniskrämerei leider viel zu lange braucht, um halbwegs in die Gänge zu kommen. Außer, dass Holmes zu Beginn des Films standfest davon überzeugt ist, dass dieser Moriarty irgendetwas im Schilde führt, und es dieses Irgendetwas zu enträtseln gilt, bekommt der Zuschauer leider nichts an die Hand gereicht, was ihn irgendwie an die Geschichte fesseln könnte. Und die bleibt dann leider über eine Stunde lang ziemlich schwammig, während Holmes und Watson ohne irgendeinen gefühlten Zeitdruck nach typischem "Im Sequel die Schauwerte hochfahren"-Prinzip alsbald London verlassen und auf Spurensuche auf dem europäischen Kontinent gehen. Für mehr Abwechslung, Tempo oder Dynamik sorgt aber auch das leider nicht. Ebenso wenig wie die Inszenierung von Guy Ritchie, der sich und seinem typischen visuellen Stil hier zwar absolut treu bleibt, durch die variationslose Wiederholung seiner Markenzeichen-artigen Zeitlupen/Blitzmontagen-Spielereien durch den gesamten Film hindurch aber nur die Aufmerksamkeit darauf zieht, dass er letztlich nur über ein sehr begrenztes Arsenal an Regie-Tricks verfügt. 

Sherlock Holmes: Spiel im SchattenSubtilität ist nicht die Sache dieses Regisseurs, weshalb ihm das Feingefühl für die (wenigen) gewitzeren Momente der hier sehr ausgewalzten Detektivgeschichte leider auch abgeht und Ritchie desöfteren Holmes' Kombinierereien so hastig und schnell montiert, dass man ihnen kaum folgen kann und entsprechend das Genie des Detektivs auch nicht zu würdigen weiß. Es fühlt sich fast so an, als hätte Ritchie kein Verständnis oder zumindest keine Würdigung für den Intellekt seines Protagonisten übrig und will lieber möglichst schnell nur nächsten Actionszene kommen. Resultat ist ein Streifen, der sich ein wenig anfühlt wie ein Bond-Film im 19. Jahrhundert, aber dabei nicht nach Wodka-Martini schmeckt, sondern das etwas dumpfe Aroma eines bierseligen Pub-Abends versprüht. 

Wie schon seinem Vorgänger mangelt es damit auch "Sherlock Holmes: Spiel im Schatten" an einem wirksamen Spannungsbogen, und auch die Umbiegung des Holmes/Watson-Gespanns in Richtung schmissige Krimikomödie funktioniert erneut nur bedingt, da die Versuche Richtung Komik zu unabwechlungsreich, zu selten und leider auch zu bemüht sind (bestes Beispiel dafür ist eine Szene mit Watsons Nun-Ehefrau Mary und Holmes' Bruder Mycroft, der trotz Verkörperung durch Stephen Fry eine weitestgehend verschenkte Ergänzung ist). Kenner der Holmes-Geschichten werden im Showdown dieses Films ein deutliches Zitat der literarischen Vorlage erkennen, ansonsten hat diese sich in Dimensionen einer Weltrettung aufschwingende Detektivgeschichte mit ihrem Vorbild wirklich nichts mehr gemein. Was im Zeitalter der "Reboots" ja nichts Schlechtes sein muss. Der Holmes-Reboot fällt allerdings auch in seinem zweiten Anlauf noch immer nicht wirklich überzeugend aus. 

Bilder: Copyright

9
9/10

Hab den Film gerade in der Premiere gesehen und kann die Kritik nur in Teilen nachvollziehen. Auf jeden Fall stimme ich Herr Helmke zu, was die Veränderungen zum ersten Teil angeht, denn eigentlich gibt es nicht wirklich welche. Es ist wie eine Verlängerung des ersten Teils, man kann sie problemlos am Stück betrachten.

Aber ist das wirklich ein Nachteil?

Nun, das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden, ich für meinen Teil bin aber schon in den ersten Teil mehrmals gerannt, da ich von der Stimmung und dem Duo einfach nicht genug kriegen konnte. Tatsächlich bekommt man demnach auch genau das, was man erwartet und meiner Meinung nach sogar noch ein bisschen mehr.

Es gibt ein paar Szenen, die funktionieren großartig und kommen auch ganz ohne Action oder Effekte aus. Vor allem die letzte halbe Stunde fand ich durchgängig packend und super inszeniert. Dabei ist vor allem eine selbstironische Szene zu beachten, die im Kino zu sehr großem Lachen führte. Überhaupt wurde enorm viel gelacht und am Ende richtig kräftig applaudiert.

Man darf die Sherlock Holmes Filme nicht als Künstlerisch Wertvoll oder als Filme mit einer tieferen Botschaft betrachten, sondern als sehr intelligente und kurzweilige Unterhaltung. Aber in dieser Sparte sind sie wirklich ganz weit vorne mit dabei. Und wenn man sich den Rest des Mainstream-Kinos so anschaut, dann sowieso.

Reingehen!

Herzlichst,
Achim Stommel

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Ein neuer Sherlock Holmes... und wieder kein schlechter. Schon der erste Teil mit Robert Downey Jr. (einer meiner Lieblingsschauspieler, weit vor IRONMAN) wusste zu überzeugen: spannend, tolle Atmosphäre, klasse Ensemble, raffinierte Story und neue Ideen (man denke an die Vorab-Analyse der Kämpfe). Diese Qualität wird in "Game of shadow" teils grandios fortgesetzt!

Einzig als Fan des klassischen Ermittlers könnte man bemängeln - wie auch bei ähnlichen Charakteren, etwa Patrick Jane in "THE MENTALIST" - dass die Lösung von Problemen und das Entkommen aus ausweglosen Situation zu konstruiert und selbstverständlich wirkt und letzlich nicht immer nachvollziehbar ist. Aber die (beiden) Schauspieler machen dies mehr als wett!

Ich teile die Einschätzung, dass Mycrofts Auftauchen hätte besser genutzt werden können. Moriaty ist ein ebenbürtiger Gegner - insbesondere die letzten 10 Minuten zeigen dies überdeutlich.

Mein Fazit: 2 Stunden Action, Spannung, Charme und Witz! Absolut zu empfehlen...

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7
7/10

Man kann eigentlich die ganze Sache recht fix bewerten bzw. eine Empfehlung schreiben.

Wem Teil 1 gefallen hat, kommt voll auf seine Kosten. Ich fand ihn sogar einen Tick besser.

Wer das nicht hatte - wegbleiben. Es wird nicht besser. ;)

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5
5/10

Der erste Teil war neuartig, der zweite is im Prizip genau so...

Was am meisten stört sind die Unterschiede im Tempo. Am Anfang dümpelt die Geschichte vor sich hin und ab der Mitte wirds hektisch.

Ist eher was für den DVD Abend.

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5
5/10

Der erste Teil war kein Meisterwerk, aber durchweg unterhaltsam. Diesen zweiten Teil hat Guy Ritchie völlig verbockt. Für mich mittelmäßig. Deine Zeitlupen-Idee beim dritten Mal langweilig und Moriarity als DER Gegner Holmes einfach nicht ausgereizt. Schade.

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7
7/10

Tolle Rezension, die viele Schwachpunkte treffend beschreibt: Jude Law, der auf die Rolle der dauergenervten aber treuen Seele reduziert wird. Noomi Rapace, die lediglich hübsch sein darf und..... ja, was noch? Die absurde Szene zwischen der Ehefrau und dem nacktem Bruder, die so gewollt witzig sein möchte, dass sie nur als peinlich und dämlich bezeichnet werden kann. Davon abgesehen hatte ich sogar Probleme mit Jared Harris, dessen angebliche Brillianz ich in seinen rhetorischen Plattitüden ("Wer von uns ist der Fisch?") und Phrasen aus dem Verbrechersetzkasten ("Wir werden uns wiedersehen!") nicht erkennen konnte. Alles in allem also wieder eine One-Man-Show, in der sich Robert Downey Jr. inmitten teils recht beeindruckender Spezialeffekte (Flucht durch den Wald) so richtig austoben darf. Und wie schon als Tony Stark in "Ironman" und "The Avengers" schafft er es mit seinem arroganten, selbstverliebten Schauspiel eine derart gute Laune zu erzeugen, dass auch dieser Film trotz obiger Mängel eine ganz gehörige Menge Vergnügen bereitet. Und richtig Spass macht!

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