Dominik Grafs "Der Felsen" beginnt
beinahe märchenhaft. Ein fliegender Händler breitet
auf einer Decke Strandgut aus. Diese weggeworfenen oder verlorenen
Dinge sollten Geschichtenerzähler, so sagt er, zu einer
Geschichte verbinden. Und sollte es einem Erzähler nicht
gelingen, den letzten Gegenstand mit dem ersten zu verbinden,
so drohe ihm schlimmstenfalls der Tod.
Wenn
unter Todesangst um jeden Preis unzusammenhängende Geschichten
zu einer gefügt werden, ist es verzeihlich, wenn das Ergebnis
unstimmig ist. Das Graf den "Felsen" um sein Leben
erzählt, ist jedoch kaum anzunehmen. Insofern ist bei dem,
was er uns hier auftischt, auch kein Auge zuzudrücken.
Was Graf eigentlich erzählt, ist schwer zu beschreiben.
Es könnte ein Sozialdrama, eine Liebesgeschichte oder
die Studie einer Frau sein. Irgendwie ist es alles auf einmal,
ausgehend von der Geschichte eines Mannes (Ralph Herforth)
und einer Frau (Karoline Eichhorn). Die beiden begraben auf
Korsika ihr eineinhalbjährige Liebesaffäre, da die
Ehefrau des Mannes ein Kind erwartet. Der Abschied gestaltet
sich schwieriger als erwartet; der Mann gibt vor, die Insel
vorzeitig zu verlassen und lässt seine Ex-Geliebte Kathrin
im Hotel zurück. Die Mitdreißigerin schwankt zwischen
Liebeskummer und Lebenssucht, betrinkt sich in Bars und
macht schließlich die Bekanntschaft des deutschen Malte
(Antonio Wannek, "Wie Feuer und
Flamme"), noch ein halbes Kind und ein sogenannter
Problemfall, dessen letzte Chance die Resozialisierung in
einem korsischen Camp ist. Zwischen beiden entspinnt sich
eine Liebesbeziehung, die durch einen Kurzschluss Maltes eine
dramatische Wendung nimmt - Kathrin, Malte und dessen jüngerer
Bruder flüchten in die Berge, verfolgt vom Jugendcamp-Leiter
(Peter Lohmeyer, "Zugvögel").
Kathrins Ex-Lover hält sich derweil ebenfalls noch auf
der Insel auf und vergnügt sich mit einer italienischen
Kellnerin, bis auch er - zufällig wie das leitmotivisch
bemühte Strandgut - die Bekanntschaft Maltes macht ...
Die verschiedenen Handlungselemente scheinen allzu gezwungen
aneinander gefügt und werden von Graf quälend langsam
erzählt. Die Verwendung einer Handkamera soll dem Ganzen
vermutlich einen Dogma-Anstrich
geben, dem jedoch die Ausstattung gegenüber steht - das
Interieur des Hotels sowie Kathrins Garderobe wirken irgendwie
zu gestylt, die Symbolik scheint den Zuschauer erschlagen
zu wollen und es bleibt ein Rätsel, wieso die Stimme
aus dem Off eingesetzt werden muss, um sowieso klar Ersichtliches
oder Banalitäten zu kommentieren.
Es ist wohl unnötig zu erwähnen, dass in diesem
Film nicht gelacht wird. Die Protagonisten leiden an sich
und dem Leben und alles wirkt ganz fürchterlich schwermütig,
was vor der traumschönen korsischen Kulisse fast schon
wieder ein Kunststück ist.
Graf ist der Ansicht, dass der ausländische kommerzielle
Film Humor und Anspruch besser verbinden könne als der
deutsche. Dabei würde sicher niemand an Grafs Seriösität
und Intellektualität als Regisseur zweifeln, wenn er
einem Film, der viel mehr vorgibt als er zu erzählen
hat, ein wenig seines bierernsten, sauertöpfischen Habitus
nehmen würde. Für die Zuschauer wäre es auf
jeden Fall von Vorteil, wenn auf zähe, symbolüberfrachtete
Geschichten Strafen nicht unter drei Stunden "Der Schuh
des Manitu" stünden.
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