Eigentlich hatte Tommy Jaud nach seinen Engagements bei der "Wochenshow" und "Ladykracher" nichts anderes im Sinn als etwas zu schreiben, was garantiert nicht zu verfilmen war. Aus einer Kurzgeschichte wurde ein Roman, der als "Vollidiot" die Bestseller-Listen erklomm und mehr als 800.000 Leser fand. Hätte Jaud seinen Roman zwei Jahre später geschrieben, wäre ihm dank des "Parfums" klar gewesen, dass das Wort "unverfilmbar" keinen Wert besitzt. So klingelten schon bald ein paar begeisterte Produzenten bei ihm und beauftragten ihn mit einer Drehbuch-Fassung seines Werkes. Da diese nicht so recht voran kam, wurde ihm Christian Zübert ("Lammbock", "Der Schatz der weißen Falken") als Co-Autor zur Seite gestellt, der bei der Ausarbeitung einer kinoreifen Dramaturgie behilflich sein sollte. Für den Regie-Stuhl meldete "Wixxer"-Regisseur Tobi Baumann, vielfacher ehemaliger Jaud-Kollege, Interesse an, so dass eigentlich nur noch eine Frage im Raum stand: Wer übernimmt die Rolle der Hauptfigur Simon Peters? Die Entscheidung zugunsten des TV-Clowns Oliver Pocher darf diskutiert werden. Simon Peters, von seinen Freunden auch "Simon... Peters" genannt, steht vor seinem dreißigsten Geburtstag und erlebt momentan einen "zwischenmenschlichen 11. September". Vor gut einem Jahr wurde er nach vermeintlichen Vaterschaftsfreuden von seiner Freundin verlassen (Tommy Jaud mit Gast-Auftritt als "der Andere"), sein Job in einem Mobilfunk-Geschäft kotzt ihn dank jener Kunden, die nach Klingelton-Wiederherstellung und "diesem Internet" fragen, mächtig an und die Partnersuche läuft mehr als bescheiden: Aus einem Verkupplungs-Urlaub auf den Kanaren kehrt er als Einziger "ungevögelt" zurück. Auch die weibliche Empfehlung seiner Putzfrau entpuppt sich lediglich als immerzu plappernder Quälgeist und die Stewardess, die offenbar auf seine Art von Humor steht ("Wie viele Bonus-Meilen bekommt man eigentlich, wenn man eine Stewardess vögelt?"), vergrault er daheim durch seine Porno-Sammlung. Doch dann, eines Nachts, beim Gurken-Rennen mit seinem Kumpel Flik (Oliver Fleischer), findet Simon beim Blick durch die Scheibe der "All American Coffee Company"-Filiale seine Traumfrau. Und während der End-Zwanziger bereits die Hochzeit plant, weiß Marcia (Ellenie Salvo González), die Auserwählte, noch gar nichts von ihrem Glück. Nein, Scherze über den Zusammenhang von Filmtitel und Hauptdarsteller wird es an dieser Stelle nicht geben. Über Pocher ist aber natürlich trotzdem zu reden. Nach diversen mal mehr und mal weniger unterhaltsamen Moderatoren-Auftritten bei VIVA und ProSieben ist der aufmerksamkeitsgeile, selbst ernannte B-Promi, dessen sicherlich vorhandener Humor sich leider allzu oft hinter Beleidigungen, Albernheiten und pubertärem Geschwätz verborgen hält, nun also in seiner ersten Kino-Hauptrolle zu sehen. Pocher? Hauptdarsteller? Geht das gut? Dass wir es hier nicht mit dem neuen Talent schlechthin zu tun haben, offenbart sich bereits nach wenigen Minuten. Seine Kommentare aus dem Off klingen wie abgelesen, das im Bild Gesprochene wirkt auswendig gelernt, ähnlich wie ein Gedicht-Vortrag im Deutsch-Unterricht, und wenn es später darum geht, Niedergeschlagenheit zu spielen, kommt Pocher endgültig an seine Grenzen. Pocher? Niedergeschlagen? Nein, das geht nicht. Ebenso wie es ein paar Minuten bedarf, sich an Pocher zu gewöhnen, muss auch der Film selbst einige Anlauf-Schwierigkeiten überwinden. Viele Gags treffen daher zunächst nicht ins Schwarze. Ist diese ein wenig holprige erste Phase jedoch überstanden, wird der Zuschauer anschließend mit einer ordentlichen Treffer-Quote belohnt. Der Humor ergibt sich hierbei aus netten visuellen Ideen wie einem durch die Wohnung rauschenden ICE, Wort-Witzen und natürlich dem Charakter von Simon Peters, der mit nur zu gut bekannten Problemen zu kämpfen hat, sich dabei permanent zum Affen macht und immer ein wenig überzeichnet wirkt, wobei der Balanceakt zwischen Realismus und Absurdem gut gelingt. Auch eine etwas gezwungen wirkende, aber recht gelungene Parodie (in diesem Fall auf "24"; dumm gelaufen: "Neues vom Wixxer" war schneller) darf natürlich nicht fehlen. Zu guter Letzt sind es die Kleinigkeiten, die "Vollidiot" sympathisch machen, wie der Single-Sessel von IKEA für die Single-Wohnung oder die "Hand im Gesicht" vorm ersten Date. Überwiegend gelungene Gags, ein Regisseur, der einen deutschen Film ausnahmsweise schon rein äußerlich über TV-Niveau hebt, ein stimmungsvoller Soundtrack, Anke Engelke als herrliche Filialleiterin "Die Eule" sowie ein letztendlich passend gewählter Hauptdarsteller lassen den Rezensenten trotz diverser Film-Schnitzer nur zu einem Urteil kommen: Der "Vollidiot" macht Spaß. Aber wie immer bei Roman-Verfilmungen gilt auch hier: So manch einer wird sich das alles sicher ganz anders vorgestellt haben. |
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