Gespräch zwischen zwei ca. 14jährigen Jungen auf einer Hamburger U-Bahnstation: Dieses Gespräch hat tatsächlich stattgefunden und damit sind Zielgruppe und Inhalt des neuesten Films von Komiker Martin Lawrence („Der Diamantencop“, „Lebenslänglich“) eigentlich auch schon klar umrissen. Lawrence spielt den FBI-Agenten Malcolm, dessen Spezialität es ist, sich mit aufwendigen Verkleidungen in die Unterwelt einzuschleichen. Sein neuester Auftrag ist jedoch vorläufig nur die Beschattung von „Big Mama“, der Tante der verdächtigen Sherry (Nia Long). Deren Ex-Freund ist nämlich erstens kriminell, zweitens wieder auf freiem Fuß und drittens auf der Jagd nach der Beute seines letzten Raubzugs. Sherry ist als Mittäterin verdächtig und Big Mama einer Ihrer möglichen Anlaufpunkte. Als diese Situation tatsächlich eintritt, ist Big Mama jedoch leider verreist. Sherry wird stattdessen von Malcolm empfangen, der sich einfach in Minutenschnelle in „Big Mama“ verwandelt hat, mittels künstlicher Riesenbrüste, Fettpolster und ein wenig Stimmakrobatik. Zum Entsetzen seines Partners John (Paul Giamatti) beschließt Malcolm diese Rolle weiter zuspielen, bis er die entscheidenden Informationen aus Sherry herausgelockt hat. Zudem fühlt er sich von Sherry auch noch außerordentlich angezogen ... Ist diese Geschichte an sich schon nicht besonders originell, so ist sie auch noch komplett von einem wesentlich besseren Film geklaut: Die 80er-Komödie „Stakeout - Die Nacht hat viele Augen“ mit Richard Dreyfuss und Emilio Estevez hatte die exakt gleiche Ausgangslage, die beiden Observierer zwischen Dienstpflicht und privaten Gefühlen. Lediglich die Verkleidung, dank aufwendiger Arbeit der Maskenbildner, gab es nicht in „Stakeout“, ist dafür aber ein ziemlich deutliches Rip-Off von Eddie Murphys „Der verrückte Professor“. Und während zumindest „Stakeout“ damals ein kleines Feuerwerk wirklich witziger Situationen abbrannte (und ganz nebenbei auch noch ein wirklich guter Actionfilm war), greift „Big Mamas Haus“ ganz tief in die Kiste des Ekel- und Klischeehumors. Wenn Malcolm (und der Zuschauer) die echte Big Mama zu Beginn des Films als furzendes Wabbelmonster auf dem Klo erleben muß, ist das wirklich schwer zu ertragen und schon gar nicht komisch. Auch wenn dieser „Fäkalhumor“ seit „Verrückt nach Mary“ und „American Pie“ schwer in Mode ist, so erreicht er hier einen schwer zu unterbietenden Tiefpunkt. Zwar geht es anschließend glücklicherweise nicht auf diesem Niveau weiter, aber dafür wird sonst kein Klischee ausgelassen: Big Mama legt den Karatelehrer flach und zeigt den Streetboys beim Basketball was ein richtiger Dunking ist. Big Mama bringt den Gospelchor beim Gottesdienst in Schwung und wird der beste Freund von Sherrys depressivem Sohn Trent. Und natürlich steht sie mehrmals kurz vor der Enttarnung. Hier wird nichts ausgelassen, was jeder einigermaßen bewanderte Kinogänger sowieso erwartet, und gekonnt vermeidet das Drehbuch jegliche überraschende Wendung. Selbst der unspektakuläre Showdown enttäuscht da gar nicht mehr. Die Schauspieler? Martin Lawrence spielt routiniert das, was er kann, und Nia Long als Sherry ist schon ziemlich schnuckelig, sein Partner Paul Giamatti jedoch nur blasser Stichwortgeber. Mit „Big Mamas Haus“ bekommt der Zuschauer einen uninspiriert inszenierten Film „von der Stange“, der dank einiger brauchbarer Gags gerade noch so zu ertragen ist. Es sei denn, man gehört zur geschilderten Zielgruppe, die sich über sowas ganz köstlich amüsieren kann. Zumindest in den USA hat der Film sein Publikum offensichtlich gefunden. Mit einem Einspielergebnis von rund 100 Millionen Dollar ist „Big Mama's Haus“ einer der großen Hits dieses Sommers und Martin Lawrences bisher erfolgreichstes Werk. Bitter.
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Originaltitel
Big Momma´s House
Land
Jahr
2000
Laufzeit
120 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
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