Der letzte schöne Herbsttag

Jahr
2010
Laufzeit
85 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Heide Fuhljahn / 14. November 2010

 

Und wieder - daneben. Kein Hammer, dieser Film. Zugegeben, eine originelle romantische Komödie zu drehen erfordert auch herausragendes Können. Denn sehr viele sehr gute Ideen gibt es bereits auf Zelluloid. Doch so wie sich jeden Tag irgendwo auf der Welt zwei Menschen finden, gelingt es auch immer wieder Regisseuren, etwas Neues und Wunderbares zu schaffen. Wie zum Beispiel mit der französischen Komödie "Der Auftragslover" - doch dieser Film kommt erst am 6. Januar 2011 ins Kino. Bis dahin wäre "Der letzte schöne Herbsttag" eine Möglichkeit, sich die Wartezeit zu vertreiben. Leider gehört der aber nicht in die Kategorie "großartig". Doch zumindest gibt es einige neue Ideen und ein paar wirklich lustige Szenen.

Den größten Kritikpunkt vorweg: Der Film strotzt vor Klischees. Wann werden wir endlich mal eine Geschichte erzählt bekommen, in der er oft und ganz offen über seine Gefühle spricht während sie totale Bindungsangst hat? Leider auch dieses Mal wieder nicht. Immerhin: Eine amüsante Idee, das altbekannte Thema umzusetzen, bietet die Erzählperspektive. Beide, sowohl Claire (Julia Koschitz) als auch Leo (Felix Hellmann) reden über sich und über den anderen direkt in die Kamera, sie sprechen die Zuschauer also an. Im dunklen Kinosaal wird das Publikum so zu Vertrauten, fast Freunden, die von ihm und von ihr die höchst unterschiedlichen Perspektiven auf die gleichen Dinge kommentiert bekommen.
Die Beziehung, über die die beiden immer wieder sprechen und um die es im Film ausschließlich geht, bleibt aber leider eine voller Stereotypen. Er redet nicht, sie dafür ununterbrochen; sie wird deshalb nicht schlau aus ihm und seine Maßstäbe an sie ignorieren jede Emotionalität. Man fragt sich - genau wie die beiden auch - warum sie zusammen sind, zusammen bleiben und was sie aneinander finden.

Dieser Suche zuzusehen macht nur selten wirklich Spaß - aber wenn, dann richtig. Die beste Szene sei hier nur angedeutet: Claire und Leo treffen sich im Restaurant mit ihren Eltern, das erste Kennenlernen von Partner und Erzeugern. Hier schafft es der Regisseur, eine typische Paar-Situation treffend darzustellen und umwerfend komisch aufzulösen.
Die Figur Leo an sich hat keinen gewinnenden Charme, er bleibt meistens auf einem nervigen Niveau stecken. Man versteht gut, warum Claire sich über ihn ärgert und frustriert ist. Warum sie bei ihm bleibt, versteht man dagegen nur selten. Claire ist - bei aller Durchgeknalltheit - die viel sympathischere von beiden, mit ihr kann man sich streckenweise auch identifizieren. Der beste Darsteller im Ensemble ist jedoch Leopold Hornung als Leos bester Freund Tobias. Er spielt auch die beste, weil ungewöhnlichste Figur dieses Films: Tobias ist - kein Klischee! - in der klassischen Beste-Freundin-Rolle, bis hin zu seinem Ärger, dass Leo bei ihm über nichts anderes redet als über Claire. Doch mit Claire redet Leo fast gar nicht.

Am Schluss, beim Showdown, läuft Leo dann wenigstens einmal zu Höchstform auf, indem er eine spannende Antwort gibt auf die zu oft gestellte Beziehungs-Gradmesser-Frage "Welche ist meine Lieblingsfarbe?". So kriegt der Film am Ende wenigstens ein bisschen die Kurve und qualifiziert sich damit als leidlich netter Nachmittags-Streifen für einen regnerischen Herbsttag. Aber sicher nicht für den letzten schönen.

Bilder: Copyright

Der Rezensent hat offenbar nicht "Shoppen" gesehen und versäumt daher, darauf zu verweisen, dass "Der letzte schöne Herbsttag" der neue Film von Ralf Westhoff ist. Das wäre ja zu verschmerzen, aber der Kontext wirkt insofern bereichernd, als dass hier die selben Darsteller wie in "Shoppen" auftreten und zum Teil doch ziemlich gegensätzliche Rollen spielen. Das gibt dem Film eine Metaebene, die Leute, die "Shoppen" gesehen haben, des öfteren Schmunzeln lassen wird. Auch bleibt unerwähnt, dass der Schauplatz der Geschichte wiedermal München ist und dass selbiges durchaus als Darsteller für sich durchgehen kann, transportiert der Film doch diese unverwechselbare, leicht mediterrane Stimmung, die jeder wiedererkennt, der mal einen Tag an der Isar spaziert ist. "Der letzte schöne Herbsttag" kann diese Atmosphäre der sauberen Straßen und hipp-verspießten Cafés lebendig werden lassen, was potentielle Kinogänger interessieren könnte.

Wo man der Rezension recht geben muss ist, ist die Einordnung der lustigsten Szene des Films. Auch das mit der klischeehaftigen Zeichnung der Charaktere trifft durchaus zu. Ansonsten macht die Rezension aber leider vieles falsch, was man in einer Rezension falsch machen kann: prätentiöser Einstieg, nicht relevante Verweise auf Filme, die einen elitären Filmkennerstatus suggerieren sollen (der dadurch untergraben wird, dass man nicht "Shoppen" gesehen hat), einen Schlussabsatz, aus dem selbst Leute, die den Film gesehen haben, nicht wirklich schlau werden. Schlimmer wird es auf filmszene.de nur, wenn P. Wellinski die Keule der Pseudointellektualität auspackt.

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Ich finde es absolut richtig von der Rezension, die mangelnde Kreativität des Streifens zu bemängeln. Gerade der deutsche Film nervt mich immer wieder mit seiner mutlosen Klischeehaftigkeit.

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