House of Flying Daggers

Originaltitel
Shi Mian Mai fau
Land
Jahr
2004
Laufzeit
120 min
Regie
Release Date
Bewertung
10
10/10
von Simon Staake / 1. Juni 2010

China im Jahr 859: Der Verfall der Tang-Dynastie ist nicht mehr aufzuhalten. Das "House of Flying Daggers", eine mächtige Rebellenallianz, attackiert regelmäßig den unfähigen Kaiser und seine korrupte Regierung und gewinnt auch immer mehr Unterstützung beim Volk. Selbst als die Regierung ihren Anführer ermordet, bleiben die "fliegenden Messer" gefährlich. Daher erhalten die beiden Polizisten Leo (Andy Lau) und Jin (Takeshi Kaneshiro) den Auftrag, innerhalb von nur zehn Tagen den neuen Anführer der Rebellen zu finden und festzunehmen. Gerüchten nach soll Mei (Zhang Ziyi), die neue blinde Tänzerin im Edelbordell Peony Pavillon, ein Mitglied der Rebellen, vielleicht sogar deren Anführerin sein. Nach ihrer Festnahme und einer fingierten Verhaftung Jins soll dieser Mei als vermeintlicher Gesetzesbrecher befreien und ihr Vertrauen gewinnen. Leo und Regierungstruppen wollen dann dem fliehenden Paar folgen und hoffen, dass Mei sie zu den "fliegenden Messern" führt. Jedoch wird das Spiel, das Jin Mei vorgaukelt, zum dramatischen Ernst, als er sich in sie verliebt. Bald werden Loyalitäten auf harte Proben gestellt...

...und mehr darf man dann auch schon nicht mehr verraten, ohne zuviel zu erwähnen. Aufgrund eines schwerwiegenden Detailfehlers wird allerdings, zumindest in der der Presse vorab gezeigten Fassung, viel zu wenig erwähnt. Aus ungeklärten Gründen wurde die Schrifttafel am Anfang des Films, die kurz die Ausgangsgeschichte umreißt, nicht übersetzt. Und so wird man ohne Vorwissen in die Geschichte geworfen, und man weiß bis kurz vor dem Ende nicht so recht, wer oder was die "fliegenden Messer" eigentlich sein sollen. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Fehler in der endgültigen Kinofassung korrigiert wurde. Filmszene-Leser wissen, siehe die ersten drei Zeilen der Inhaltsangabe, in jedem Fall Bescheid.

Das erste, was das geneigte Publikum auf jeden Fall noch wissen sollte, ist: Dieser Film ist großartig, ganz und gar großartig. Ach was soll's, sind wir doch gleich mal ganz mutig und hauen die richtigen Schwergewichte als Referenz raus: "House of Flying Daggers" vereint die visuelle Kraft eines Kurosawa mit dem Plot und ultimativ der Tragik eines Shakespeare-Stückes. So, jetzt haben wir's gesagt. Liegt ja auch nicht ganz fern: Kurosawa adaptierte Shakespeares "Macbeth" für "Kumonoso Ju" ("Das Schloss im Spinnwebwald") und "King Lear" für "Ran", Zhang Yimou erwies Kurosawas "Rashomon" und dessen vertrackter Erzählstruktur Referenz in seinem letzten Wunxia-Bilderbogen "Hero". Kreislauf der Referenzen, hier kommt er zur vollen Blüte.
"Hero" war durch seine stringenten Farbkodierungen schon visuell beeindruckend, aber dramaturgisch zumindest zwiespältig: Die elliptische Erzählstruktur und die zugunsten der beeindruckenden Schwertkämpfe zurückgedrängten Dialoge und Hintergrundinformationen verhinderten (zumindest in den Augen des Rezensenten) einen richtigen emotionalen Zugang zu den Figuren und damit auch ihrem Schicksal. Dieses Problem gibt es hier nicht mehr: Klassische, einfache Plotstrukturen um Liebe und Eifersucht, Loyalität und Pflichterfüllung, Verrat und Versöhnung - die großen Themen also - reichen aus, um den Zuschauern auch ohne ausladende Charakterisierung die drei Hauptfiguren nahe zu bringen. Diese werden von dem Hauptdarstellertrio auch überzeugend dargestellt: Zhang Ziyi (nach "Tiger & Dragon" und "Hero" anscheinend unersetzbar für die neue Martial Arts-Kinokunst) ist nicht nur wieder mal wunderhübsch, sondern wird auch von Film zu Film sicherer, Takeshi Kaneshiro darf hierzulande noch als frisches, sympathisches Gesicht entdeckt werden und die immer etwas glatte, maskenhafte Mimik von Veteran Andy Lau ("Infernal Affairs", "The Adventurers) passt perfekt zur Rolle des Leo.

Und dazu natürlich das wohl Hauptargument: die einzigartige visuelle Umsetzung. Wer weiß, das mag ja in Asien schon Heimatfilm-Kitsch sein, hier ist es einfach nur eins: wunder-, wunder-, wunderschön. Schon nach zehn Minuten darf die ausgebildete Tänzerin Zhang Ziyi zeigen, was sie kann, und danach steigert sich der Film in einen Bilderrausch, bei dem jedes set piece noch eine Schippe drauflegt. Wenn schon klotzen statt kleckern, dann so: nicht aufschneiderisch, sondern wie ein wirkliches Kunstwerk. Was hier mit Farben und Formen, Bewegung und Musik vollführt wird, ist fantastisch. Hier gehen einem wirklich die Augen über.
"House of Flying Daggers" ist ein Gemälde, das Schwertkampf kann; ein Ballett, das Bogenschießen beherrscht; ein Gedicht in Bild und Ton, das Dolche wirft. Für einen visuell schöneren Film muss man sehr lange suchen, für einen auch als Gesamtwerk beeindruckenderen ebenfalls. Denn auch wenn die Story und ihre Charaktere zugegebenermaßen der visuellen Umsetzung etwas hinterherhinken, sie sind immer noch stark genug, um den Film nicht in die gerade bei Asien-Importen doch immer mal wieder auftauchende "Stil statt Substanz"-Falle stürzen zu lassen. Nach der knappen Einleitung und der oft noch burlesken, leichtfüßigen ersten Dreiviertelstunde wandelt sich "House of Flying Daggers" dank mehrerer Plotwendungen (zumindest eine größere ist nicht ganz unerwartet) mehr und mehr zum Drama der Gewissenszwiespälte und großen Gefühle. Allerdings schlägt die Story derartige Haken, dass sich mancher vielleicht fragt, ob das alles überhaupt noch Sinn macht. Ja, tut es. Dies ist eine einfache Geschichte, kompliziert erzählt. Aber richtig aufgereiht hat das schon alles seine Richtigkeit. Man denke da zum Beispiel an Jins Frage, warum Leo ihm nicht die Soldaten vom Leib halte, die er und Mei dann notgedrungen töten müssten.

Eine gewollte Plotauslassung wird allerdings eventuell auf Unverständnis stoßen und soll daher kurz erwähnt werden: Nachdem am Ende alles auf eine große Schlacht zwischen Regierungstruppen und den Mitgliedern der "Fliegenden Messer" hinausläuft - wird diese nicht gezeigt. Aber auch das macht im Rahmen der erzählten Geschichte Sinn. Denn während es in "Hero" darum ging, wie das Einzelschicksal hinter der großen Sache zurücktreten muss, tritt hier die große Sache hinter dem Einzelschicksal zurück. Und konsequent zeigt Chinas Meisterregisseur Zhang Yimou nur das Schicksal seiner drei Hauptpersonen. Und das wiederum in wahrlich atemberaubenden Bildern.
Für dieses Finale mit der visuell aufregendsten Einzelszene war angeblich der zu früh einfallende Schnee in der Ukraine verantwortlich. Ukraine? Richtig, um den passenden Märchenwald für das Finale Grande zu finden, ging Yimou bis an die Europagrenze Asiens. Und wie sich dort ein noch blühendes Herbstfeld in Sekunden in eine atemberaubende Schneelandschaft verwandelt, das ist schon unglaublich. Digital nachgeholfen oder ein ukrainischer Wink des Himmels? Völlig egal. Wie hieß es doch in "Der Mann, der Liberty Valance erschoss"? "Wenn ihr die Wahl zwischen der Wahrheit und der Legende habt, druckt die Legende". Machen wir. Brillant ist es sowieso, denn wie auch Quentin Tarantino in "Kill Bill, Vol. 1" weiß Yimou, dass rotes Blut auf weißem Schnee am Besten zur Geltung kommt.

Die Kampfszenen selbst sind natürlich allesamt exzellent, haben eine fast Zen-artige Qualität. Man denke zum Beispiel an die umherfliegenden Dolche. Diese scheinen fast ein Eigenleben zu haben, einen eigenen Charakter. Es geht für sie nicht darum, linear von Punkt A zu Punkt B zu kommen, um jemanden zu töten, sondern wie der Dolch zu seinem Ziel kommt und wie er jemanden tötet. Ähnliches gilt für die Schwertkampfszenen, die wie in einem Musical perfekt choreographiert sind. Wem allerdings sogenannte "Baumflieger" schon immer suspekt waren, der wird hiermit nicht glücklich werden, denn wie schon in "Tiger & Dragon" und "Hero" werden hier die banalen Gesetze der Schwerkraft außer Kraft gesetzt. Erdanziehung ist nur was für gewöhnliche Actionfilme, hier schwebt alles. Und so packt "House of Flying Daggers" auch alles: die Sinnesorgane, das Herz, das Hirn.
Und weil es ja doch immer schwieriger wird, langjährige Filmliebhaber komplett aus dem Sitz zu hauen, wirft der Rezensent die Vorsicht aus dem Fenster und sich, statt sich mit seinen Aussagen nur herauszulehnen, gleich hinterher, indem er deklariert: Liebende, Unsternbedroht, im Dolchhagel? Unbedingt. Essentiell. Meisterwerk. Genug gesagt. Lasst die Dolche und Gefühle fliegen, Baby.


1
1/10

Der Film hat nichts besonderes, nur ein weiterer Goldesel für die Filmindustrie, ein Film der Klischees, Stereotypen und Gewaltverherrlichung.

Filme, wie House of the Flying Daggers sind so ausgelegt, dass Sie im Kino als pure, für das Massenpublikum einfach verständliche Dienstleistung „verkauft“ werden, wobei ein Unterschied zwischen Dienstleistung und Kunst besteht: Wahre Kunst ist keine Ware!
Der Großteil des Films spielt auf der Grundlage von geistig oberflächlichen physischen Gewaltanwendungen, von geistiger Tiefe lässt sich da kaum etwas feststellen.

Des weiteren lassen sich Urteile wie "großartig, ganz und gar großartig" wohl nur dadurch erklären, dass der Verfasser kaum Vergleiche von Filmen hat, die einen höheren Anspruch stellen, als das was hierzulande in den Kinos läuft. Beispiele wären Filme von Tarkovskij, Bergman oder Fellini.

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1
1/10

10 von 10??????????????

Sag mal habt ihr sie noch alle.

Das ist einer der schlechtesten Filme die ich je gesehen habe!!

Also manchmal verstehe ich die Kritiker nicht. Wärend manch ein Epos grad mal 6 oder 7 bekommt (manche nur 4), bekommt so ein absoluter Mistfilm 10 Sterne! WARUM?

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