Der Medizinstudent Marc (August Diehl) will sein praktisches Jahr in Kolumbien verbringen. In der kleinen Stadt Cali angekommen, sieht er sich mit der Korruption und Straßenkriminalität des Landes konfrontiert und kann damit sichtlich schlecht umgehen. Obwohl ihn seine kolumbianische Bekanntschaft Wanda (Marleyda Soto) und auch sein Vorgesetzter Dr. Mendez (Hernan Mendez) eindringlich davor warnen, steckt Marc seine Nase immer tiefer in die Konflikte der rivalisierenden Straßenbanden. Doch das kommt ihm schon sehr bald ziemlich teuer zu stehen.
Ein deutscher Film, der ausschließlich auf Spanisch gedreht worden ist und nur mit einem deutschen Darsteller versehen wurde, ist wahrlich eine Ausnahme. Doch alle guten und außergewöhnlichen Intentionen und Einfälle nützen nichts, wenn man ein Drehbuch voller naiver Klischees und Vorhersehbarkeiten konstruiert. Und die Liste ist lang. Es ist schon sehr gewagt uns den solide vom Blatt spielenden August Diehl als Studenten (!) zu präsentieren, was aber wesentlich schockierender ist, ist die bodenlose Naivität, mit der Marc an seinen Job in der Fremde herangeht. Er scheint sich gar nicht über die Gefahren und Schwierigkeiten in Kolumbien informiert zu haben. Wahrscheinlich erwartet er Verhältnisse wie in Deutschland. Wieso er alle ernst gemeinten Warnungen seiner Vorgesetzten ignoriert und sich trotzdem in die für Ausländer lebensgefährlichen Viertel wagt, bleibt sein Geheimnis. Aus einem für den Zuschauer unergründbaren Sinn für Gerechtigkeit, verweigert es Marc bei der Arbeit sogar, niedergeschossene Bandenmitglieder zu behandeln. Warum? Was treibt diesen Marc an? Leider bleibt seine Motivation den ganzen Verlauf des Films über im Dunkeln. Vielleicht ist er einfach nur größenwahnsinnig. Ein anderes Urteil bleibt einem angesichts des Gezeigten nicht übrig. Doch vielleicht funktioniert "Dr. Alemán", wenn man sich nicht mit Marc identifiziert, wenn man seine Figur von außen und ganz distanziert betrachtet. Dann erscheint Marcs Willen, die bestehenden Regeln und Gesetze von Kolumbiens Unterwelt zu brechen und zu hintergehen, als Abbild europäischer und westlicher Leicht- und Gutgläubigkeit. Aber auch das hilft dem Film nicht, der dieses Motiv nur allzu sporadisch anreißt und gar nicht wirklich behandeln möchte.
Die Geschichte, die "Dr. Alemán" erzählt, gab es so ähnlich schon mal zu sehen. Der Regisseur Kevin Macdonald erzählte in "Der letzte König von Schottland" die Geschichte eines jungen Arztes, der unbeschwert bei seiner Entwicklungshilfe in Uganda zum Leibarzt des Diktators Idi Amin aufsteigt und dann, geblendet vom schönen Leben der reichen Elite, die Augen vor den tatsächlichen Missständen viel zu spät öffnet. Ähnliches passiert mit Marc in "Dr. Alemán". Nur fehlt Tom Schreibers Film die alles überragende Wucht eines Forrest Whitaker, der schon "Der letzte König von Schottland" aus der Mittelmäßigkeit herauswuchtete. Am Ende bleibt über "Dr. Alemán" kaum mehr zu sagen, als dass der ehrenwerte Versuch einer sozial relevanten Geschichte an ihrer eigenen Naivität gescheitert ist.
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