
Die frühen 70er Jahre sind in den USA eine Zeit gesellschaftlicher Umbrüche. Neben den Auseinandersetzungen um den Vietnam-Krieg und die Watergate-Affäre sind einige Jahre nach der Ermordung Martin Luther Kings auch die Spannungen zwischen der schwarzen und weißen Bevölkerung weiterhin ein großes Thema. Während der junge Ron Stallworth (John David Washington) als erster Afroamerikaner seinen Dienst bei der Polizei von Colorado Springs antritt, versucht sich der Klu-Klux-Klan unter Führung seines Vorsitzenden David Duke (Topher Grace) taktisch mehr in der Mitte der Gesellschaft zu positionieren und eine weniger von offensichtlichem Hass erfüllte Sprache zu verwenden. In dieser Situation beschließt Stallworth den Klan zu infiltrieren und dort selbst Mitglied zu werden – schriftlich und am Telefon agiert er selbst, zu den Treffen schickt er seinen Kollegen Flip Zimmerman (Adam Driver). Gemeinsam gelingt es den beiden Polizisten das Vertrauen der örtlichen Klansmen zu erschleichen, was vor allem dann dramatisch an Bedeutung gewinnt als es vermehrt Anzeichen für einen geplanten terroristischen Anschlag der Rassisten gibt.
Aus der Kategorie „Unglaublich, aber wahr“ stammt diese Geschichte des Ron Stallworth, dem es tatsächlich gelang als Schwarzer einen Mitgliedsausweis vom Klu-Klux-Klan zu erhalten – und der dabei sogar den damaligen Klanchef persönlich hereinlegte. Eine Episode, die gleich aus mehreren Gründen ein gefundenes Fressen für den Filmemacher Spike Lee darstellt. Ist Lee doch einerseits schon Zeit seiner rund 30-jährigen Karriere eine Art (selbsternanntes) Sprachrohr für die Anliegen der schwarzen Community und zudem jemand, der sich natürlich gerade in den Zeiten eines Präsidenten Donald Trump zu einem Statement angespornt sieht. So ist „BlacKkKlansman“ sicher das spannendste und relevanteste Projekt von ihm seit längerer Zeit, nachdem Lee zuletzt eher Mainstream-Produktionen wie „Inside Man“ oder „Oldboy“ inszenierte oder mit seiner Netflix-Serie „Nola Darling“ aka „She´s gotta have it“ leicht nostalgisch zu den Anfängen seiner Karriere zurückkehrte.
Hier aber ist Lee wirklich in seinem Element und zeigt, dass die Energie noch da ist. Ihm ist ein höchst interessanter Film gelungen, ein wilder Mix aus Thriller, politischer Anklage und tiefschwarzer Komödie. Wenn es im finalen Drittel um den geplanten Anschlag der – im Grunde zwar tölpelhaft, aber deshalb trotzdem nicht ungefährlich agierenden – Provinzkämpfer geht, entwickelt sich sogar ein spannender Krimi, zuvor werden jedoch die Absurdität der Situation und die ganze Lächerlichkeit der sich gegenseitig in ihrer simplen Weltsicht bestätigenden Rassisten genüsslich vorgeführt.
Was zu herrlich entlarvenden Szenen führt, wenn Klan-Chef Duke gegenüber Ron am Telefon prahlt, er würde einen Schwarzen schon nach wenigen Sätzen an dessen Redeweise erkennen oder er sich sogar im Verlauf von eben diesem als abgestellten Sicherheitsbeamten „beschützen“ lassen muss, während er vor seinen Anhängern Hasstiraden schwingt – ohne natürlich zu wissen, wer da eigentlich gerade neben ihm steht. Dem gegenüber finden sich aber auch einige bewegende Momente, von denen hier exemplarisch derjenige genannt sei, in dem der 90-jährige Harry Belafonte (in seinem ersten Kinoauftritt seit vielen Jahren) als Aktivist der Schwarzenbewegung von einem traumatischen Ereignis aus seiner Jugend berichtet, während dazu parallel geschnitten die Klu-Klux-Klan Mitglieder sich an einer Vorführung des rassistischen Werks „Bith of a Nation“ berauschen.
Die Besetzung des Films präsentiert in der Hauptrolle mit John David Washington den talentierten Sohn seines Vaters Denzel (mit dem Lee einst „Malcolm X“ drehte) und als dessen Partner den wieder einmal sehr überzeugenden Adam Driver ("Star Wars“, „Logan Lucky“), der seinen Einsatz als optischer Stellvertreter für Ron Stallworth bei den örtlichen Klan-Treffen zunächst rein pragmatisch angeht, bevor er durch den Kontakt mit seinen neuen „Freunden“ anfängt sich zum ersten Mal näher mit seiner jüdischen Identität und Herkunft zu beschäftigen. Dazu ein Topher Grace („Spider-Man 3“, „Die wilden 70er“) in ungewohnter Rolle und Aufmachung als Ober-Klansmen David Duke. Bei dessen Auftritten und der Verwendung von Sätzen wie „America First“ oder „Let's make America great again“ beschleicht einen zunächst das Gefühl, hier würde der Regisseur wohl doch etwas zu billige Parallelen zur aktuellen Trump-Ära konstruieren – bevor man nachliest, dass Mr. Duke tatsächlich schon in der 70er Jahren genau diese Phrasen benutzte.
Zum Ende allerdings trägt Lee vielleicht doch ein wenig zu dick auf, wenn er Filmmaterial vom vor exakt einem Jahr erfolgten Anschlag in Charlottesville - bei dem ein Rechtsextremer mit seinem Auto in eine Gruppe von Demonstranten fuhr – in die Handlung schneidet und dazu auch noch Donald Trumps damalige Kommentare einblendet. Das ist dann doch ein wenig zu sehr der „Holzhammer“, gerade im Vergleich zur cleveren Struktur, die der Film bis dahin demonstriert hat. Denn dem Publikum von „BlacKkKlansmen“ dürfte die Verbindung auch so klar sein.
Dieser Ausrutscher mildert aber nicht die Qualität und Wirkung des Films an sich, dem das Kunststück gelingt auf höchst unterhaltsame und mitunter durchaus amüsante Art sein Anliegen zu transportieren, was ihn auch zum Publikumsliebling beim diesjährigen Filmfestival von Cannes machte. Und der dabei so entschlossen und kraftvoll daher kommt wie schon lange kein Werk dieses Filmemachers mehr.
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