Ricky Gervais kann fraglos zu den genialsten und besten Komikern der Welt gezählt werden, schon allein wegen der Erfindung der international vielfach kopierten Comedy-Serie "The Office" (aus der auf Deutsch "Stromberg" wurde) und seinem Nachfolgeprojekt "Extras", eine nicht weniger grandios komische Serie aus der Welt der Film-Komparsen, in der Einfältigkeit und Fremdschäm-Faktor in einer Brillanz zelebriert wurden, die sonst nur noch der Amerikaner Larry David erreicht. Doch mit dem Anschieben einer Filmkarriere für Gervais mag es nicht so recht klappen - vermutlich aus dem einfachen Grunde, dass er einfach kein Gesicht hat, dessen Anblick auf einem Filmplakat reicht, um Zuschauer ins Kino zu locken. Seiner ersten Hauptrolle in der durchaus gelungenen Komödie "Ghost Town" (dämlicher deutscher Verleihtitel: "Wen die Geister lieben") war kein Glück beschieden, der Film floppte. Und auch sein erster Kinofilm nach eigenem Drehbuch (und unter eigener Regie) lief in den USA nicht besser. In diesem Fall darf man den Grund dafür aber durchaus beim Film selbst suchen. Denn auch wenn man Gervais sehr gern mag, kommt man leider kaum umhin zuzugeben, dass "The Invention of Lying" vor allem an sich selbst scheitert. Dabei scheint die Grundidee erst einmal massives Komik-Potential zu bieten: Eine Welt, in der es keine Lügen gibt. Und zwar nicht nur keine bewusst betrügerischen Aussagen, sondern schlichtweg nichts, was nicht der Wahrheit entspricht - also auch keine höflichen, aber unehrlichen Komplimente, keine hohlen Floskeln und auch keine Fiktion, nur absolute Ehrlichkeit. Was das bedeutet, illustrieren die ersten paar Minuten des Films. Da gibt es zum Beispiel eine Werbetafel für Pepsi mit dem schlichten Slogan "For when they don't have Coke". Wer keinen Bock hat, arbeiten zu gehen, feiert nicht krank, sondern entschuldigt sich einfach mit dem Geständnis, dass er seinen Job hasst. Und als der Held des Films Mark Bellison (Ricky Gervais) zu einem Blind Date mit Anna (Jennifer Garner) erscheint, öffnet sie ihm die Tür mit dem Satz: "Sie sind zu früh, ich war gerade beim masturbieren." Seine Antwort: "Jetzt muss ich an Ihre Vagina denken". Das ist in der Grundlage alles sehr einfallsreich und eine Zeit lang auch durchaus komisch - es läuft sich aber auch ziemlich schnell tot, weil letztlich alle Gags auf derselben Note funktionieren. Zudem das Szenario seine auf die komische Wirkung angelegte Konstruiertheit keine Sekunde kaschieren kann, denn "The Invention of Lying" wäre nur halb so komisch, wenn es in dieser Welt so etwas wie höfliche Zurückhaltung geben würde. Aber jeder sagt in jeder Situation immer die brutale Wahrheit, auch wenn es dafür überhaupt keinen Grund gibt. So wird man im Restaurant vom Kellner mit dem Satz begrüßt: "Ich schäme mich dafür, hier zu arbeiten". Und solche Bemerkungen treten hier in einer solchen Masse auf, dass man sich schon nach wenigen Minuten daran gewöhnt hat und ergo auch nicht mehr darüber lachen kann. So entweicht langsam, aber stetig die wirkungsvolle Komik aus diesem Film, und als Zuschauer ist man ziemlich schnell bei der Erkenntnis angekommen, dass diese Welt ohne Lüge wirklich fürchterlich ist. Da möchte man dann auch nicht unbedingt länger drin verweilen, aber der Film geht noch eine ganze Weile weiter. Ohne indes so richtig zu wissen, wo er hin soll mit seinem Konzept, und so plätschert die ganze Sache etwas hilflos als romantische Komödie aus, rund um die Frage, ob Mark und Anna zusammen glücklich werden können, obwohl sie ihn mit seiner dicklichen Figur und der klumpigen Nase nicht als angemessenen Genpool für ihre kommenden Kinder ansieht. |
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