"Die fetten Jahre sind vorbei" oder "Sie haben zuviel Geld!". Solche Parolen hinterlassen die "Erziehungsberechtigten" Jan und Peter bei ihren Einbrüchen in noblen Villenvierteln. In den Wohnungen richten sie dabei nur ein wenig Chaos an oder bauen lustige Möbelburgen, stehlen tun sie nichts. Es geht Ihnen nur um die Verunsicherung der Bonzen, ohne dass sie allzu große Hoffnung haben, diese mit ihren Aktionen tatsächlich zum Nachdenken bringen zu können. Die Freundschaft der zwei Unzertrennlichen wird jedoch bald auf eine harte Probe gestellt, als sich Jan in Peters Freundin Jule verliebt. Bei einer gemeinsamen nächtlichen Aktionstour gerät die Situation dann schnell außer Kontrolle. Der Hausbesitzer Hardenberg kommt unerwartet nach Hause und überrascht die Einbrecher. Da er Jule sogar erkennt, wird der Feind kurzerhand entführt und mit auf eine abgelegene Berghütte in den österreichischen Alpen genommen. Hinter dieser, auf den ersten Blick gar nicht so aufregend klingenden, Prämisse verbirgt sich weit mehr als eines der altbekannten Teenagerdramen. Nach der unterhaltsamen ersten halben Stunde entwickeln sich die "Fetten Jahre" tatsächlich zu einem hochinteressanten Diskurs über den Zustand unserer Gesellschaft und darüber, warum jeder so ist wie er eben ist. Es steht für die jungen Rebellen nie ernsthaft zur Debatte, ihre Geisel wirklich umzubringen, auch wenn Sie ihn, im Gedenken an die Schleyer-Entführung der RAF, im "Volksgefängnis" willkommen heißen. Langsam reift in ihnen auch die Erkenntnis, dass sie diese ganze Aktion gar nicht aus politischen Motiven heraus rechtfertigen können, sondern eigentlich nur irgendwie ihren Arsch retten wollen. Dass "Die fetten Jahre sind vorbei" daher in diesem Jahr der erste deutsche Wettbewerbsbeitrag zum Filmfestival in Cannes seit vielen Jahren war, ist daher auch nur zu begrüßen - auch wenn ihm eine offizielle Auszeichnung dort leider verwehrt blieb. Ein intelligenter und bis zum Ende seiner mehr als zweistündigen Laufzeit stets spannender Film, in dem auch die drei Jungschauspieler durchweg sehr gute Leistungen abliefern (wobei wir gerade von Julia Jentsch demnächst als "Sophie Scholl" noch eine weitere Steigerung zu sehen bekommen werden). Unbedingt erwähnt werden muss aber noch der durchgehend trockene Humor des Films, der seine Thematik nie zu bierernst nimmt, um nicht auch noch immer wieder einen gelungenen Gag vom Stapel zu lassen, wenn z.B. Hardenberg und seinem Entführer Jan die Absurdität ihres plötzlichen "Vater-Sohn-Verhältnisses" bewusst wird. Dazu dann noch eine Prise sehr feiner, mit bedacht ausgewählter Musik (u.a. von Jeff Buckley) und die finale Erkenntnis lautet: Die fetten Jahre mögen zwar in mancher Hinsicht vorbei sein, dieser Film bildet aber ein sehr erfreuliches Dessert. |
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