In den letzten Jahren ist es an der Kinokasse ein klein wenig ruhiger geworden um Tom Hanks („Catch me if you can“, „The Da Vinci Code“). Aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und einer sich verändernden Kinolandschaft rücken inzwischen andere Darsteller ins große Rampenlicht. Dabei hat der zweifache Oscar-Preisträger nichts von seinem Charme verloren und gerade beim eher älteren Publikum hat Hanks noch immer einen festen Platz im Kinoherzen sicher. Faktoren, die sich Apple TV+ nun schon zum zweiten Mal zu Nutze machen möchte. Nach „Greyhound“ präsentiert man uns darum mit „Finch“ gleich die nächste exklusive Zusammenarbeit mit dem namhaften Hollywoodrecken. Doch für einen guten Film braucht es mehr als nur einen charismatischen Hauptdarsteller. Abgesehen von Hanks bietet „Finch“ am Ende leider nur relative banale Durchschnittskost ohne Tiefgang und scheitert vor allem daran, aus düsterer Postapokalypse und kindgerechtem Humor ein funktionierendes Ganzes formen zu wollen.
Abgeschottet von der Außenwelt um das Überleben zu kämpfen ist für Tom Hanks nun ja nicht wirklich schauspielerisches Neuland. Im Gegensatz zu „Verschollen – Cast away“ ist es hier aber eine Klimakatastrophe, mit deren dramatischen Folgen sich unser Protagonist konfrontiert sieht. Um sich vor der Hitze der postapokalyptischen Welt zu schützen hat sich Finch zusammen mit seinem Hund in einer alten Industrieanlage verschanzt. Angesichts eines sich rapide verschlechternden Gesundheitszustands macht sich bei Finch allerdings die Sorge breit, wer sich denn nach seinem Tod um den Hund kümmern soll. Die Lösung: ein Pflegeroboter mit Sprachfunktion muss her. Praktisch, dass Finch als findiger Ingenieur diesen selbst konstruieren kann. Bevor Finch seinem neuen Geschöpf aber überhaupt Manieren beibringen kann, wird er schon dazu gezwungen seine sichere Unterkunft zu verlassen. Und so beginnt für das ungleiche Paar in einem alten Campervan ein Roadtrip mit ungewissem Ausgang.
Mit dem Szenario einer Klimakatastrophe trifft „Finch“ natürlich genau den Puls der Zeit. Doch Fans von cleveren postapokalyptischen Szenarien seien gewarnt – was hier genau passiert ist und welche Auswirkungen dies auf die Gesellschaft hatte, wird im Film nie wirklich ausführlich diskutiert. Optisch ist das dagegen durchaus eindrucksvoll, was einem die Visual Effects-Abteilung hier präsentiert sobald Finch seinen sicheren Unterschlupf verlässt. Wobei deren Arbeit auch dadurch erleichtert wird, dass die ständigen Hitze- und Sandstürme die Sichtweite meist deutlich reduzieren.
Doch im Fokus steht eben weniger die Welt, sondern viel mehr die Charaktere und das was sie auf ihrer Reise lernen – so wie es sich für ein klassisches Roadmovie gehört. Doch genau da liegt dann auch das große Problem des Films. So richtig kommt die Beziehung zwischen Finch und dessen Kreation nämlich nicht ins Rollen. Dabei überzeugt der später auf den Namen Jeff getaufte Roboter aber zumindest in Sachen Design. Wie sich Finch aus verschiedenen Bauteilen den Roboter zusammenimprovisiert ist eine der gelungensten Sequenzen des Films. Doch es ist das, was drinsteckt, das zu Problemen führt.
Um wirklich beim Publikum zu funktionieren braucht selbst ein Roboter einen glaubwürdigen Charakter. Doch man hat bei Jeff das Gefühl, dass er vom Drehbuch lediglich als trottelige Gagmaschine und nicht als gleichberechtigter Partner erdacht wurde. Immer wenn die Handlung etwas düster zu drohen wird, stolpert Jeff durch die Gegend und baut Unsinn. Das hat am Anfang noch durchaus Charme, sorgt aber im weiteren Verlauf eher für Langeweile. Man hat nicht so wirklich das Gefühl, dass Jeff etwas lernt oder dessen Charakter komplexere Züge annimmt. Stattdessen stagniert Jeff eher auf einem Niveau, das besser in einen Kinderfilm oder in einer leichten Komödie im Stile von „Nummer 5 lebt“ aufgehoben wäre.
Aber genau das ist „Finch“ eben nicht. Dafür ist das Szenario und Finchs Situation einfach zu ernst. So wirkt es einfach deplatziert, wenn Jeff humorvoll-naiv die Gegend erkundet, während sein Erschaffer über der Toilette Blut spuckt. Humor und Drama zu jonglieren ist keine leichte Aufgabe, und dieser Film scheitert leider deutlich daran. Was vor allem auch daran liegt, dass Finch und Jeff nie wirklich eine überzeugende Beziehung zueinander aufbauen. Auch weil man irgendwie das Gefühl hat, dass Jeff für Finch eigentlich immer nur eine Last ist und er diesen nur als Mittel zum Zweck betrachtet. Denn das Herz von Finch schlägt eigentlich am stärksten für seinen Hund, der hier aber nur eine Randrolle einnimmt.
Es ist alleine dem natürlichen Charisma von Hanks zu verdanken, das man das ganze Treiben noch halbwegs interessiert verfolgt. Doch auch Hanks hat das Problem, dass seine Figur nie wirklich die Gelegenheit bekommt ihr Innenleben mit dem Publikum zu teilen. Viel mehr als dass Finch Menschen hasst und Hunde liebt erfahren wir eigentlich nicht über ihn. Für einen Roadtrip ist das eindeutig zu wenig. So sind viele Dialoge zwischen Finch und Jeff am Ende einfach zu banal und oberflächlich, um wirklich emotionale Reaktionen hervorzurufen. Und auch die Inszenierung schafft es nur bedingt dem Ganzen etwas Spannung oder Dramatik abzugewinnen.
Irgendwie ist es dann auch bezeichnend, dass der Film genau dann endet, wenn es gefühlt zum ersten Mal wirklich interessant werden könnte. So ist auch „Finch“ letztendlich leider keine wirkliche Werbung für den Streamingdienst aus Cupertino. Glücklicherweise gibt aber zumindest der Blick auf Hanks' nächsten Projekte etwas Hoffnung. Hier stehen Kooperationen mit Baz Luhrmann, Robert Zemeckis und Wes Anderson auf dem Zettel. Und das klingt ja schon fast wieder wie alte Zeiten...
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