Man kann den Vorspann des Films in seiner offensichtlichen CGI-Herkunft etwas albern finden, aber eine schöne Idee ist er allemal. Der Zuschauer verfolgt dort den Weg einer Patrone von der Herstellung in der Fabrik über mehrere Stationen bis in ihr Ziel, den Schädel eines afrikanischen Kindersoldaten. Da die ganze Sequenz dann noch mit Buffalo Springfield's "For What It's Worth" unterlegt wird, ahnt man schon, wohin sich Andrew Niccols Waffenhändlerdrama orientiert. Sentimentalität gibt's hier nicht und Gnade auch keine.
Beides kennt auch der titelgebende Händler des Todes nicht: Yuri Orlov (Nicolas Cage) ist einer der besten Waffendealer der Welt. Als Sohn ukrainischer Einwanderer will er nicht wie sein jüngerer Bruder Vitaly (unterbenutzt: Jared Leto) drittklassigen Borschtsch im Restaurant seiner Eltern kochen. Als er sich überlegt, welcher Beruf immer eine Zukunft haben wird, landet er schnell beim Waffenhandel. Nach dem Ende des Kalten Krieges blüht das Geschäft mit alten sowjetischen Waffen so richtig auf und Orlov wird - vom von mehr oder weniger moralischen Motiven getriebenen Konkurrenten Weisz (Ian Holm) misstrauisch beobachtet - zum neuen ‚Star' des illegalen Geschäfts. Was auf Seiten des Gesetzes den Agenten Jack Valentine (Ethan Hawke, wie in "Training Day" relativ blass in undankbarer Rolle) auf den Plan ruft, der nun über Jahre hinweg versucht, Orlov festzunehmen. Und letztlich gibt es da noch Yuris Frau Ava (Bridget Moynahan), die zuerst vor den mysteriösen Geschäften ihres Mannes die Augen verschließt. Als sich Orlov jedoch mit einem größenwahnsinnigen afrikanischen Diktator (Eamonn Walker) einlässt, droht sein Geschäfts- und auch Privatleben ins Schwanken zu geraten.
Nun muss man kein Prophet sein, um nicht prognostizieren zu können, dass dem Aufstieg von Orlov auch ein Fall folgen muss. Erfreulich, dass "Lord of War" dann trotzdem ganz konsequent ist und sich seine brutale Logik bis zum Ende beibehält. Gutmenschenmentalität bleibt auch nach dem Fall des Protagonisten außen vor und läuft so den klassischen Konventionen des Bildungsromans zuwider.
Oder bestätigt sie halt: Am Ende hat der von Nicolas Cage mit typisch manischer Energie gespielte Protagonist seinen Platz in der Gesellschaft gefunden. Launig begleitet wird die Aufstieg-und-Fall-Parabel von niemand anderem als dem Protagonisten selbst, der die Geschehnisse mit derb-zynischen Bonmots aus dem Off kommentiert (Originaltonfassung wieder mal Pflicht!). Das ist oftmals witzig, besonders wenn man extrem schwarzem Humor zugetan ist, angesichts des Themas gefriert einem allerdings manchmal das Lächeln auf den Lippen.
Das größte Problem des Films ist dann auch der coole Zynismus des Ganzen. Nicht, weil es zynisch ist, einen coolen Film über Waffenhändler zu machen (obwohl es das natürlich ist), oder weil es nicht cool ist, sich diesem Thema zynisch zu nähern (denn anders ginge es kaum). Sondern ganz einfach, weil man von dem Film dermaßen auf Distanz gehalten wird, dass die Emotionen des Zuschauers so gut wie gar nicht involviert werden. Ein Lehrstück ist es also, in edlem Design und im Grunde auch korrekter Methode. Aber auch ein Film, der kalt ist wie das Metall der gezeigten Schusswaffen, und einen so wenig bewegt wie es Yuri Orlov selbst vom Schicksal der mit seinen Waffen Erschossenen ist.
Weniger spaßig als der im Ton durchaus ähnlich gelagerte "Three Kings", ist "Lord of War" durchaus feines Kino, das sich auf ganz eigene Art mit einem Thema beschäftigt, mit dem Hollywood-Blockbuster normalerweise nichts zu tun haben wollen. So gesehen kann man "Lord of War" durchaus in eine Reihe stellen mit der Reihe von neuen Filmen mit politischem Gewissen wie "Der ewige Gärtner", "Syriana" oder "Good Night And Good Luck". Wenn man aber an den emotionalen Eindruck denkt, den etwa die tragische Geschichte des "ewigen Gärtners" hinterlassen hat, dann muss man doch feststellen, dass hier was fehlt.
Denn weil das Ganze sowohl launisch und unterhaltsam als auch ein wenig kritisch sein will, fallen ein paar Sachen flach, darunter eben jener emotionale Eindruck. Auch unklug, dass man das mittlerweile zu Tode abgenudelte, ursprünglich großartige Cohen-Cover "Hallelujah" von Jeff Buckley an einer Schlüsselstelle benutzt und es nicht funktioniert: Nein, berühren will uns das nicht. Nicht mal als Bestätigung dafür, wie wenig Menschenleben tatsächlich wert sind. Trotzdem unterhaltsamer und wichtiger als viele andere Hollywoodfilme. For What It's Worth.
Neuen Kommentar hinzufügen