One Night Off

Jahr
2021
Laufzeit
100 min
Genre
Release Date
Streaming
Bewertung
6
6/10
von Frank-Michael Helmke / 28. Dezember 2021

Nachdem Konkurrent Netflix schon einige (eher mittelprächtige) deutsche Spielfilm-Eigenproduktionen präsentiert hat, legt nun auch Amazon seinen ersten exklusiven deutschen Streifen fürs eigene Publikum vor - und der wirkt ziemlich maßgeschneidert für die Streaming-Kundschaft: Du bist noch leidlich jung und gehst eigentlich gerne aus, hast aber jetzt Familie und verbringst den Samstagabend daher nicht mehr im Kino, sondern daheim vorm Fernseher? Bitte schön, hier ist ein Film für dich.

Der feierfreudige Noah (Emilio Sakraya) hat mit Freundin Marie (Milena Tscharntke) einen Sohn bekommen, und seitdem ist es mit dem Party machen vorbei. Nachdem Marie sich ein halbes Jahr intensiv ums Kind gekümmert hat, ist nun Noahs Elternzeit dran, und Marie muss übers Wochenende Job-bedingt verreisen. Noahs erste echte Bewährungsprobe als Papa - doch ausgerechnet an diesem Abend will ihn sein bester Freund Baumi (Andreas Helgi Schmid) dazu verführen, ihren Lieblings-Club zu besuchen, denn der wird nach dieser Nacht für immer geschlossen. Die letzte Party in seiner Feier-Heimat kann Noah sich kaum entgehen lassen, und so geht's samt Baby ab auf die Piste - aber nur ganz kurz. Wirklich... Noah darf sich nur nicht von seiner Schwägerin (Carol Schuler) erwischen lassen, denn die hält ihn eh für unverantwortlich und unfähig und lauert nur darauf, ihrer Schwester Marie zu beweisen, dass man Noah nicht mit dem Kind allein lassen kann. 

Was folgt, ist eine Komödie nach bewährtem Strickmuster: Im Verlaufe einer wilden, turbulenten Nacht geht so ziemlich alles schief, was schief gehen kann, bis alle Beteiligten und alle Zuschauer überzeugt sind, dass Noah da nie wieder heil rauskommt. Der Film versucht dabei den nicht ganz uninteressanten Spagat, Noah trotz seines fraglos komplett unverantwortlichen Impulses - mit Baby raus ins Nachtleben - als durchaus verantwortungsvollen Vater darzustellen, den einzig die widrigen äußeren Umstände davon abhalten, das Beste für sein Kind zu tun. So versucht man, all die jungen Eltern unterm Streaming-Publikum abzuholen, die sich im selben Dilemma befinden: Vernünftig ums Kind kümmern, aber auch so gern nochmal feiern wollen. 

Das ganze sich entfaltende Chaos ist durchaus amüsant, auch und vor allem, wenn man eben die Tücken des Elternseins und der Kinderbetreuung kennt. Den Drehbuchautoren sind dabei auch ein paar Momente gelungen, deren Komik fast schon inspiriert ist (Stichwort: Stahlbeton). Wobei sich der Film auch dadurch konsequent ins sichere Fahrwasser der seichten Unterhaltung rettet, dass Noahs Sohn ein extrem pflegeleichtes und chronisch gut gelauntes Baby ist (das nur einfach nicht einschlafen will). Unter realistischen Umständen würde eigentlich den halben Film lang unerträgliches Geplärre herrschen.

Die berühmte "suspension of disbelief" muss seitens des Publikums hier ohnehin sehr viel Arbeit leisten: Ein Gutteil der "Ein Problem jagt das andere"-Kapriolen kommt nur zustande, weil der Plot auf Biegen und Brechen dahingebogen wird (Stichwort: Muttermilch), und wenn man anfängt, genauer zu hinterfragen, wie sinnhaft das jetzt alles ist, kann man sich den eigenen Spaß an "One Night Off" sehr schnell kaputt machen. Das geht schon beim auslösenden Ereignis los: Dass Noah erst an diesem Tag über seinen besten Freund erfährt, dass der wichtigste Ort seiner Party-Jugend just heute für immer schließen wird, ist eigentlich schon völlig hanebüchen.  

Ein großer Wurf ist der Film wahrlich nicht, und er hat so einige Schwächen, über die man wohlwollend hinwegsehen muss - was leichter fällt, wenn man "One Night Off" eben nicht in Kino-Kategorien betrachtet, sondern eher als Fernsehfilm wahrnimmt. Schauspielerisch räumt hier zum Beispiel niemand sonderlich ab, Hauptdarsteller Emilio Sakraya lebt hauptsächlich davon, dass auf ihn die Attribute "süß und harmlos" passen. Und Schwägerin-Antagonistin Carol Schuler spielt ab ihrer allerersten Szene so übertrieben drüber, dass es sogar dem Plot schadet: Wenn ihre Figur ab einem gewissen Punkt handlungsbedingt tatsächlich "drüber" sein soll, bemerkt man den Unterschied zuerst kaum, weil sie sich eben genauso verhält wie vorher. Auch ein Zeichen einer eher durchwachsenen Regie, die es sich etwas leicht damit macht, einfach immer nach dem Strickmuster "Überzeichnet = komisch" zu agieren. 

Aber dennoch: Man hat aus deutschen Landen schon deutlich unlustigere und uncharmantere Komödien-Versuche dieser Art gesehen. Und für einen ganz netten, leidlich amüsanten und unterhaltsamen Streaming-Abend im Heimkino, nachdem die Kinder im Bett sind, ist "One Night Off" absolut ausreichend. Mehr wird die Streaming-Kundschaft hier wohl auch nicht erwarten. 

Bilder: Copyright

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