Egal wie oft man sich diesen auf höchstem Grad unterhaltsamen Kultfilm vom amerikanischen Komödienfachmann John Landis noch anschaut - es werden immer 106 Meilen nach Chicago sein, sie werden genug Benzin im Tank und ein halbes Päckchen Zigaretten haben, es wird dunkel sein und sie werden Sonnenbrillen tragen. Die Rede ist natürlich von den beiden inzwischen legendär gewordenen Blues-Brüdern Jake und Elwood, die in diesem Film den Begriff "Coolness" neu definiert haben. Ihre Markenzeichen sind schwarze Hüte, schwarze Anzüge und die stylishen Sonnenbrillen, die selbstverständlich auch bei Nacht getragen werden.
Seinen Ursprung hatte dieses Duo Infernale in dem beliebten US-Comedy-Format "Saturday Night Live". Anfänglich nur als kleiner Gag der musikbegeisterten SNL-Stars John Belushi und Dan Aykroyd ins Leben gerufen, fingen die Blues Brothers erst als Publikumsanheizer an, bis sie schließlich auch in der Hauptshow auftreten durften. Nachdem sie im Tour-Vorprogramm von Steve Martin spielten und dort große Begeisterungsstürme entfachten, veröffentlichten sie das bei diesem Auftritt aufgenommene Album "A Briefcase Full Of Blues", welches sich prächtig verkaufte und ihnen sogar eine Platinauszeichnung und drei Grammy-Nominierungen einbrachte. Danach war es nur eine Frage der Zeit, bis sich Dan Aykroyd mit Regisseur John Landis zusammensetzte, um ein Drehbuch für einen Film über dieses ungewöhnliche Paar zu schreiben - einen Film, der seine Faszination weniger aus der zugegeben recht simpel gestrickten Geschichte, als vielmehr aus deren außergewöhnlicher Umsetzung bezieht.
Frisch aus dem Gefängnis entlassen, wird Jake Blues von seinem Bruder Elwood mit einem ausrangierten Polizeiauto - ihrem neuen "Bluesmobil" - abgeholt und in das Waisenhaus gekarrt, in dem die Beiden aufgewachsen sind. Dort erfahren sie, dass diese katholische Institution ihre Steuern nicht bezahlen kann und deshalb kurz davor steht abgerissen zu werden. Natürlich will man der Ordensschwester, die sie liebevoll "Pinguin" nennen, und dem Waisenhaus helfen, aber wie soll man in kurzer Zeit und dazu noch auf legale Weise 5000 Dollar herbeischaffen? Auf einer pompösen Baptistenmesse kommt Jake die Erleuchtung: Sie müssen ihre alte Band wieder zusammenbringen! Die Einnahmen eines großen Konzerts wären mehr als genug, um das Waisenhaus zu retten. Fortan sind die beiden Chaoten also im, wie sie selbst behaupten, Auftrag des Herrn unterwegs, obwohl sie eher den Eindruck erwecken, dass sie in der Kirche das Weihwasser saufen, die Kerzen ausblasen und am Ende noch die Bibel klauen würden.
Ihre Mission erweist sich trotz göttlichem Beistand als ein schwieriges Unterfangen. Sind die ehemaligen Bandkollegen erst einmal aufgefunden und zu einer Mitarbeit überzeugt worden, müssen sich die Blues Brothers nun im Laufe des Films mit einer Gruppe Neo-Nazis, einer wütenden Country & Western-Band sowie der gesamten Polizei des Staates Illinois herumschlagen. Zu allem Übel ist auch noch Jakes bis an die Zähne bewaffnete Fast-Ehefrau ("Prinzessin Leia" Carrie Fisher in einer namenlose Gastrolle) hinter ihnen her.
Dies führt zu einer Reihe rasanter Actionszenen, bei denen der Regisseur und seine Protagonisten ihrer Zerstörungswut ein ums andere Mal auf humorvolle Art und Weise freien Lauf lassen. Die Highlights sind hierbei ganz klar die spektakulären Verfolgungsjagden, die für viele Jahre sogar den Rekord für die meisten zerschrotteten Autos aufstellten. Dazwischen gibt es zahlreiche mitreißende Musikeinlagen, ist "Blues Brothers" doch vor allem eine ehrvolle Hommage an die Glanzzeiten der Black Music, als R&B noch für Rhythm & Blues stand und nicht wie heutzutage für Rap und Bitches. Ein Tribut an all die großen Legenden des Soul, Blues und Rock & Roll, von denen viele sogar einen mehr oder weniger großen Part im Film übernehmen. Als da wären der "Godfather of Soul" James Brown als Prediger, Aretha Franklin in der Rolle einer Restaurantbesitzerin sowie Cab Calloway, Ray Charles, Matt "Guitar" Murphy und viele Andere. In vielen anderen Filmen führt die erhöhte Ballung von Musiknummern zu Eintönigkeit und bremst das Erzähltempo aus. Bei "Blues Brothers" sind sie integraler Bestandteil des Gesamtkonzepts, und allein für sich genommen ein Höhepunkt der Filmgeschichte: Selten war ein Soundtrack so aufregend und mitreißend wie hier, kulminierend in einer legendären, außer Rand und Band geratenden Performance von "Everbody needs somebody to love".
Angesichts der SNL-Vergangenheit seiner Macher ist es nicht verwunderlich, dass der Humor in "Blues Brothers" sehr vielseitig ist. Mal anarchisch, mal vulgär, mal ironisch, mal ein wenig platt, dann wiederum parodistisch angelegt, bearbeitet er auch den allerletzten Lachmuskel. Brüllend komische Slapstick-Einlagen wechseln sich ab mit schwarzhumorigen Dialogen, die meist von dem glänzend aufgelegten John Belushi (der hier in seiner letzten großen Rolle vor seinem Drogentod agierte) getragen werden. Aber auch wenn Ray Charles auf einen Dieb schießt oder John Candy nach Orange Whips verlangt, gibt es einiges zum Schmunzeln. Nicht zu vergessen die Performances der Blues Brothers, die mit ihrem eigenwilligen Tanzstil für viele Lacher sorgen.
Eine Vielzahl an Cameos wie zum Beispiel von dem 60er Super-Model Twiggy, Frank Oz oder Steven Spielberg runden schließlich das eindrucksvolle Gesamtbild von "Blues Brothers" ab. Wer sich bislang immer gefragt hat, was die amerikanischen Kollegen meinen, wenn sie einen Film mit einem "rollercoaster ride" gleichsetzen, sollte sich diesen hochklassigen Genrebastard anschauen und er wird sofort Bescheid wissen.
Ein Film, der durchgängig spannend, witzig und actionreich ist und völlig zurecht als zeitloser Klassiker bezeichnet werden kann. Wenn man "Blues Brothers" einmal gesehen hat, fällt es einem wahrlich nicht schwer nachzuvollziehen, warum er einen derartigen Kultstatus genießt. Als wilde und höchst abwechslungsreiche Mischung aus Actionkomödie, Musical, Road Movie und Buddy Movie besticht er vor allem durch seine Originalität und Einzigartigkeit. Deshalb, sowie aufgrund seines enormen Ideenreichtums, ist und bleibt "Blues Brothers" auch 25 Jahre nach seiner Veröffentlichung ein Meilenstein, wenn nicht sogar der definitive Inbegriff des Kultfilms. Denn abgesehen von dem verzichtbaren Sequel aus dem Jahre 1998 gibt es bis heute keine anderen Filme, die sich mit "Blues Brothers" auch nur annähernd messen könnten.
Wo andere Regisseure daran scheitern, die unterschiedlichsten Dinge in einem Film unterzubringen, ist es John Landis hervorragend gelungen, eine Unmenge an Elementen in "Blues Brothers" einzubauen: Massenkarambolagen, Gottesdienste, Kneipenschlägereien, Verfolgungsjagden, Bier und Zigaretten, James Brown, Nazis, Raketenwerfer, eine göttliche Mission, atemberaubende Stunts, Gesang, Tanz und ein zerstörtes Einkaufszentrum. Es ist für wirklich Jeden etwas dabei. Und trotz des ganzen Durcheinanders behält man als Zuschauer immer den Überblick über das Geschehen und kann sich entspannt zurücklehnen und den Streifen genießen.
Ein durch und durch großartiger Film. Aber nicht großartig, weil er eine tiefgründige Geschichte und überragende Schauspieler zu bieten hat oder künstlerisch besonders wertvoll ist, sondern weil er mit seiner Einmaligkeit einen besonderen Platz im Pantheon der Filme einnimmt, den ihm niemand streitig machen kann.
Filme wie dieser sind es, die den Zuschauer mitreißen können in ihr ganz eigenes Universum, die einen das Leben um sich herum vergessen lassen. Filme, an die man sich immer wieder mit einem Lächeln auf dem Gesicht zurückerinnert. Filme, an denen man sich einfach nicht satt sehen kann. Das ist die Magie des Kinos.
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