
Wie aufregend, ein neuer „Hercules“-Film! Der seit Jahrzehnten unter anderem in mehreren italienischen Sandalenfilmen, einer langjährigen TV-Serie oder auch als Disney-Animation vermarktete, gute alte Sagenheld ist einfach nicht totzukriegen und im Grunde gehört es sich für einen echten Göttersohn ja auch nicht anders. Dass nun jedoch gleich zwei Filmstudios quasi gleichzeitig einen neuen Kinofilm mit dieser Figur in Auftrag gaben ist schon etwas überraschend. Normalerweise greift in solchen Fällen dann stets das Werk die besseren Box Office-Zahlen ab, welches es schafft als Erstes in die Lichtzuspielhäuser zu kommen. Das ist in diesem Fall mal anders, was daran liegt, dass der im Frühjahr dieses Jahres kurz gelaufene „Legend of Hercules“ in der Version des seit langem eher unglücklich agierenden Renny Harlin so uninteressant ausfiel, dass er vom Publikum nahezu unbemerkt blieb. Aber natürlich vor allem auch daran, dass der Film von Brett Ratner nun mit Dwayne Johnson den im Vergleich zu Kellan Lutz wesentlich populäreren Hauptdarsteller vorweisen kann. Und zudem den einfach Charismatischeren und schlicht Besseren.
Er ist nicht nur eine Legende, sondern es gibt ihn wirklich: Hercules, der (angebliche) Göttersohn, dessen sagenhafte Taten man spätestens dann nicht mehr anzweifelt, wenn man ihn höchstpersönlich in Aktion erlebt. Zusammen mit seinem Team aus Bogenschützen, Amazonen, Kraftprotzen und Strategen verdingt sich der Abkömmling des Zeus allerdings auch gerne gegen entsprechende Bezahlung als Söldner, vorzugsweise jedoch im Dienste einer guten Sache. Aktuell gilt es das Königreich von Lord Cotys (John Hurt) gegen eine Armee offensichtlich ziemlich finsterer Aufständischer zu verteidigen. Dass im Hintergrund zudem noch ein alter Feind (Joseph Fiennes) mit an den Fäden spinnt, der einst für ein traumatisches Erlebnis in Hercules Leben verantwortlich war, verleiht der Mission zusätzliches Gewicht - doch irgendwann kommen dem wackeren Recken und seinen Getreuen erste Zweifel, ob sie denn tatsächlich auf der richtigen Seite kämpfen.
Mit der klassischen Legende von den zwölf Prüfungen des Hercules hat diese Geschichte nur wenig zu tun, aber es ist ja grundsätzlich nichts Schlechtes sich etwas Neues auszudenken. Allerdings bietet die gezeigte Alternativhandlung, die auf einem mäßig bekannten amerikanischen Independent-Comic beruht, auch nichts, was man nicht schon sehr oft gesehen hätte, und ist überhaupt so simpel gehalten, dass sie kaum vom Wesentlichen ablenkt – selbst die „dramatische“ Wendung nach ungefähr der Hälfte der Laufzeit entpuppt sich als alles andere denn eine große Überraschung. Und das „Wesentliche“ sind hier natürlich die diversen Schlachtszenen die man von einer Figur namens Hercules erwarten darf, plus ein wenig Spaß mit den lockeren Sprüchen der meist überlegen und selbstbewusst auftretenden Kämpfer unter- oder gegeneinander. In beiden Kategorien liefert der Film ordentliches Futter ab, ohne sich jedoch dabei ein Prädikat verdienen zu können, das über die Wertung „solide“ hinausgeht.
Wo die Action aber lediglich mittelprächtig ausfällt und selbst im großen Finale eher unspektakulär bleibt, da muss es dann doch größtenteils die Titelfigur rausreißen und die hat, das kann man kaum abstreiten, in „The Rock“ so etwas wie eine Idealbesetzung gefunden. Denn genau für solche Rollen ist der ehemalige Westler natürlich prädestiniert, hat außerdem in den letzten Jahren auch schauspielerisch Einiges dazugelernt und versprüht hier einfach eine Präsenz bei der der Betrachter spürt, dass da jemand mit großem Spaß und hoher Motivation bei der Sache war. Seine Begleiter bleiben dagegen eher farblos und auf eine einzelne Eigenschaft bzw. Fähigkeit reduziert, und auch die gestandenen Mimen John Hurt und Joseph Fiennes belassen es in der Ausführung ihrer zwielichtig angelegten Charaktere bei durchschnittlicher Hausmannskost.
Alles in allem erweist sich diese neueste und mit ziemlicher Sicherheit noch nicht letzte „Hercules“-Variante daher als nicht mehr als ein ordentlich inszeniertes, fast schon klassisches B-Picture. Das kann nach all der Gigantomie des modernen Blockbuster-Kinos ja durchaus mal ganz nett und erholsam sein, aber allzu aufregend fällt das Ergebnis halt auch nicht aus.
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