Wie grottenschlecht muss es um ein Genre bestellt sein, wenn Parodien als die am Ehesten vorzeigbaren Vertreter gelten? Filme wie "Shaun of the Dead", "Slither" oder "Severance", eigentlich ja als Komödien gedacht, boten im Grunde effektiveren Horror als all die "Saw"-Fortsetzungen und Remakes/Reboots des letzten Jahrzehnts. Einige wenige Werke, die zumindest in punkto Atmosphäre und Effektivität bestachen ("Rec.", "Wolf Creek", "The Descent"), haben sich in den vergangen Jahren zwar schon auf der Leinwand blicken lassen, doch wer darüber hinausgehend auch auf so etwas wie Originalität und Mut zum Risiko Wert legt, muss fast zwangsläufig auf den DVD-Markt ausweichen. Der heiß diskutierte, dem Hype etwas zum Opfer gefallene "Martyrs" war so ein Film, den man dort finden konnte; Christopher Smiths "Triangle" ist so ein Film.
Sechs Freunde in den mittleren Jahren, darunter Jess (Melissa George), die gestresste Mutter eines autistischen Kindes, fahren eines schönen Tages mit dem Segelboot von der Küste Floridas auf den Atlantik hinaus. Auf offener See ereignet sich schon bald Seltsames: Herrscht von einer Sekunde auf die andere noch Windstille, ziehen plötzlich dunkle Wolken über dem kleinen Boot auf und ein heftiger Sturm samt Riesenwelle bricht über die Besatzung herein. So schnell und unerwartet das Unwetter aufkam, so schnell verschwindet es allerdings auch wieder. Zurück bleiben fünf ratlose Menschen auf einsamer See, die über den Verlust einer Freundin trauern. Doch Rettung naht in Form eines riesigen Ozean-Dampfers. Die Überlebenden klettern an Bord, erkennen aber bald, dass sie offenbar fast allein sind. Besonders verwirrend und beängstigend entwickelt sich die Situation für Jess, da sie der festen Überzeugung ist, schon einmal auf diesem Schiff gewesen zu sein.... Befänden wir uns nun in einem handelsüblichen "Zehn kleine Negerlein"-Filmchen, so wäre klar, wo die Reise hingeht: Irgendein Killer, nicht zwangsläufig menschlicher Natur, dezimiert auf blutige Weise die (kiffenden, unzüchtigen, schwarzen) Protagonisten, bis er am Ende des Films an den körperlich unterlegenen, geistig überlegenen Helden der Geschichte gerät und selbst das Zeitliche segnen muss. "Triangle" ist anders - und das in mehr als einer Hinsicht. Christopher Smith, im Gegensatz zu "Severance" wieder allein für das Drehbuch verantwortlich, hat aber nicht nur auf narrativer Ebene einiges ausgetüftelt, sondern weiß seinen Film auch gekonnt in Szene zu setzen. Dies beginnt beim eigentlich vollkommen gewöhnlichen, bereits Bedrohung vermittelnden Vorspann und setzt sich mit einer angenehmen Inszenierung der Schiffs-Ereignisse fort. Angenehm insofern, als dass billige Kartenspielertricks wie sich öffnende Türen oder unangenehme Übertreibungen auf der Tonspur hier nicht existieren. Eher im Gegenteil: Mancher Ungläubigkeit hervorrufende Schockmoment, und davon gibt es zumindest einen richtig guten, wirkt fast wie beiläufig in den Film integriert. Eher eine Ausnahme im modernen Horrorfilm, dass dann doch dem Zuschauer überlassen bleibt, was er als schockierend und gruselig empfindet und was nicht. Als richtig misslungen kann deshalb hier im Prinzip auch keine einzige Szene bezeichnet werden, weil eben nichts so inszeniert ist, als ob es unbedingt "gelingen" müsste. Der Wirkung von "Triangle" tut diese Vorgehensweise jedenfalls keinen Abbruch. Ebenfalls sehr erfreulich - und alles andere wäre in diesem Film auch deplatziert gewesen - ist die Entscheidung, Hauptdarstellerin Melissa George trotz knapper Bekleidung nicht als Sex-Objekt zu inszenieren. Wie nahe liegend wäre bei diesem Szenario eine Szene gewesen, in der George mit ihrem weißen Oberteil von kübelweise Wasser übergossen wird - doch "Triangle" spart sich solche dem Genre nicht unfremden, billigen Hingucker-Momente. Mag die Grundidee an sich kein Quell sprudelnder Originalität sein, so setzt sich deren Umsetzung im wahrsten Sinne des Wortes erfrischend von jüngeren, nach immer gleichem Muster gestrickten Gruselstorys ab. Christopher Smith wagt und gewinnt. Mit einer Geschichte, die ein ums andere Mal zu überraschen weiß (und sich mit krassen Plotlöchern und Logikpatzern zurückhält), einer souveränen Inszenierung, die auf lächerliche "Huch, nur eine Katze"-Effekte dankenswerterweise verzichtet, und einer Melissa George in der Hauptrolle, der zumindest im Horror-Genre derzeit nicht viele das Wasser reichen können. Wessen Glaube an clever konstruierte Genre-Filme noch keinen Schiffbruch erlitten hat, der sollte die Videothek seines Vertrauens aufsuchen und mit "Triangle" auf Geisterfahrt ins Bermuda-Dreieck gehen. Triangle DVD
|
Neuen Kommentar hinzufügen