Brüno

Originaltitel
Brüno
Land
Jahr
2009
Laufzeit
83 min
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Frank-Michael Helmke / 20. Juni 2010

 

Als Sacha Baron Cohen, vormals vor allem bekannt als Ali.G, 2006 in Inkarnation des kasachischen TV-Reporters "Borat" die Leinwände stürmte, teilte sich die allgemeine Reaktion ziemlich sauber in zwei Lager: Die einen (darunter Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew) zeigten sich empört und angewidert ob dieser Barrage an geschmackslosem Humor über jedes nur erdenkliche Tabuthema, die anderen (darunter Filmszene.de) bejubelten den Film als großartige Satire und bahnbrechende, geniale Comedykunst.
Wenn Cohen nun in "Brüno" sein nächstes Alter Ego auf die überforderte Öffentlichkeit los lässt, dürften die Reaktionen ähnlich gespalten ausfallen: Wer "Borat" schon nicht witzig fand, wird auch über "Brüno" nur den Kopf schütteln können, aber wer sich damals vor Lachen schüttelte, kann sich hier über einen der größten Späße dieses Kinojahres freuen. Was diesmal allerdings komplett fehlt, ist ein erfolgreicher satirischer Ansatz, weswegen "Brüno" die bissige Schärfe seines Vorgängers leider abgeht, und "nur" eine brüllend komische und brillant gespielte One-Man-Show übrig bleibt.

Der Titelheld Brüno ist der so stockschwule wie strunzdumme österreichische TV-Moderator von "Funkyzeit", das "wichtigste Mode-TV-Magazin in einem deutschsprachigen Land - abgesehen von Deutschland". Doch als Brüno auf einer Modenschau für einen peinlichen Eklat sorgt wird seine Sendung abgesetzt, und sein kleinwüchsiger asiatischer Liebhaber verlässt ihn (apropos: Der erste und beste Gradmesser, ob man diesen Film lieben oder hassen wird, kommt schon nach wenigen Minuten in Gestalt einer unfassbaren Montage mit Brüno und besagtem Liebhaber, wie sie auf diverse, sehr einfallsreiche Arten granatenstarken Sex haben; hier windet man sich entweder angewidert im Kinosessel oder kringelt sich vor Lachen - oder beides gleichzeitig). Am Boden zerstört beschließt Brüno, seinen kleinen Asiaten nur wiederbekommen zu können, wenn er irgendwie anders weltberühmt wird. Ergo begibt er sich auf eine Odyssee durch Amerika (und ein paar andere Ecken der Welt), mit im gefühlten Fünfminuten-Takt wechselnden Plänen, wie er denn nun die globale Popularität erreichen will.

Diese Mission ist genauso wie Borats Reportage-Reise durch Amerika natürlich nur die dünne Ausrede eines Storygerüsts, an das die quasi allein stehenden Episoden aus absurden Begegnungen lose angehängt werden. Bei "Borat" hatten diese Episoden indes noch ein durchgängiges Prinzip, nämlich die gezielte Provokation von verwerflichen Aussagen zur Entlarvung der dahinter liegenden Mentalität des einfachen Amerika. Diese klare Linie fehlt hier ein wenig, da man sich - allerdings dankenswerterweise - nicht darauf verlassen hat, einfach nur verschreckte Reaktionen auf den sehr schwulen Brüno einzufangen und zu hoffen, dass die Leute direkt in sein Gesicht über Homosexuelle pöbeln (was wohl auch nur die übelsten Individuen vor laufender Kamera tatsächlich tun würden). Die Absurdität und Komik der meisten Situationen geht hier klar von Brüno selbst aus, der sich in einer Reihe von urmännlichen Szenarien versucht: Obertucke bei der Armee, Obertucke auf Jagd, Obertucke beim Kampfsport, etc. pp.
Dazwischen und währenddessen wird jedes Tabuthema mitgenommen, das sich irgendwie einbauen lässt. Die Witze über Analsex kann man kaum zählen, Kindesmissbrauch ist auch okay, und für eine Handvoll zünftiger Nazi-Witze hilft natürlich ungemein das Heimatland von Brüno, dem "zweiten Österreicher innerhalb eines Jahrhunderts, der von der Welt nicht verstanden wird, nur weil er die Dinge einmal anders machen wollte". Da darf man sich dann auch nicht wundern (aber dafür herzlich drüber lachen), wenn Brüno Hollywoods bekanntesten Antisemiten Mel Gibson als "der Führer" bezeichnet.

Entsprechend gilt hier, was schon für "Borat" galt: Mit das Erstaunlichste und Beeindruckendste an "Brüno" ist die absolute Furchtlosigkeit von Sacha Baron Cohen, der erneut vollkommen in seiner Rolle aufgeht und seine fiktive Persona an Orte führt, wo sich kein anderer Komiker hintrauen würde. Cohen ist auch deshalb einer der genialsten Komiker, die derzeit auf diesem Planeten rumlaufen, weil er es in unserer scheinbar komplett enttabuisierten Welt noch schafft, der alten komödiantischen Tradition der Provokation durch Grenzüberschreitung noch neue Seiten abzuringen.
In der Kulturpresse rührt sich dieser Tage indes eine Debatte, als wie mutig Cohens Aktionen tatsächlich betrachtet werden müssen. Wiederum wie "Borat" erscheint "Brüno" formal wie eine Dokumentation, und das Material erweckt den Eindruck, als hätte man sich beim Drehen auch wie ein kleines Doku-Team benommen, so dass alle erscheinenden "Normalos" sich eben arglos und authentisch verhalten - genau daraus soll ja ein substantieller Teil des Witzes entstehen. Nachdem sich herausgestellt hat, dass Cohens Publicity-Stunt bei den MTV Awards einige Wochen vor Kinostart (als er im arschfreien Engelskostüm als Brüno von der Decke schwebte und direkt im Gesicht von Eminem landete, der daraufhin tobend den Saal verließ) abgesprochen war, werden jetzt Zweifel laut, wie viel von "Brüno" wirklich authentisch ist und wie viel mit den vermeintlich Ahnungslosen im Voraus geplant. Das Urteil fällt schwer: Manche Reaktionen sind einfach zu gut, um nicht echt zu sein, manche aber auch so kontrolliert, als ob die Statisten brav das Abspulen, was von ihnen erwartet wird. Die unglaublichste Szene des Films lebt allerdings einzig und allein von dem Glauben des Publikums, dass sie authentisch ist: Da sitzt Brüno im mittleren Osten vor dem Anführer einer islamistischen Terrororganisation und verlangt, als Geisel genommen zu werden, bevor er solange üble Scherze über Osama Bin Laden macht, bis man ihn raus wirft.

Was und wie viel hier nun echt oder gestellt ist, interessiert allerdings wirklich nur, wenn man den realsatirischen Wert von "Brüno" kulturkritisch analysieren will - und der ist wie gesagt ohnehin sehr dürftig, da das Lachobjekt dieses Films eben die meiste Zeit Brüno ist, und nicht seine Gegenüber. An der Komik der jeweiligen Situationen und der Brillanz der absurden Gags ändert der Wahrheitsgehalt nichts, und damit auch nicht am Vergnügen, das man bei "Brüno" haben kann.
Es hat übrigens selten einen Film gegeben, bei dem eine deutsche Synchronfassung derart sinnfrei, ja sogar kontraproduktiv ist: Gerade fürs deutsche Publikum bietet die Originalversion von "Brüno" unersetzlichen zusätzlichen Spaß, sowohl dank Brünos komplett absurdem Dialekt (inklusive permanent ins Englisch eingebauter deutscher Fantasiewörter), als auch dem extrem holprigen Deutsch, dass er und sein treuer Assistent Lutz in ihren persönlichen Dialogen (die dann Englisch untertitelt sind) miteinander sprechen. Es ist ein Grauen sich vorzustellen, was eine deutsche Synchro, in der Brüno auf einen Ösi-Dialekt umgemünzt wird, mit diesem Film anrichten könnte. Darum vorher unbedingt checken, welche Fassung im lokalen Kino gezeigt wird: Wie schon bei "Borat" sind neben der Synchronfassung auch verstärkt Original- und OmU-Versionen im Verleih.

Wie sich wenige Tage vor Kinostart zeigte, ist allerdings auch Sacha Baron Cohen nicht frei von Pietät: Nach dem unerwarteten Tod von Michael Jackson schnitt er noch schnell eine Szene aus "Brüno" heraus, in der er Jacksons Schwester LaToya interviewt und sich ihres Mobiltelefons bemächtigt, um an Michaels Nummer zu kommen. Da man diesen vermeintlichen Akt des Anstands aber auch sogleich selbst an die Presse vermeldete, war's vielleicht doch wieder eine ausgeklügelte PR-Aktion. Typisch Sacha Baron Cohen eben: Man mag es geschmacklos finden, aber man kann nicht leugnen, dass es verdammt clever ist.


Ob die Leute wohl schnallen, dass Brüno genauso schwul ist wie Borat kasachisch? Nämlich ÜBERNHAUPTNICHT?

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8
8/10

Ich war gerade auf einer Vorpremiere des Films( Juhu,gratis Glittergold - Holundersekt)und kann mich der Meinung des Rezensenten nur anschließen.Man muss Cohen lieben oder hassen,da gibt es keinen Mittelweg.Ich für meinen Teil habe mich köstlich amüsiert,die Art, wie hier mit der Ausnutzung aller bekannten Homosexuellen - Klischees den Menschen die unglaublichsten Reaktionen abgerungen werden ist einfach einmalig. Einige Szenen sind wirklich drastisch, wie die oben genannten "Liebesszenen" mit Brünos Lover "Diesel" oder die späteren Eskapaden auf einem Swingertreff,die schon an Pornographie grenzen,dabei aber trotzdem zum Schreien komisch sind.
Trotz aller Komik vergebe ich nur 8 Augen,auch aufgrund der wirklich furchtbaren Synchronfassung, die dem Film viel an Fahrt nimmt. Wie gut das Original ist, kann man an der letzten Szene erkennen, in der Brüno mit einigen Überraschungsstars eine Single aufnimmt und singt "Isch bin Brüno - Dove of Peace". Insgesamt dennoch ein gutes Filmvergnügen - wenn man drauf steht^^

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10
10/10

Das war hier mit Abstand das LUSTIGSTE, was ich seit langem im Kino bewundern durfte. Ich liebe diesen Film!

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9
9/10

Diesen Film muss man im O-Ton sehen. In der deutschen Synchronisation sind viele Dinge nur noch halb so komisch, da man nicht mehr merkt, wann Bruno von Englisch in herrlich fehlerhaftes Deutsch wechselt.
Der Film war wesentlich besser als Borat. Sacha hat dazu gelernt und sein Schauspiel grenzt schon an Genialität. Sei die Situation auch och so heikel, er hält seine Figur des Bruno aufrecht.
Natürlich ist auch weiterhin einiges hart an der Grenze, aber wer das nicht mag, sollte grundsätzlich einen Bogen um Sacha Baron Cohens Werke machen.

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5
5/10

Also man muss Cohen lassen dass die Grundidee von Brüno nicht ganz von schlechten Eltern ist - in seinen Besten Momenten zelebriert der Film die Mechanismen schwulenfeindlicher Weltansichten indem er seine eigene Figur so einsetzt, dass seine (angeblich unvorbereiteten aber in Wirklichkeit in vielen Fällen wohl doch nachgestellten) Gegenüber sich zu ebenso übersteigerten Reaktionen verleiten lassen und auf diese Weise eine geniale Symmetrie der Bescheuertheit entsteht.
Zwei Moment sind was das angeht in ihrer Komplexität recht gut gelungen - zum einen die Talkshow Szene, zum anderen die Wrestling-Veranstaltung.
In beiden gelingt es dem Film dem Publikum mehrere Perspektiven auf das Geschehen abzuringen.
Die mehrzahl der sonstigen Interviewszenen sind allerdings weitgehend belanglos, geschmacklos, fies und teilweise einfach nur doof.
In einingen Sequenzen wäre doch noch deutlich mehr drin gewesen- man meint zu spüren dass es einen gewissen Zeitdruck bei der Fertigstellung des Films gab.
Es gibt ziemlich viele nackte Genitalien zu sehen - oft ohne dass es für die Handlung oder der den Witz wirklich notwendig wäre.
Überhaupt ist generell eine Tendenz zu spüren den Skandalfaktor als Verkaufsargument mitzubenutzen, wodurch der Film ein wenig zu einer der Dinge verkommt, was er satirisch zu behandeln vorgibt: Hollywood's Mechanismen des "Berühmt um jeden Preis".
Schade eigentlich - S.B. Cohen ist glaube ich ein sehr talentierter Mensch - der Film hätte aber mehr Zeit und Reflektion gebraucht, um wirklich gut zu sein. So ist es eine ziemlich langweilige und teils unangenehme/sinnlos absurde Angelegenheit die ca. in der ca. zwei mal angedeutet wird, wieviel Potential in der Grundidee gesteckt hätte.

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7
7/10

Durchweg unterhaltsam, stellenweise sehr witzig.

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6
6/10

Brüno, eine geniale Idee.

Als ich von dem Film gehört hatte dachte ich erst: Oh mein Gott, nicht noch so ein von Klischees abgefüllter Schwulen-Film. Aber ich finde, gerade weil man weiß, dass er nicht schwul ist, sind diese ganzen "Schwulengags" die er eingebaut hat (die verschiedenen Sex-Posen, die Kleidung, usw.) klar übertrieben.

Sacha Baron Cohen traut sich etwas. Er traut sich die ganze Welt zu verarschen. Ob die Taliban, den Präsidentenanwärter, die schwarze Bevölkerung, die Homosexuellen, die Armee und die Heterosexuellen. Er zeigt, wie schwer es einem schwulen fällt "nicht schwul zu sein". Immerhin ist die Homosexualität angeboren und keine "Phase".

In dem Film steckt viel. In der kurzen Zeit sogar zu viel. Die ganzen Andeutungen und Verurteilungen seinerseits bzw. der anderen Leute.

Er will doch einfach nur berühmt sein und ein schönes Leben leben, mit seinem Sohn und viel Spaß. Dabei kommt Brüno oft ziemlich dumm rüber. Er tätigt Aussagen, die die Menschen in seiner Umgebung regelrecht auf die Palme bringen.

Allerdings stellt er auch Hollywood auf Kopf, in dem er zeigt, wie skrupellos Eltern sind, die wollen, dass ihre Babies/Kinder erfolgreich und berühmt werden. Da bleibt einem doch wirklich das Popkorn im Halse stecken...

Mein Fazit:
Wenn Sacha Baron Cohen mehr Zeit und Mühe in diesen Film gesteckt hätte, wäre Brüno ein Meisterwerk geworden. Denn irgendetwas dumm-charmantes hat er einfach.

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9
9/10

Der mit Abstand lustigste Film den ich das Jahr im Kino gesehen habe....hab mich teilweise garnicht mehr eingekriegt vor lachen.

Ich wil meeehr Brüno^^

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5
5/10

Eine handvoll witzige Szenen machen noch lange keinen guten Film. Ansonsten eher belanglos und sinnfrei.

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8
8/10

die extras auf der dvd sind evtl sogar besser als der spielfilm ...jedenfalls sehr lustig!

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2
2/10

Leider, anders als Borat, kaum witzig...

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