Der Mann (Sam Worthington), der sich im vornehmen Roosevelt-Hotel von Manhattan einquartiert, ist kein normaler Gast. Er verwischt sorgsam sämtliche Spuren und Fingerabdrücke, die er in seinem Zimmer hinterlassen hat, verfasst eine kurze Notiz und steigt dann auf den Fenstersims in 70 Metern Höhe. Schnell versammelt sich auf der Straße eine Menschenmenge, es stoßen Fernsehteams dazu und auch die Polizei rückt an. Die Identität des vermeintlichen Selbstmörders ist bald geklärt: Es handelt sich um den ehemaligen Cop Nick Cassidy, der wegen eines Millionendiebstahls verurteilt wurde und eigentlich hinter Gittern im Gefängnis sitzen sollte, aus dem er aber vor kurzem ausgebrochen ist. Über die Situation verhandeln will er ausschließlich mit der Polizei-Psychologin Lydia Anderson (Elizabeth Banks), während gleichzeitig auf dem Dach des benachbarten Hochhauses zwei mit ihm in Kontakt stehende Helfer mit den Vorbereitungen zu einem Einbruch beginnen. Was also soll das Ganze? Will Cassidy sich tatsächlich das Leben nehmen oder eher mit Hilfe der öffentlichen Aufmerksamkeit seinen Namen reinwaschen? Oder dient die ganze Aktion vielleicht doch nur zur Vorbereitung eines weiteren Verbrechens?
Diese Geschichte vom „Mann auf dem Sims“ klingt wesentlich interessanter als es der nichtssagende deutsche Titel vermuten lässt, und sie ist es auch. Der Film des Regiedebütanten Asger Leth gibt sich redlich Mühe den eigentlichen Zweck der Aktionen von Cassidy so lang wie möglich im Dunkeln zu belassen, obwohl man als Zuschauer doch früh zumindest etwas mehr weiß als die restlichen Protagonisten der Handlung. Zwar kommt schnell das unbestimmte Gefühl auf, dass der sympathische und aufrecht verzweifelt wirkende Ex-Cop wohl wirklich das Opfer einer Verschwörung wurde, aber ganz sicher kann man sich vor allem aufgrund der zweifelsohne kriminellen Aktivitäten seiner Freunde in der unmittelbaren Umgebung dabei eben doch nicht sein.
Ebenfalls reizvoll ist natürlich die Maßnahme, die Hauptfigur hier fast über die gesamte Spieldauer lediglich auf einem schmalen Fenstervorsprung stehen zu lassen und Sam Worthington („Avatar“) somit nur einen sehr engen Aktionsradius zur Verführung zu stellen, den der Australier aber weidlich nutzt um mal ein wenig von seinem Image als reiner Action-Darsteller wegzukommen. Was nicht heißen soll, das wir es hier mit einem reinen Dialog-Film zu tun hätten, denn sowohl die Rückblenden zum Gefängnisausbruch mit einer wilden Auto-Verfolgungsjagd, als auch der im Stile eines typischen Heist-Thrillers mit allerlei technischen Spielereien ablaufende Einbruch im Nachbargebäude bieten auch Einiges fürs Auge. Wie wohl für den Einen oder Anderen auch die beiden Hauptdarsteller, wobei aber vor allem Elisabeth Banks („The next three Days“) fast ein wenig zu hübsch und wie aus dem Ei gepellt bzw. geschminkt daherkommt, um ihrer eigentlich eher nüchtern-depressiven Psychologin große Glaubwürdigkeit verleihen zu können.
Auch in den Nebenrollen ist durch Jamie Bell („Billy Eliott“) oder Altmeister Ed Harris als eiskaltem Geschäftsmann Kompetenz und Klasse vertreten und gewürzt wird das Ganze dann noch mit ein wenig Medienkritik, wobei die sensationsgeilen Reporter, die mit einem Hubschrauber-Vorbeiflug den guten Cassidy beinahe zum Absturz bringen, doch ein wenig übertrieben wirken. Dass die Geschichte interessant und abwechslungsreich konstruiert wurde, kann ebenfalls nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie zweifellos nicht besonders realistisch ist. Da zudem öfter mal ein glücklicher Zufall und sehr günstiges Timing dafür herhalten müssen, dass der ausgeklügelte „riskante Plan“ auch tatsächlich halbwegs funktioniert, ist beim Betrachter schon eine gewisse Genügsamkeit gefordert, über solche kleinen Schwächen großmütig hinwegzusehen. Wem das gelingt, der dürfte sich beim diesen leicht überdurchschnittlichen Thriller aber insgesamt angenehm unterhalten fühlen. Und mehr war hier sicher auch gar nicht beabsichtigt.
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