Am Ende von "Planet der Affen: Revolution" hatte Affen-Anführer Caesar ("verkörpert" von Motion-Capture-Großmeister Andy Serkis) seinen rachsüchtigen Kontrahenten Koba getötet, um die finale Eskalation im Konflikt mit den Menschen zu verhindern, musste jedoch erfahren, dass die Überreste der amerikanischen Armee bereits auf dem Weg waren, um sich ihn und seine Affenhorde vorzunehmen. Grob an diesem Punkt setzt nun der finale Teil dieser Prequel-Trilogie zum SciFi-Klassiker "Planet der Affen" an und eröffnet mit einer fulminant inszenierten Sequenz, in der es den Affen gelingt, einen Angriff der menschlichen Soldaten zurückzuschlagen. Noch immer verzweifelt darum bemüht, einen Weg der friedlichen Koexistenz zu finden, schickt Caesar die überlebenden menschlichen Gefangenen dieser Schlacht zurück zu ihrem Kommandanten, um seinen Willen zur Gewaltlosigkeit zu unterstreichen. Doch der namenlose Colonel (Woody Harrelson) antwortet mit einer weiteren, hinterhältigen Attacke, die in Caesars Affenhorde so schmerzliche Verluste fordert, dass Caesar nun selbst von jener fatalen Rachsucht gepackt wird, die er im vorherigen Film dem unversöhnlichen Koba noch unbedingt austreiben wollte. Anstatt sein Affenvolk selbst beim Zug in eine neue, sichere Heimat jenseits der Berge anzuführen, macht sich Caesar in Begleitung einer handvoll getreuer Gefährten auf einen Rachefeldzug, um den Colonel zu töten. Eine Entscheidung, die sich bald auch für Caesars ganzes Volk rächt...
Die "Planet der Affen"-Prequels hatten anno 2011 mit einem überraschend klugen und tiefsinnigen ersten Teil begonnen, und dieser Linie bleibt man auch mit diesem Abschluss treu: Inmitten der Masse von Hollywoods Big-Budget-Produktionen, die sich fast nur noch für ihre Schauwerte interessieren und sich inhaltlich auf nicht mehr als einen kleinsten gemeinsamen Nenner verlassen wollen, ragt diese Prequel-Trilogie hervor als intelligentes Mainstream-Kino, das entschlossen darauf besteht, auch noch etwas zu sagen zu haben. Ganz in der Tradition seines Genres, denn wirklich gute Science-Fiction dreht sich eben nicht einzig um ein hübsches optisches Spektakel in einer entfernten Zukunftswelt, sondern versteht sich als eine zeitlose Allegorie über das menschliche Miteinander an sich. Dies gilt umso mehr, seitdem Matt Reeves mit dem zweiten Teil den Regiestuhl und die inhaltliche Führung dieser Reihe übernommen hat. "Revolution" war im Kern eine Abhandlung darüber, wie schnell ein Konflikt zwischen zwei gegensätzlichen, aber an sich friedliebenden ethnischen Gruppen durch das Handeln einiger weniger gewaltbereiter Individuen zu einem handfesten Krieg eskalieren kann. In "Survival" nun ringen die Affen als ein unterdrücktes und ausgebeutetes Volk um ihr Überleben und ihr Recht auf Freiheit. Die Parallelen zu düsteren Kapiteln der Menschheitsgeschichte werden spätestens dann offensichtlich, als sich die Handlung in ein Quasi-Konzentrationslager verlagert, in dem die Affen Zwangsarbeit leisten müssen. Und auch die alttestamentarischen Motive der Handlung - Stichworte: Befreiung aus der Sklaverei, Aufbruch ins gelobte Land - sind unverkennbar.
Man könnte, wenn man denn unbedingt wollte, dies "Survival" vorhalten als wenig subtilen Symbolik-Holzhammer, es lässt sich jedoch kaum verleugnen, dass der Film bei dem, was er tut, enorm wirkungsvoll ist - vor allem wenn man bedenkt, wie er es tut. Denn schließlich sind die tragenden Protagonisten und Identifikationsfiguren dieser Geschichte allesamt per CGI und Motion-Capture erzeugte Affen, die nicht nur in ihrer Gestik und Mimik erstaunlich menschlich wirken, sondern in ihren Emotionen und Handlungsmotivationen sogar menschlicher als ihre feindseligen Kontrahenten auf der Seite der "echten" Menschen. Noch mehr als seine Vorgänger ist der Film darum vor allem ein Triumph der Tricktechnologie, die solch eine Darstellungstiefe und Glaubwürdigkeit überhaupt möglich macht. In der Verlagerung hin zu den Affen als eigentliche Helden und Identifikationsfiguren geht "Survival" zudem den finalen Schritt der Trilogie: War der erste Teil noch von menschlichen Protagonisten bestimmt, hielt sich dies in Teil Zwei bereits die Waage, während die Seite der Menschen im dritten Teil nun gar keine eigenständige Darstellung mehr erfährt, sondern nur aus Perspektive der Affen erlebt wird. Konsequenterweise gibt es außer dem anführenden Colonel keine tragende Figur auf Menschenseite, und selbst der Colonel bleibt letztlich namenlos. Die einzige menschliche Figur, die einen Namen erhält, ist ein kleines Mädchen, das Caesar und seine Gruppe auf ihrem Weg auflesen und das eben nicht als Teil der feindseligen Menschen, sondern als Teil der Affenhorde wahrgenommen wird. Was dieses Mädchen repräsentiert und welchen Namen es erhält, schlägt übrigens für die Kenner den Bogen zurück zum Ursprungs-"Planet der Affen" von 1968 (ebenso wie der Name von Caesars jungem Sohn).
"Survival" legt viel Wert darauf zu zeigen, dass die intelligent gewordenen Affen immer mehr Merkmale einer Spezies mit höherem Bewusstsein (sprich: genau wie Menschen) zeigen. Sie sind sich ihrer individuellen Identität bewusst, sie zeigen Familiensinn und tiefe Liebe für ihre nächsten Angehörigen, und die Angst vor dem eigenen Tod lässt sie zum Teil sehr menschliche Entscheidungen treffen: Eine ganze Reihe von Affen hat quasi Verrat an der eigenen Art begangen und sich auf die menschliche Seite geschlagen, dort dienen sie freiwillig als bessere Arbeitssklaven im Glauben, damit auf der Seite der Sieger zu sein und das eigene Überleben zu sichern. Die metaphorische Botschaft hinter dieser zunehmenden Vermenschlichung der Affen ist klar: Konfrontiert mit einer fremdartigen Gruppe, die eigentlich genauso ist wie sie, wollen die Menschen das Fremde doch lieber als minderwertig ansehen und es systematisch ausrotten, als die Gemeinsamkeiten zu erkennen und friedliche Koexistenz zu suchen. Selbst, wenn sie der eigenen Auslöschung direkt ins Auge sehen.
Das alles macht den Film zu einer ziemlich finsteren Angelegenheit, und die existenzialistische Kälte wird von Regisseur Matt Reeves sehr effektiv atmosphärisch umgesetzt, nicht zuletzt dadurch, dass "Survival" in einer frostigen Bergwelt angesiedelt ist, in der niemals die Sonne scheint. Die Ausbrüche aus dem grimmigen Grundton sind spärlich, jedoch gekonnt gesetzt in Person von "Böser Affe", ein in einem Zoo aufgewachsenen Affen (per Motion Capture gespielt von Steve Zahn), der zu Caesars Gruppe stößt und einen sehr gelungenen "Comic Relief"-Kontrast zu seinen kampferprobten Artgenossen darstellt. "Bad Ape" ist nur einer der Gründe, warum "Survival" trotz seiner thematischen Ernsthaftigkeit und seines inhaltlichen Anspruchs immer noch als exzellent gemachtes Unterhaltungskino funktioniert, denn trotz allem ist das hier immer noch eine Mainstream-Großproduktion, die beachtliche Schauwerte auffährt und einige ziemlich beeindruckende Action-Sequenzen. Allerdings nicht so groß, wie vielleicht angenommen: Auch wenn im Originaltitel von einem Krieg die Rede ist, kommt es jenseits der Eröffnungssequenz nie zu einer wirklichen Schlacht zwischen Affen und Menschen. Der finale Showdown bedient sich anderer Elemente, die für die tiefergehenden Aussagen des Films sicherlich treffend sind, manch einen Zuschauer jedoch enttäuscht zurücklassen könnten, wenn man hier irgendwie mehr erwartet hatte.
So besteht die Gefahr, dass "Survival" manche Zuschauer doch etwas ernüchtert zurücklässt, die sich für den Abschluss der Trilogie etwas deutlich Epischeres versprochen hatten. Letztlich operiert der Film für eine Produktion seiner Dimension auf einem überraschend bescheidenen Level. Doch andererseits ist es gerade das, was "Survival" genau wie seine Vorgänger zu einem wohltuenden Ausreißer aus der breiten Blockbuster-Masse macht - einem Film, dem es viel wichtiger ist, was er erzählen möchte, als den schnellsten Weg zur nächsten Action-Sequenz und einer möglichst großen Materialschlacht zu suchen. Es könnte eine ganze Weile dauern, bis wir so etwas das nächste Mal zu sehen bekommen.
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