Lawrence Talbot (Benicio del Toro) kehrt nach Jahren in Amerika zum Landhaus seines Vaters (Anthony Hopkins) zurück. Grund ist das Verschwinden seines Bruders und der Umstand, dass sich der erfolgreiche Schauspieler gerade auf einer Tournee in England befindet. Ein rätselhaftes Ereignis in der Vergangenheit, bei dem seine Mutter zu Tode kam, hatte das Verhältnis zwischen Vater und Sohn belastet und sorgt auch in der Gegenwart noch für eine angespannte Situation. Als sein Bruder schließlich tot aufgefunden wird, entwickelt Lawrence schnell Gefühle für dessen Witwe (Emily Blunt). Doch neben den komplizierten Familienverhältnissen sorgt noch ein ganz anderes Ereignis für Probleme. Denn Lawrence ist in der Nacht einer unheimlichen Kreatur begegnet und spürt seitdem, dass etwas sehr Merkwürdiges mit ihm geschieht….
Immer ein wenig im Schatten der Genre-Überväter Dracula und Frankenstein stehend, gehört aber auch das Werwolf-Thema zum festen Kanon des Horrorfilms und erfährt alle paar Jahre eine Frischzellenkur. Der letzte, etwas halbgare Versuch in diese Richtung hieß "Wolf" mit Jack Nicholson, ist nun auch schon wieder anderthalb Dekaden her und zuletzt mussten sich die Tiermenschen mit der zweiten Geige hinter den Vampiren in der "Twilight"-Saga zufrieden geben. Mit den dort zu sehenden, komplett computeranimierten gigantischen Vierbeinern hat dieser neue "Wolfsmensch" allerdings nichts zu tun, denn dessen Anliegen ist ein ganz anderes. Es geht um die Wiederbelebung oder doch zumindest um eine Hommage an den klassischen Schwarzweiß-Horrorfilm der Universal Pictures (die auch jetzt wieder produziert haben) und auch an die vor gotischer Schauermärchen-Atmosphäre knisternden "Hammer Studios"-Produktionen der 60er Jahre.
Und so etwas haben wir in der Tat lange nicht mehr gesehen: Englische Schlösser und Moorlandschaften, nebelverhangene Wälder und Fackeln tragende Dorfbewohner, das alles jedoch zeitgemäß ergänzt mit einigen harten Splattereffekten, in denen auch mal ein paar Köpfe abgebissen und durch die Gegend geschleudert werden. Hauptverantwortlich für diese möglicherweise nicht ganz einfach zu vermarktende und ans junge Publikum zu bringende Mixtur ist nicht nur vor der Kamera sondern auch als treibende Kraft im Hintergrund Benicio del Toro. Der sonst eher für komplexe und anspruchsvolle Dramen bekannte Oscar-Preisträger erfüllt sich als Fan der alten Universal-Monsterfilme hier einen Jugendtraum und deshalb haben wir es auch mit einem Werk zu tun, welches sich ganz bewusst als Neuinterpretation eines bestimmten Films versteht und dies auch bereits im Titel deutlich macht: "The Wolf Man" war nicht der allererste, aber der erste wirklich erfolgreiche Werwolf-Film und machte in der Rolle des unglücklichen Lawrence Talbot den bis dahin eher glücklosen Lon Chaney jr. einerseits zum Star, sorgte aber auch dafür, dass der Mime von dieser Rolle in der Folge nie mehr los kam und am Ende sogar in Komödien wie "Abbott & Costello treffen Frankenstein" als Nebenfigur herhalten musste.
Das Remake erzählt nicht die exakt gleiche Geschichte, übernimmt aber viele kleine Details (einen mit Wolfskopf verzierten Spazierstock, ein Teleskop zur Beobachtung) und auch die grundsätzliche Figurenkonstellation mit Vater und Sohn Talbot. Wo aber damals Claude Rains (genau, der smarte französische Captain aus "Casablanca") eher väterlich und ahnungslos agierte, packt ein Anthony Hopkins natürlich sein gesamtes Charisma in die Rolle und bleibt ein lange Zeit genauso undurchschaubarer wie latent bedrohlicher Charakter. Emily Blunt als weibliches Love Interest passt von ihren Gesichtszügen und der Ausstrahlung her recht gut in diese klassisch-romantische Umgebung, hat aber deutlich weniger zu tun als in ihrem demnächst anlaufenden Kostümdrama "Young Victoria", und der alte "Matrix"-Fiesling Hugo Weaving gibt einen herrlich unsympathischen Scotland Yard-Ermittler, der noch seinen Frust vom ungelösten "Jack the Ripper"-Fall mit sich herum schleppt.
Das Herzstück des Films bildet aber Benicio del Toro, der mit seinem Vorgänger in der Rolle gemein hat, nicht das Gesicht eines typischen Helden zu besitzen - manch einer sagt ihm sogar nach, von Natur aus einen eher leidenden Gesichtsausdruck mit sich herum zu tragen. Und so ist es dann auch die durchaus tragische Geschichte eines schon seit der Kindheit und dem Aufenthalt in einer sadistisch geführten Besserungsanstalt schwer traumatisierten Mannes, der gerade als er glaubt, den Weg zurück in ein normales Leben gefunden zu haben, vom Schicksal brutalst in den Hintern getreten und gequält wird. Das ist nicht unbedingt genussvoll anzusehen, es ist streckenweise sehr ruhig und dunkel inszeniert, aber es besitzt vor allem dank seines Hauptdarstellers auch eine gewisse emotionale Wucht. Dazu trägt ebenfalls bei, dass selbst nach der Verwandlung zum Wolfsmenschen hinter der Maske des Make-Up-Veteranen Rick Baker immer noch genug vom Gesicht del Toros zu erkennen ist, um die Verbindung zu dieser Figur nicht zu verlieren.
Es ist am Ende ein Film für Liebhaber geworden, die sich an der etwas altmodischen und behäbigeren Erzählweise nicht stören und sich auch von gelegentlichen Splatter-Einschüben nicht abschrecken lassen. Dieser neue "Wolf Man" ist ganz sicher nicht so witzig wie der "American Werewolf" von John Landis und vermutlich auch nicht der beste Werwolf-Film aller Zeiten (das wäre nach Meinung des Autors "Der Fluch von Siniestro" aus den Hammer-Studios). Er ist aber vielleicht der bisher visuell und atmosphärisch schönste Beitrag zu diesem kleinen feinen Subgenre.
|
Neuen Kommentar hinzufügen