Peter Berg macht Männerfilme. Ob eher sinnfreie Actionware wie "Battleship" und "Hancock" oder dramatisch angehauchte Thriller wie "Operation Kingdom" oder sein letzter Film "Lone Survivor". Wie dieser basiert auch sein neuer Film auf wahren Ereignissen, doch weil Peter Berg eben Männerfilme macht, ist seine Aufarbeitung der größten amerikanischen Öl-Katastrophe nur am Rande an den skandalösen Verfehlungen des BP-Konzerns und den katastrophalen Folgen für die Bevölkerung der amerikanischen Golfküste interessiert, sondern konzentriert sich lieber voll auf die tragischen Helden dieser Geschichte - die markigen Recken, die auf der Deepwater Horizon gearbeitet haben.
Der Film zeigt auf sympathische Weise, warum diese Kerle sich großkotzig-selbstironisch für noch viel härtere Typen halten als die harten Typen, die auf den Ölförderplattformen arbeiten. Denn die Deepwater Horizon ist eine mobile Bohrstation, die Arbeiter hier machen die Förderung überhaupt erst möglich, indem sie sich bis zum Öl vorbohren, die Förderleitung verlegen und das Bohrloch dann so dicht versiegeln, dass kein Öl austritt, während die Plattform selbst zur nächsten Bohrstelle weiterfährt (Das mit dem Dicht versiegeln ist hier bekanntermaßen schief gegangen). Einer dieser Männer ist Mike Williams (Mark Wahlberg), der seine geliebte Frau Felicia (Kate Hudson) allein zuhause zurücklassen muss, als er mal wieder für einen mehrwöchigen Bohrjob abreist. Auf der Deepwater Horizon angekommen, stellt Mike besorgt fest, dass sein Chef und väterlicher Freund Jimmy Harrell (Kurt Russell in bester "Alter Haudegen"-Manier) sehr unerfreut über die Tatsache ist, dass bei der Versiegelung des Bohrlochs jedoch schlampig vorgegangen wurde, da der überhebliche, gewinnorientierte Konzern-Fuzzi Donald Vidrine (John Malkovich) aufs Tempo gedrückt hat - Zeit ist Geld. Es kommt, wie es kommen muss und bekanntlich ja auch kam.
Berg und seine Drehbuchautoren geben sich zumindest anfangs viel Mühe damit, dem Zuschauer möglichst anschaulich näher zu bringen, was bei der Katastrophe eigentlich genau passierte, sowohl unter der Erde, am Bohrloch selbst als auch oben auf der Plattform. Um das Prinzip zu erklären, wie ein Bohrloch versiegelt wird, brauchen sie nur eine Cola-Dose, einen Strohhalm und etwas Honig. Bedauerlicherweise gehen diese guten Ansätze mit fortschreitender Laufzeit des Films immer mehr verloren, was für die Zuschauer besonders blöd ist. Denn mit fortschreitender Komplexität der verschiedenen Eskalationsstufen der Katastrophe und ihren Auswirkungen auf die Plattform versteht man immer weniger, was hier eigentlich genau gerade passiert. Das ist ein wenig frustrierend, wenn man die ganze Angelegenheit schon gern ansatzweise verstehen will, was ja wohl der Sinn der Sache sein sollte, wenn ein Film sich soviel Mühe dabei gibt, die Ereignisse in all ihren technischen und physikalischen Aspekten so genau wiederzugeben. Doch hier bleibt einem bald nur noch übrig, ein grundsätzliches Gefühl leichter Verwirrung resigniert hinzunehmen und das Ganze halt "nur noch" als Actionfilm zu betrachten, indem es nun permanent rummst und kracht und bis kurz vor Abspann nicht mehr mit Ruhe zu rechnen ist.
Als solcher ist "Deepwater Horizon" dann auch ziemlich gut. Und auch das liegt an Peter Berg. Der Mann versteht sein Handwerk wirklich exzellent und ist als versierter Action-Regisseur eher ein Mann der alten Schule. Er inszeniert klassisch, ohne Mätzchen, und in dem unbedingten Anspruch für möglichst viel Authentizität. In Bergs Action-Filmen gibt es keine schmissigen Oneliner für einen knackigen Kino-Trailer, aber es gibt viel wirklichkeitsnahen Kumpel-Trash-Talk unter Männern, wie sie halt so sind, wenn sie unter sich sind.
Gestandene Männer werden sich in diesem Film darum sicherlich wohl fühlen, für die weibliche Begleitung bleibt indes kaum mehr als der emotionale Plotrahmen mit Mikes verängstigt zuhause leidender Ehefrau. Dieses Feigenblatt an menschlichem Drama hat indes durchaus seine Momente, und dank des starken Schauspiels von Mark Wahlberg weiß vor allem die abschließende Szene dieses Strangs wirklich zu berühren.
Doch trotz handwerklich sehr guter Umsetzung und überzeugenden Schauspielern geht man letztlich nicht so richtig mit bei diesem Film, der sich zu sehr den Vorwurf gefallen lassen muss, eigentlich nur ein Männer-Heldenfilm sein zu wollen und seinem zeitgeschichtlich ziemlich wichtigen Thema damit nicht so wirklich gerecht zu werden. Wenn "Deepwater Horizon" sich am Ende dann die Zeit für eine minutenlange Foto-Hommage an die Verstorbenen dieser Katastrophe nimmt, jedoch kaum mehr ein Wort zu ihren weitreichenden Folgen verliert, wird dann endgültig deutlich, wo hier die erzählerischen Prioritäten lagen. Ein angemessenes Gedenken an die Toten in allen Ehren, aber "Deepwater Horizon" hätte mehr sein können und vielleicht auch müssen als nur eine Action- und Testosteron-geladene Würdigung gestandener Männer.
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