Perfect Sense

Originaltitel
Perfect Sense
Jahr
2011
Laufzeit
92 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Frank-Michael Helmke / 25. Oktober 2011

 

Die Wissenschaftlerin Susan (Eva Green) und der Koch Michael (Ewan McGregor) lernen sich zufällig kennen und könnten angesichts gegenseitiger Anziehung eigentlich ziemlich fix zusammen glücklich werden, wären sie beide nicht ein klein wenig beziehungsgestört: Er ein Hedonist, der nicht mit einer anderen Person im Bett schlafen kann (und drum Perfect Senseseine Sex-Gefährtinnen nach dem Akt nach Hause schickt), sie eine hochgradig Frustrierte, die der festen Auffassung ist, dass jeder Mann, in den sie sich verliebt, ein Arschloch sein muss. Dem sich nur langsam anbahnenden Glück der beiden steht jedoch noch etwas im Weg, und zwar die sich entfaltende Apokalypse in Form einer unerklärlichen Epidemie, die der gesamten Menschheit nach und nach all ihre Sinneswahrnehmungen raubt.

Beziehungsdrama und Endzeitfilm, das ist ein Mash-Up, auf das man erstmal kommen muss. Und die Prämisse der nach und nach verschwindenden Sinne klingt im ersten Moment auch faszinierend genug, als dass man mal einen Blick riskieren will. Was man dann allerdings zu sehen bekommt, ist relativ ernüchternd, weil ein von der ersten Sekunde an ganz grässlich prätentiöser Arthouse-Film, der noch extra laut stöhnt, damit man auch ja merkt, wie viel Bedeutungsschwere auf ihm lastet.

Hier geht es natürlich gar nicht wirklich um eine mysteriöse Seuche und ob und wie diese zu bekämpfen ist. Mit solchen konventionellen Banalitäten aus zahllosen anderen Epidemie-Filmen hält sich „Perfect Sense“ gar nicht erst auf. Stattdessen ist die Epidemie hier ein mächtig mit Symbolik überfrachtetes Konstrukt, das zum einen metaphorisch dafür steht, dass die ganze Menschheit davor gerettet werden muss, ihre Menschlichkeit zu verlieren (die erste Perfect SenseStufe, der allgemeine Verlust des Geruchssinns, wird holzhammermäßig mit der medizinischen Bezeichnung „Severe Olfactory Syndrome“ versehen – SOS); zum anderen sorgt sie dafür, dass alle Menschen das Leben und seine vielfältigen Wahrnehmungsfreuden viel mehr zu schätzen lernen, nachdem ihnen einige dieser Freuden genommen wurden. Oder, wie schon Joni Mitchell einst sang: „You don’t know what you got ‘til it’s gone.”

Entscheidender Schönheitsfehler dieser wenig subtil vorgetragenen Botschaft ist indes die Konsequenz, mit der “Perfect Sense” seine Prämisse durchzieht. Zugegeben, er findet schöne und treffende Bilder für das Verschwinden der einzelnen Sinne, und Michaels Beruf als Koch erweist sich dafür als sehr nützlich: Als zunächst die ganze Welt ihren Geruchssinn verliert und somit auch die Fähigkeit zur Wahrnehmung feinerer Geschmacksnuancen, wird in der Küche einfach umso kräftiger gewürzt. Als dann auch der Geschmackssinn flöten geht, gewinnt der Satz „Das Auge isst mit“ eine ganz neue Bedeutung, denn plötzlich zeichnet sich ein gutes Essen durch seine starken Farben und fühlbare Sinneserfahrungen wie Knackigkeit aus.

Soweit, so originell. Doch mit diesen zwei Sinnen weg, bleiben nur noch drei übrig: Hören, sehen und fühlen. Und wenn man sich jetzt eine Welt vorstellt, in der diese ebenfalls auch noch verschwinden, wird das sanft poetisch angehauchte Konstrukt von „Perfect Sense“ ganz schnell schrecklich deprimierend, und sein gesamter lebensbejahender Pathos fällt in Perfect Sensesich zusammen, da hier alles auf eine Welt hinaus läuft, in der niemand mehr wird überleben können. Wenig verwunderlich, dass der Film es nicht einmal selbst schafft, sich sein eigenes Szenario in all seiner finalen Konsequenz vorzustellen – es ist nicht zuviel verraten, dass am Ende von „Perfect Sense“ immer noch ein Sinn übrig ist.

Im Kontrast zu dem, was in der Welt um sie herum vor sich geht, wirken die Beziehungsprobleme von Michael und Susan derweil, obwohl eigentlich das Zentrum des Films, komplett irrelevant. Die Eigenheiten und Problemchen der beiden sind angesichts des großen Ganzen, das hier illustriert wird, ebenso bedeutungslos wie uninteressant, weshalb man als Zuschauer auch zu keinem Zeitpunkt wirklich involviert mit dieser Beziehung mitgeht. Daran ändern weder die einmal mehr ausgiebig zur Schau gestellten schönen Körper von McGregor und Green etwas, noch ihre zugegebenermaßen großartigen schauspielerischen Leistungen hier, denn das Konstrukt des Seuchenverlaufs und seiner Begleiterscheinungen schickt die beiden Hauptakteure hier durch ein enormes emotionales Spektrum, in dass sich McGregor und Green mit bewundernswerter Konsequenz hineinstürzen.

Trotzdem versagt „Perfect Sense“ letztlich aufgrund seiner eigenen, viel zu überhöhten Ansprüche: Ein Film, der ganz unbedingt ganz fundamentale Dinge vermitteln will, aber genau deswegen am Ende nur gekünstelt und gewollt bedeutungsschwanger wirkt.

Bilder: Copyright

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