Die Spionage-Romane von Robert Ludlum erfreuen sich - im Gegensatz zu denen anderer Thriller-Autoren wie John Grisham oder Tom Clancy - nur einer geringen Beliebtheit bei den Produzenten aus Hollywood. Gerade mal eine knappe Handvoll seiner über 30 Romane wurde verfilmt, wobei die "Bourne Identität" aber anscheinend einen besonderen Reiz ausübt: Neben einer TV-Miniserie mit Richard Chamberlain diente die Story vom Agenten ohne Gedächtnis nämlich auch noch als Vorlage für die Comicserie ""XIII", die zumindest in Frankreich und Belgien für sechsstellige Verkaufszahlen sorgt. Nun gibt es also auch die Adaption für die Kinoleinwand, in die Titelrolle schlüpft Matt Damon, und begleitet wird er dabei von Deutschlands Exportschlager Franka Potente.
Die Geschichte ist aber auch raffiniert konstruiert: Der Mann, der da halbtot von einem Fischerboot aus dem Wasser gefischt wird, hat keinerlei Erinnerung daran, wer er ist, und verfügt lediglich über einige Kugeln im Rücken und eine implantierte Schweizer Kontonummer. Bei seinem Auftauchen in der entsprechenden Züricher Bank erkennt der Namenlose selbst zwar niemanden, aber viele Leute kennen ihn und sind offensichtlich nicht wirklich erfreut ihn zu sehen. Mit einer Tasche voller Geld und gefälschter Ausweispapiere sowie dem Namen "Jason Bourne" und einer Pariser Telefonnummer gelingt ihm die Flucht - dank des deutschen Wandervogels Marie Kreutz (Franka Potente), die sich mit 10.000 Dollar Prämie zu einem Trip nach Paris überreden läßt. Dabei stellt Bourne zu seiner eigenen Überraschung fest, daß er über bemerkenswerte Fähigkeiten in Sachen Selbstverteidigung und Sprachen verfügt.
Wie das Puzzle um die Figur Jason Bourne dann Stück für Stück zusammengesetzt wird und auf welche Stationen die Suche das ungleiche Paar noch führt soll hier nicht weiter ausgeführt werden, denn der Zuschauer weiß meist nur wenig mehr als der Gejagte und muß wie dieser ständig mit unliebsamen Überraschungen rechnen. Dabei bleibt die "Bourne Identität" allerdings recht artig den Regeln des Genres verhaftet und entwickelt sich in der zweiten (uninteressanteren) Hälfte des Films immer vorhersehbarer, bis zum eher enttäuschenden Finale. Bis dahin hat man indes schon reichlich Spaß gehabt, denn seine Stärken bezieht der Film aus dem, was er sonst anders macht als andere Agentenfilme wie "Mission Impossible" oder gar "James Bond", der Übervater des Genres.
Erst einmal haben wir hier zwar einige wirklich rasant inszenierte Actionszenen - wie eine an den legendären "French Connection" erinnernde Autoverfolgungsjagd - bleiben dabei aber immer bei einer einigermaßen realistischen Darstellung. Und wo wir gerade bei "French Connection" sind: Der ganze Film besitzt einen eher grobkörnigen und fast altmodisch wirkenden Look, der nichts mit den modernen Hightech-Bildern der oben genannten Vorgänger zu tun hat. Dazu trägt natürlich nicht unwesentlich die Auswahl der Schauplätze bei: Paris und ein (in Wahrheit in Prag gefilmtes) ziemlich graues Zürich sorgen für eine rein europäische Atmosphäre, die USA bleiben diesmal als Schauplatz außen vor. Dazu ein für ein amerikanisches Produkt geradezu inflationärer Gebrauch von Untertiteln, denn die Europäer sprechen hier doch tatsächlich ständig ihre eigene Sprache. Diesen Effekt hat man natürlich nur beim Betrachten der Originalfassung, und wer Frau Potente englisch sprechen und wiederholt deutsch fluchen hören möchte, sollte sich diesen Spaß auf jeden Fall gönnen.
Und wie macht sich unser Fräuleinwunder sonst so in ihrer bisher größten Hollywoodrolle? Mehr als gut, muss man attestieren, und auch dem amerikanischen Publikum scheint das frische neue Gesicht so gut gefallen zu haben, dass da wohl noch Einiges kommen wird. Dazu kommt ein eigentlich völlig gegen seinen Typ als stiller Intellektueller besetzter Matt Damon, und schon haben wir eines der interessanteren Pärchen des Kinojahres.
Alles in allem also eine recht runde Sache, diese Romanverfilmung, wobei natürlich eine Reduzierung auf die Kernelemente der Vorlage unvermeidlich ist. Dank der originellen Inszenierung genügt dies der "Bourne Identität" jedoch, um seinem Publikum knappe zwei Stunden ansprechende Unterhaltung zu bieten. Und den internationalen Durchbruch von Franka Potente natürlich.
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